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Japan zu Beginn des 19. Jahrhunderts …

Neugier, Wissensdrang, und ein hohes Maß an Achtsamkeit bestimmen die Schritte des Mannes, dessen Messungen, Notizen und Zeichnungen sich zur ersten Landkarte Japans zusammenfügen. Jiro Taniguchi nimmt Leben und Wirken des Kartographen Ino Tadataka zum Anlass, die Edo-Periode zu porträtieren. Neben berühmten Malern und Holzschnitzern wie Hokusai oder Hiroshige prägten Haiku-Dichter wie Basho und moderne Spielarten des Theaters wie das Joruri diese Zeit des Aufbruchs. Mit konzentriertem Blick lenkt Jiro Taniguchi die Aufmerksamkeit auf das Gesellschaftsleben im historischen Edo, dem heutigen Tokyo.

DER KARTOGRAPH überrascht mit neuen Perspektiven: zu Lande, zu Wasser und in der Luft – jedes Element erweckt die Leidenschaft des Wissenschaftlers; und Jiro Taniguchi versteht es wie kein anderer, diese Entdeckungen zu Erfahrungen des Betrachters zu machen.

 

Der Kartograph 

Originaltitel: Furari
Autor: Jiro Taniguchi
Übersetzer: John Schmitt-Weigand
Illustration: Jiro Taniguchi
Verlag: Carlsen
Erschienen: September 2013
ISBN: 978-3-551-75102-7
Seitenzahl: 215 Seiten
Altersgruppe: ab 14 Jahren


Die Grundidee der Handlung
Nach der Inhaltsgabe des Verlags erwartete ich mehr über die eigentliche Arbeit und den persönlichen Hintergrund des bedeutendsten Kartographen Japans zu erfahren im Sinne einer Biographie, es ist jedoch das Alltags- und Gesellschaftsleben der späten Edo-Epoche um 1800, an dem uns Jiro Taniguchi durch die Augen von Ino Tadataka  teilhaben lässt.  

In seiner Art erinnert mich der Band stark an ‚Der spazierende Mann‘ (Carlsen), nur eben mit historischem Setting. Der bereits pensionierte, aber ruhelose Tadataka streift, stets mit einem Notizbuch bewaffnet, Tag für Tag die Umgebung von Edo (heutiges Tokyo) ab und bestimmt Entfernungen durch Zählen seiner Schritte. Im Bestreben, seine Schrittgenauigkeit zu perfektionieren, trifft er auf Menschen und deren Geschichten, hat ein Auge auf Landschaft und Tiere und lässt sich dabei so stark treiben oder mitreißen, bis er sich oft meilenweit von zu Hause wiederfindet. Das Buch endet, als Tadataka vom Shogunat mit der ersten großen Vermessung beauftragt wird.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Wer Jiro Taniguchis Werke kennt, weiß, dass er sich durch ein sehr klares und realitätsnahes Artwork auszeichnet. Seine feine, elegante Strichführung im Zusammenspiel mit den zart-grauen Rasterfolienunterlegungen ist Labsal fürs Auge des Betrachters. Wie nicht anders zu erwarten, hat Taniguchi die historische Ausstattung für diesen Manga wie Kleidung, Frisuren, Architektur etc. genauestens recherchiert, um sie so authentisch wie möglich wiederzugeben – nicht nur klein und unscheinbar in den Hintergründen, sondern oftmals auch Seiten ausfüllend. Auf diese Weise begleitet man den Kartographen in jedem Bild und erlebt die Zeit des Tokugawa-Shogunats hautnah mit. So lernt man die Essensgepflogenheiten kennen, dass einem das Wasser im Munde zerläuft oder erfährt von einer spezifischen asiatischen Mangelerkrankung, hervorgerufen durch einseitige Reisernährung und gewinnt dabei die verblüffende Erkenntnis, dass die Japaner schon damals Rollstühle für diese Kranken hatten.

Fast genauso gern wie Tadataka seine Schrittzahlen auf den Lippen hat, zitiert er aus Gedichten der damaligen Zeit, für den Leser leicht zu erkennen am geänderten Schriftbild. Wie auch viele andere Textstellen sind sie mit einem Stern gekennzeichnet, um auf nähere Infos im Glossar hinzuweisen. Außer den literarischen Bezügen gibt es vor allen Dingen graphische Verbeugungen vor den berühmten Holzschnittmalern  Hiroshige und Hokusai. Wer sich damit auskennt, wird im Manga zahlreiche Bildkompositionen entdecken, die sich eng an historischen Vorlagen orientieren, z.B. Landschaften aus Vogelperspektive mit einem heran fokussierten Vogel (S. 19 u.a.), Stadtansichten von einer Anhöhe aus betrachtet mit dem Fuji im Hintergrund (S. 107 u.a.) und viele Brückenbilder (S. 152 u.a.) haben eindeutig Hiroshige zum Vorbild, dagegen fühlte ich mich bei der Kirschblütenszenerie (ab S. 24) oder den Glühwürmchen im Schilf (S. 102-104) an Hokusais Kunst erinnert.

Gut gefällt mir die feine Ironie, mit der Taniguchi seinen Kartographen darstellt, beispielsweise, wenn der einen über den Durst trinkt und nicht mehr weiß, wo oben und unten ist oder sich in kindischen Tagträumereien verliert. Tadatakas wesentlich jünger wirkende, bildhübsche Frau muss da viel Nachsicht und Geduld für ihren Gatten aufbringen, was sie aber auch tut.

Jiro Taniguchis Mangas - so auch dieser - sind in westlicher Leserichtung von links nach rechts ausgelegt, damit auch ungeübte und gelegentliche Mangaleser keine Schwierigkeiten damit haben. Seinen streng linear angelegten Bildern kann man ebenso problemlos folgen.


Aufmachung des Manga
Wie alle Graphic Novels von Carlsen ist auch diese in hochwertiger Klappenbroschur verlegt. Die Buchdeckel schimmern seidenmatt, das Papier ist rohweiß und etwas rau, was für Griffigkeit beim Umblättern sorgt, außerdem wartet der Band mit 4 Farbseiten in Kapitel 1 auf. Im Anhang befindet sich ein Glossar mit umfangreichen Erläuterungen zum Bildteil.
Das Cover ziert eine sehr schöne und stimmungsvolle Ansicht, die all das zeigt und ausdrückt, was diesen Manga ausmacht.


Fazit
Ein durch und durch typischer Taniguchi, Fans können bedenkenlos zugreifen. Auf eine Biographie über Japans berühmten Landvermesser und Kartographen Ino Tadataka darf man allerdings nicht spekulieren. Taniguchi bedient sich seiner Person lediglich, um das Alltags- und Gesellschaftsleben der Edo-Zeit um 1800 zu porträtieren, was ich persönlich sehr schade finde, denn damit wird einiges an Potenzial verschenkt.


3 5 Sterne


Hinweise
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