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Kerstin Michelsen klein


Kerstin Michelsen hat bereits diverse Bücher veröffentlicht, allerdings hat sie sich dafür entschieden, diese als eBook und die gedruckte Fassung über die "CreateSpace Independent Publishing Platform" – eine Tochtergesellschaft von amazon, die nach dem "On-Demand Publishing"-Prinzip arbeitet – zu verlegen. Mit der Leser-Welt hat sie sich über diesen Veröffentlichungsweg und ihr Kinderbuch "Mia & Serafina" unterhalten.


Liebe Kerstin, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst. Eine immer wieder beliebte Frage: Wie bist du überhaupt zum Schreiben von Romanen gekommen?

Ich würde jetzt gern behaupten, dass ich schon immer geschrieben habe, aber das stimmt so nicht ganz. Als Kind war ich eine Leseratte mit reger Phantasie und habe mir oft eigene Geschichten ausgedacht. Mit diesen füllte ich Schreibheft um Schreibheft und träumte davon, einmal eine berühmte Schriftstellerin zu werden. Später habe ich beruflich einen ganz anderen Weg eingeschlagen und das Schreiben leider etwas aus den Augen verloren. Vor ungefähr zehn Jahren habe ich wieder damit angefangen. Zuerst ging es eigentlich nur darum, auf diese Weise meine persönlichen Erfahrungen mit Verlust und Trauer zu verarbeiten. Schließlich wurde daraus dann mein erstes Buch, und seitdem habe ich mit dem Schreiben nicht mehr aufgehört.


Was fasziniert dich am Schreiben?

Am schönsten ist es, wenn meine Figuren ein Eigenleben entwickeln. Dann wird der Prozess des Schreibens richtig spannend. Natürlich habe ich einen Handlungsbogen vor Augen, aber dennoch weiß ich oft selbst nicht, was im nächsten Satz passieren wird. Es geht dann wie von allein, und das zu erleben ist die reine Freude! An anderen Tagen wieder ringe ich um jeden Satz. Das kann man nicht planen und darum ist diese Arbeit so abwechslungsreich. Ich weiß nie, was der nächste Tag bringen wird an neuen Ideen, Inspirationen oder auch Zweifeln.


Im Oktober 2012 hast du deinen ersten Roman mit dem Titel "einfach so" veröffentlicht. Seither folgten bereits fünf weitere Romane. So unterschiedlich die Geschichten sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind als eBook und die gedruckten Fassungen über die "CreateSpace Independent Publishing Platform" erschienen. Warum hast du dich für diesen Veröffentlichungsweg entschieden?

Offen gestanden habe ich diesen Weg erst für mich entdeckt nachdem ich bereits versucht hatte, einen Verlag für mein erstes Buch zu finden. Irgendwann war dann auch "Hermines Tür" schon fertig und ich wusste nicht so richtig, wie es weitergehen sollte. Schließlich las ich in einem Zeitungsartikel über die Möglichkeit der verlagsunabhängigen Veröffentlichung. Es gibt inzwischen zahlreiche Plattformen im Internet mit ganz unterschiedlichen Angeboten. Ich habe mich für eine Variante entschieden, mit der ich momentan sehr gut zurechtkomme. Eine Einschränkung hat der Vertrieb über Amazon allerdings: meine Bücher sind nicht im Buchhandel, sondern nur über das Internet erhältlich.


Welche Vorteile siehst du darin, die Veröffentlichung mehr oder minder selbst in die Hand zu nehmen?

Ich kann jedes Thema, das mich bewegt, in Form und Inhalt so gestalten wie ich es will. Das gibt mir ein Gefühl von großer künstlerischer Freiheit. Anfangs dachte ich, dieser Weg zur Veröffentlichung sei nur eine Notlösung, aber heute kann ich sagen, dass ich gern und aus Überzeugung unabhängige Autorin bin. Ich bin der Auffassung, dass die Bücher unabhängiger Autoren den Buchmarkt bereichern. Verlage als gewinnorientierte Unternehmen sind naturgemäß eingeschränkt in ihren Möglichkeiten, auch Nischenthemen zu besetzen und jenseits des Mainstream zu experimentieren. Außerdem gleicht die Wahrscheinlichkeit, als unbekannter Autor bei einem Verlag angenommen zu werden, in etwa einem Hauptgewinn im Lotto.  Das bedeutet aber nicht, dass unsere Geschichten nicht auch lesenswert wären!


Und welche Schwierigkeiten sind mit diesem Veröffentlichungsweg verbunden?

Da habe ich am Anfang tatsächlich Lehrgeld gezahlt, im übertragenen wie auch im wörtlichen Sinne. Den ersten Roman hatte ich zunächst ohne eine externe Korrektur veröffentlicht. Ich dachte es wäre ausreichend, wenn ich den Text nur aufmerksam genug bearbeite. Bis ich die ersten Rückmeldungen von Lesern erhielt, die vollkommen zu Recht Fehler bemängelten. Inzwischen weiß ich, dass es ohne externe Korrektur einfach nicht geht, denn irgendwann wird man blind für den eigenen Text. Für "einfach so" habe ich das dann nachgeholt, und seither veröffentliche ich nicht mehr ohne ein abschließendes Korrektorat. Testleser sind auch ganz wichtig! Ich bin mein eigener Verlag mit allem, was dazu gehört, von der Covergestaltung bis hin zu Marketing und Werbung. Natürlich kann es dabei auch passieren, dass man Fehler macht. Ich sehe es so, dass ich mich in einem Prozess der ständigen Weiterentwicklung befinde. Mit jedem Buch lerne ich wieder etwas dazu. Eine große Schwierigkeit stellt allerdings die Sichtbarkeit dar: ich habe ein Buch veröffentlicht – und nun? Wie erfahren die Leser davon? Ohne den Werbeetat eines großen Verlages im Rücken muss ich erfinderisch sein, mich in den sozialen Netzwerken engagieren, Leserunden veranstalten und, ganz wichtig, Kontakte zu Bloggern pflegen, die meine Bücher lesen und dann hoffentlich weiterempfehlen.


Du schreibst in verschiedenen Genres. Kannst oder möchtest du dich nicht festlegen?

Nach der ernsten Thematik der beiden ersten Romane war ich richtiggehend erschöpft und ich fragte mich, ob ich nur traurige Geschichten schreiben kann. Seither habe ich mit jedem Buch etwas Neues ausprobiert: Chicklit, Kinderbuch, Krimi, Thriller. Zur Zeit arbeite ich an einem Projekt, das mich wieder in unbekannte Gefilde führt. Diese Herausforderung ist so reizvoll, dass es schade wäre, sich festzulegen.


Das Kinderbuch "Mia & Serafina" ist das erste Buch aus deiner Feder, das ich gelesen habe. Wie bist du auf die Idee zu dieser bezaubernden Geschichte gekommen?

Ich hatte bereits mehrere Entwürfe zu einem Kinderbuch verfasst, aber der Funke war noch nicht übergesprungen. Woher die Idee letztlich kam, kann ich nicht sagen, ich weiß nur noch, wo ich in jenem Moment gewesen bin, nämlich mit unserem Hund auf dem morgendlichen Waldspaziergang. Plötzlich war da dieser Satz: „Ich bin die Maus deines Lebens“. Ich sah die beiden ganz deutlich vor mir, das schüchterne Mädchen und die freche Maus. Dann ging es im Laufschritt zurück nach Hause und ich schrieb das erste Kapitel mehr oder weniger in einem Zug.


Was erwartet den Leser in diesem Buch? Was macht es so besonders?

Vordergründig ist es die lustige und spannende Geschichte eines Mädchens, das eine ganz besondere Maus findet. In Wirklichkeit steht die Maus Serafina jedoch für eine Stimme, die dir Trost und Mut zuspricht. Sie  sagt: du kannst das, sei ruhig auch mal frech, trau dich! Im besten Fall finden wir diese Stimme in uns selbst, und ein wenig von dieser Zuversicht versuche ich den jungen Lesern zu vermitteln.


Warst du selbst eher das schüchterne Mäuschen oder gehörtest du zu der coolen Clique in deiner Klasse?

Ich glaube, weder noch, ich war immer irgendwie so in der Mitte. Aber oft genug habe ich miterlebt, wie andere Kinder geärgert und ausgegrenzt wurden. Das kennt doch wohl jeder, denke ich, das war früher so, und nach allem, was ich von meinen Kindern und ihren Freunden so höre, hat sich daran nicht viel geändert.


Hast du dir selbst eine MDL (=Maus deines Lebens) gewünscht, als du Kind warst?

Wenn ich damals gewusst hätte, dass es so etwas gibt, dann ganz sicher! Ich besaß eine umfangreiche Stofftiersammlung, die waren mir viel näher und vertrauter als meine Puppen. Sie waren Tröster und Beschützer und ich habe mir oft vorgestellt, dass sie lebendig wären.


Warum ausgerechnet eine Maus?

Mäuse sind winzig und flink, zudem haben sie diese lustigen Knopfäuglein und ein weiches Fell. Sie passen in jede Tasche und können daher problemlos überall mit hingenommen werden. Außerdem zeigt diese Geschichte, dass man sehr klein und trotzdem mutig sein kann.


"Mia & Serafina" ist ein Mut-mach-Buch. Hattest du dies schon so geplant, als du mit dem Schreiben angefangen hast?

Ja, auf jeden Fall. Fast jeder Mensch macht doch in einer Phase seines Lebens die Erfahrung, sich in einer Gemeinschaft nicht zugehörig zu fühlen. Für Kinder ist es besonders schmerzhaft, Außenseiter zu sein, und das geht so furchtbar schnell. Das eine Kind ist vielleicht etwas runder als die anderen oder es hat komische Haare, oder es ist einfach nur sehr schüchtern wie Mia. Das passiert überall und jeden Tag. Darum fand ich es wichtig eine Geschichte zu erzählen, in der sich Kinder mit ihren Ängsten und Wünschen wiedererkennen können.


Apropos Schreiben: Hast du bestimmte Rituale, die du einhältst, beispielsweise eine feste Schreibzeit oder eine festgelegte Seitenzahl pro Tag?

Nein, feste Schreibzeiten oder Rituale habe ich nicht. Meistens lässt der Tag sich nicht wirklich planen, weil doch oft etwas dazwischen kommt. Wenn ich an einem neuen Projekt arbeite, bin ich meistens disziplinierter, als wenn die mühsame Überarbeitung einer fertigen Geschichte vor mir liegt. Da muss ich mich dann selbst antreiben. Manche Tage sind eben produktiver als andere. Wenn ich merke, dass es nicht „fließt“, dann verlasse ich den Schreibtisch und mache lieber am nächsten Tag weiter, oder ich tausche mich über das Internet mit Kollegen aus, was oft sehr bereichernd ist. Viele unabhängige Autoren sind über die sozialen Netzwerke miteinander verbunden. Das Schreiben ist ja ansonsten ein eher einsames Geschäft.


Planst du deine Romane erst bis ins kleinste Detail, bevor du mit dem Schreiben beginnst oder schreibst du einfach drauflos?

Sobald ich die Idee für einen neuen Roman habe, skizziere ich zunächst den Handlungsbogen. Vielleicht notiere ich sogar schon den letzten Satz, je nachdem, wie deutlich ich das Finale vor mir sehe. Außerdem ist es wichtig, dass ich die Personen, die Umgebung und weitere Details festlege, damit ich die Fakten immer wieder nachschlagen kann. Aber dann schreibe ich einfach drauflos.


Arbeitest du derzeit an einem neuen Roman? Auf was dürfen sich deine Leser als nächstes freuen?

Ich arbeite an dem dritten Band aus meiner Reihe um die übersinnlich begabte Nora Morgenroth, und außerdem an einem weiteren Projekt. Darüber wird aber noch nichts verraten, denn möglicherweise wird es unter einem Pseudonym veröffentlicht.


Wie kann man sich einen Tag in deinem Leben vorstellen, wenn du an einem Roman arbeitest?

Ich stehe gegen halb sieben Uhr auf und bereite das Frühstück für die Kinder zu. Wenn die in der Schule sind, ich den Hund ausgeführt und unsere vier Katzen gefüttert habe, dann setze ich mich mit einem Becher Kaffee an meinen Arbeitsplatz. Ich rufe in meinem Computer die Datei auf, an der ich gerade arbeite, und hoffe auf ein paar produktive Stunden. Ab mittags liegen dann oft andere Dinge an. Wie das eben so ist in einer Familie.


Was liest du selbst gerne?

Ernste Bücher mag ich genauso gern wie spannende und lustige. Zuletzt habe ich Knapp am Herz vorbei von J.R. Moehringer gelesen, davor Zerbrechlich von Jodi Picoult, Freiheit von Jonathan Franzen und Eine wie Alaska von John Green. Im Moment lese ich Am Abend des Mordes von Hakan Nesser. Da lässt die Leserin in mir sich wohl genauso wenig festlegen wie die Autorin.


Ich danke dir für das Interview.

Sehr gern geschehen, und ich bedanke mich auch ganz herzlich für das Interesse!


Die Homepage der Autorin: http://kerstin-michelsen.jimdo.com/

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