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"Ein Garten muss sein..."

Die ersten Sonnenstrahlen fallen in das kleine Tal zu Füßen des Schwarzwaldes. Auf die Spitzen der Stockrosen, dann aufs Gewächshaus. Sie haben noch nicht die Buchsbaumhecke erreicht, da öffnet sich schon die Tür des alten Bauernhofes. Agnes Sester erscheint, in blauer Kittelschürze. Morgens muss als Erstes der Garten inspiziert werden. Was ist zu tun? Stockrosen hochbinden! Was ist reif? Johannisbeeren? Erbsen? Hinter dem Klatschmohn versteckt sich eine viel zu dicke Zucchini. "Die muss weg!", ruft die Gärtnerin. So laut, dass die Gänse jenseits des Zaunes anfangen zu spektakeln. "Alt isch mer, wenn man nimmi schaffe konn!", der Lieblingssatz der Sesterhof-Bäuerin. In diesem Sommer wird sie mir viel erzählen – vom Leben und vom Gärtnern, eins verwoben mit dem anderen. Von Kindheit an war das so ... bis heute.

 

Der Garten meines Lebens 

Autor: Ulla Lachauer
Verlag: Ulmer Verlag
Erschienen: 11. September 2014
ISBN:
978-3800182596
Seitenzahl: 158 Seiten

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Inhalt, Stil und Sprache
Die Jounalistin Ulla Lachauer porträtiert in diesem Buch Frau Agnes Sester, Bäuerin auf dem Sester-Hof. Googelt man den Namen, dann entdeckt man, dass die nunmehr 88-Jährige dort keine Unbekannte ist. Bereits in Ulrike Siegels Buch "Wolltest du Bäuerin werden?" findet sie (gemeinsam mit anderen Bäuerinnen) Erwähnung. Nun also das Porträt von Ulla Lachauer. Und damit die Biographie vielleicht ein größeres Publikum finden kann, kam man auf die Idee, die Verbundenheit der Agnes Sester mit ihrem Garten durch eine Beschreibung desselben über all die zurückliegenden Jahre zum Ausdruck zu bringen. Ergänzt wird das Projekt durch einige Rezepte aus der Sesterschen Küche.

Aufgrund des Titels war ich davon ausgegangen, dass der Garten den größten Raum in diesem Buch einnehmen wird. Aber weit gefehlt, er ist eigentlich nur Beiwerk, und das trotz der vielen Fotos, die den Garten oder Frau Sester darin zeigen. Die Biographie liest sich flott weg und das Hauptaugenmerk liegt auf den Jahren ihrer Selbstständigkeit als Bäuerin. Kindheit und Jugend werden rasch abgehandelt, der frühe Tod ihres Mannes thematisiert und dann kurz die schweren Jahre als Witwe mit kleinen Kindern eindringlich geschildert. Dies ist der persönlichste Teil, hier nimmt man Anteil an ihrem Schicksal, nur um gleich danach wieder auf die distanzierte Ebene zurück geführt zu werden, die die Autorin bis hierher eingenommen hat. Nebenbei wird man über den Wandel in der Landwirtschaft seit der Ausrufung der "grünen Revolution" informiert. Einen Wandel, den Frau Sester begrüßt und immer aktiv mitgetragen hat und erst jetzt in hohem Alter anfängt, zaghaft in Frage zu stellen. Man lernt eine hochintelligente und vitale Frau etwas näher kennen, die aber sicherlich nicht als "typische" Bäuerin angesehen werden kann. Unter anderen Umstände hätte sie vielleicht eine akademische Laufbahn eingeschlagen wie zwei ihrer Töchter.

Alles in allem bleibt Lachauer ziemlich an der Oberfläche, hinterfragt so gut wie nichts und schont damit die Porträtierte. Das ist an sich lobenswert, aber ein guter Biograph kann respektvoll Kritik üben und dem Menschen, der sich ihm anvertraut hat, seine Würde lassen. So wurde aus dieser Lebensgeschichte ein zwar schönes Buch, das sich angenehm lesen lässt, aber keines, das dauerhaft in Erinnerung bleiben wird.


Aufmachung des Buches
Der Schutzumschlag des gebundenen Buches zeigt Frau Sester in ihrem sommerlichen Garten. Die Porträtierte wirkt darauf sehr sympathisch. Der Einband ist in Türkis gehalten und mit einem "graphischen" Blumenmuster versehen; Farbe und Muster schmücken auch die Vorsatzseiten. Die fadengefteten Seiten sind nicht Hochglanz, sondern eher rau und griffig. Leider riecht das Buch unangenehm "chemisch" - ein Geruch, der sich auch durch Lüften nicht verringert, und ein paar Druckfehler haben sich auch eingeschlichen. Beim Layout hat man sich viel Mühe gegeben, es ist abwechslungsreich gestaltet und wirkt ländlich modern. Die den Text begleitenden Fotos zeigen überwiegend Alltagsszenen, aber auch Stimmungsvolles aus Garten und umgebender Natur. Einige private Fotos von „früher“ sind passend im Buch verteilt.


Fazit
Das Buch war ein Experiment, das nicht hundertprozentig gelungen ist, aber auch nicht völlig daneben ging; eines, das zum Blättern und zum unterhaltsamen Schmökern einlädt. Ich vergebe 4 Sterne für den Mut, neue Wege zu gehen. Und dafür, dass man trotz meiner Kritik das Buch zufrieden aus der Hand legt.


4 Sterne


Hinweise
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