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"Lass die Augen zu. Lass sie für immer zu, dann wirst du ihn nicht sehen.
Ich hatte sie nur kurz geöffnet, einen winzigen Spalt breit, und gesehen, dass er dort sitzt. Dort auf der Bettkante, in einem Zimmer, das ich nicht kenne. Angst fühlt sich also so an. Angst erfasst dich und du wirst zu Stein. Reglos liegst du, die Arme über dem Kopf gefesselt. Bloß das Herz mag noch schlagen, mag rasend gegen den Brustkorb hämmern."

Anna kann es nicht glauben, warum nur ist sie so arglos in Natans Auto eingestiegen? Eine kurze Beziehung hat sie einmal mit ihm verbunden, doch welche Geheimnisse der zurückhaltende Einzelgänger verbirgt, hat sie damals nicht ahnen können ...

Ein intensiver, beklemmender Psychothriller und ein meisterhafter Debütroman.

 

Stumme Angst 

Autorin: Christina Stein
Verlag: cbt
Erschienen: 23.09.2013
ISBN: 978-3-570-16265-1
Seitenzahl: 254 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Liam ist mit seiner Freundin Anna zum Abendessen verabredet. Doch Anna taucht einfach nicht auf, geht auch nicht an ihr Handy. Zunächst ist Liam enttäuscht und wütend, doch als er auch am nächsten Tag von Anna nichts hört, verdrängt Sorge diese Gefühle. Ist Anna etwas passiert? Liam setzt alles daran, seine Freundin zu finden und begibt sich damit selbst in große Gefahr ...

"Stumme Angst" ist der Debütroman der Autorin Christina Stein und richtet sich in erster Linie an Jugendliche ab 14 Jahren. Die Grundidee ist spannend und bietet viel Potential, leider hakt es jedoch bei der Umsetzung, um eben dieses voll auszuschöpfen.


Stil und Sprache
Der Einstieg ist vielversprechend und lässt auf einen spannenden Thriller hoffen. Erzählt wird dieser im Präsens zunächst aus Annas Sicht in erster Person und von ihrem Freund Liam in der dritten Person, bevor später noch ein weiterer Erzählstrang hinzukommt. Die beiden Hauptfiguren haben dabei eine sehr ähnliche Stimme, der Stil wirkt distanziert, fast schon wie ein außenstehender Beobachter, der schildert, was er sieht und den einen oder anderen Gedanken der im Mittelpunkt stehenden Figur aufgreift. Die meist kurzen Sätze haben etwas Abgehacktes und enthalten zunächst vor allem Fakten und weniger Emotionen, wodurch es schwer fällt, die Distanz zu Anna und Liam zu überwinden. Es gibt aber auch sehr schöne und starke Bilder, wie zum Beispiel auf Seite 32: "Er starrt auf den Fluss. Immerhin etwas, das sich bewegt. Das fließt, das Bestand hat. Das im seltsamen Widerspruch steht zu dem Gefühl des Stillstandes."
Mit der Zeit gewöhnt man sich immer mehr an den eigenwilligen Schreibstil und zumindest zu Anna passt er auch ein Stück weit, da sie versucht, sich von all den schrecklichen Ereignissen zu distanzieren. Die Übergriffe auf Anna werden dabei nicht detailliert geschildert, sondern nur dezent angedeutet, der Rest ist der Fantasie des Lesers überlassen.

Anna und Liam verlieren sich immer wieder in der Vergangenheit, wodurch einerseits vieles greifbarer, andererseits aber auch der Spannungsaufbau ausgebremst wird. Hinzu kommt ein weiterer Erzählstrang, der einige Jahrzehnte in der Vergangenheit liegt und sich fast schon spannender liest, als das gegenwärtige Geschehen. Verwirrend ist, dass die aktuelle Handlung nicht chronologisch erzählt wird und so eine Figur in einem Kapitel schon etwas tut, zu dem sie sich erst in einem späteren Kapitel überhaupt entscheidet.
Der Höhepunkt ist schließlich verdammt spannend und temporeich, das emotionale Ende liegt schwer im Magen. Hätte Frau Stein das gesamte Buch über diesen Nervenkitzel aufrecht erhalten können, wäre es ein hervorragender Thriller geworden.


Figuren
Es gibt nicht allzu viele Figuren, die in diesem Buch eine Rolle spielen. Im Mittelpunkt stehen Anna und Liam, wobei es schwer fällt, für diese ein Gefühl zu entwickeln und mit ihnen mit zu fiebern, zu hoffen und zu bangen. Der distanzierte Schreibstil hemmt die emotionale Einbeziehung des Lesers. Schade! Auch wenn sie erst im letzten Drittel richtig zu Wort kommt, ist es vor allem Marie, Annas Freundin, die mit Ecken und Kanten gezeichnet ist. Sie ist ein seltsamer Mensch, auch nicht unbedingt sympathisch, erregt stellenweise aber auch Mitleid: "Sie wünschte, sie würde sich nicht immer an alle Details erinnern. Nicht immer alles aufheben: Jede Mail, jede Telefonnummer, jede Adresse. Doch wenn man nicht viel zum Festhalten hat, behält man diese Dinge eben bei sich." (Seite 173). Am schnellsten schließt man Liams Hund, Kapitän, ins Herz. Dieser ist überaus liebenswürdig gezeichnet.


Aufmachung des Buches
Das Paperback mit Klappenbroschur hat laut Verlag 288 Seiten, allerdings nimmt der Thriller lediglich 254 davon ein, die restlichen Seiten sind einer umfangreichen Leseprobe eines anderen Thrillers vorbehalten. Die Covergestaltung ist dezent, weckt aber Neugier. Die Papierqualität ist sehr gut, der Buchrücken biegt sich beim Lesen leider durch und weist anschließend Knicke auf.


Fazit
Ein solider Debütroman, der jedoch über den Durchschnitt nicht hinauskommt. Es fehlt an der Nähe zu den Figuren und an Spannung, die für einen packenden Thriller unerlässlich ist.


3 Sterne


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