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Liebe Leser,

Motorradfahren ist eines der schönsten Hobbys der Welt. Mit welchem Sportgerät sonst kann man am Tag 800 Kilometer weit fahren, in Schräglage durch Kurven brausen und Wind und Wetter auf sich einwirken lassen? Nur mit dem Motorrad. Und dabei bietet es eine Fahrdynamik, die von der Vierradfraktion kaum erreicht werden kann. Schon ein vergleichsweise günstiges Mittelklassemotorrad beschleunigt schneller als die meisten Sportwagen.
Wie immer aber hat die Sache zwei Seiten. Oftmals werden Motorräder übersehen oder in ihrer Geschwindigkeit unterschätzt. Dabei ist der Umgang mit einer solchen Maschine viel schwieriger als Autofahren. Deswegen gibt es dieses Buch. Darin finden Sie alle Tipps, Tricks und Erfahrungen der Redaktion MOTORRAD. Die Mannschaft der größten Motorradzeitschrift Europas spendet ihr geballtes Fachwissen und erklärt, wie gutes und sicheres Fahren geht.
Im zweiten Teil dieses Buches wollen wir dann faszinieren. Lassen Sie sich erzählen, wie beeindruckend die Nationalparks in den USA auf dem Motorrad zu erkunden sind, lassen Sie sich begeistern für eine schöne Alptentour über prächtige Pässe: Freuen Sie sich auf faszinierende Reportagen aus fernen Ländern.

Ich wünsche ihnen eine schöne Saison und viel Vergnügen mit den folgenden Seiten.

Herzlichst ihr Michael Pfeiffer

 

Oben bleiben  Autor: Hrsg. Michael Pfeiffer
Verlag: Motorbuch Verlag
Erschienen: April 2013
ISBN: 978-3-613-03541-6
Seitenzahl: 176 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Im ersten Abschnitt – den Grundlagen – werden verschiedene Gefahren beschrieben, die auf den Motorradfahrer zu Saisonbeginn warten. Mit in dem Fließtext, der durch knappe Überschriften gegliedert ist, sind vereinzelte Übungen eingeflochten, z.B. zum Bremsen und Beschleunigen oder dem Ausbalancieren des Motorrads. Zudem werden die Gefahren im Straßenverkehr aufgezeigt und der Motorradfahrer zu Vorsicht und korrektem Verhalten sensibilisiert – beispielsweise ist Durchfädeln im Stau nicht nur verboten, sondern auch gefährlich. Weitere Themen sind Einstellung der Hebelei und des Fahrwerks.
Die Beschreibungen gehen zwar viele Grundlagen durch, allerdings nicht immer in der notwendigen Tiefe, und vertrauen oft auf bereits vorhandene Vorkenntnisse des Bikers. So ist die kurze Erwähnung des nicht ungefährlichen Flows nicht zu vergleichen mit den detaillierten Beschreibungen von Bernt Spiegel oder Hans Eberspächer. An anderer Stelle – auf Seite 26 – wird empfohlen, das Spiel im Gasgriff zu minimieren, wie das geht, wird dem Leser jedoch verschwiegen. Dafür ist die Federwegmessung und –einstellung Schritt für Schritt beschrieben und die Auswirkungen auf das Fahrverhalten des Motorrads erklärt.

Das nächste Kapitel „Training“ nimmt sich intensiv dem Kurvenfahren, der sicheren Kurvenlinie, der Blickführung und dem Bremsen an. Die Texte – in Verbindung mit vielen Skizzen, Tabellen, Leistungskurven und Fotos sowie kleinen Kästchen mit Tipps – sind beispielsweise bei der Frage nach der Entstehung des Reifengrips gut nachzuvollziehbar und verständlich erklärt. Fachbegriffe wie z.B. Mikro- und Makrorauigkeit werden nicht selten direkt besprochen, teilweise aber auch ohne weitergehende Ausführungen dahingestellt. Die gewählte Sprache des – oder besser: der – Autoren ist eine gelungene und flüssig zu lesende Mischung aus fachlichen und saloppen Formulierungen, die aber zugleich eine klare Aussage haben, z.B. auf Seite 65: „Wer diese Signale ignoriert und das Gas offen lässt, ist selber schuld, wenn sich das Gestühl kopfüber in den Dreck bohrt“. Bei den Beschreibungen zum Bremstraining sind die aufgegriffenen Einzelaspekte zwar sehr vielfältig und durch die langjährige Erfahrung der MOTORRAD-Redakteure belegt, aber zugleich stark techniklastig. Das hilft zwar dem Biker, die Vorgänge innerhalb seines Motorrads und die daraus resultierenden Gefahren nachvollziehen zu können. Es fehlt mir zu häufig aber an konkreten Handlungsanweisungen für den Leser, hier bieten Spiegel oder Eberspächer praxisgerechtere Erläuterungen für den Fahrer selbst und hilfreichere Anleitungen zum Selbsttraining.

Der letzte große Bereich dieses Buches betrifft das Reisen. Hier werden das Fahren in der Gruppe und die speziellen Anforderungen im Gebirge angesprochen. Danach folgt etwas, das mir in Fachbüchern zur Fahrsicherheit noch nie begegnet ist: Empfehlungen für Pässe in Österreich, Schweiz, Frankreich und Deutschland sowie konkrete Reiseempfehlungen für die USA, die klar erkennbar der Zeitschrift MOTORRAD entnommen wurden. Einerseits mal etwas anderes als das übliche Gro, andererseits für viele Einsteiger, die vorrangig an konkretem Training und Tipps zur Fahrsicherheit und zunächst weniger an Reisen interessiert sind, auch vermeintlich überflüssig bzw. deplatziert. Meiner Meinung nach sind solche Fernreisetipps in separater Literatur, wie beispielsweise den Büchern von Heinz E. Studt zur Schweiz oder Österreich, besser aufgehoben.

Leider ist das im April 2013 veröffentlichte Buch nicht immer auf neuestem Stand. So werden auf Seite 99 jeweils zwei Sport- und Tourenreifen, angelehnt an Tests der Zeitschrift MOTORRAD aus Anfang 2010, empfohlen. Zu diesen Reifen gibt es jedoch schon Nachfolgemodelle, die – beim Beispiel der Tourenreifen – bereits in neueren Tests der gleichen Zeitschrift (dort erschienen 10.05.2012) besprochen wurden und bei dem sich ein neuer Klassenbester etablierte, sprich die Empfehlung änderte. Somit war dieses Testergebnis also früh genug verfügbar, um in diesem Buch noch hätte berücksichtigt werden zu können. An anderer Stelle, bei dem es um einen KTM-Werksfahrer geht, ist das Buch immerhin auf Stand Anfang 2012.

Ebenfalls nicht ganz gelungen ist das Lektorat: nicht nur auf der Buchrückseite, sondern auch im Innenteil finden sich immer wieder Fehler, meistens mit unvollständigen oder unkorrigierten Sätzen. So heißt es beispielsweise auf Seite 85: „Die Maschine kann seitlich wegrutschen kann, und ein Sturz ist nur mit akrobatischem Einsatz zu verhindern ist.“ Noch ärgerlicher sind Seitenverweise auf Fotos, Skizzen oder Skalen, die sich an völlig anderer Stelle als angegeben finden – ich konnte mindestens sechs nicht stimmende Seitenangaben finden. So kommt die Vermutung auf, dass die Artikel in diesem Buch direkt aus der Zeitschrift MOTORRAD stammen und hier herein kopiert wurden, ohne sie entsprechend anzupassen. Dieser Verdacht wird gestützt durch den nahezu identischen Text zum Straßenbelag in zwei verschiedenen Abschnitten, einmal bei der Besprechung der Trocken- und einmal bei der Nasshaftung.

Dass dieses Buch von einem Mitarbeiter von Europas größter Motorradzeitschrift verfasst wurde, zeigt sich immer wieder in unterschwelligen, für die Zeitschrift, das MOTORRAD action team (Anbieter Fahrsicherheitstrainings) oder die von der Redaktion veröffentlichte DVD zur Fahrsicherheit werbenden Botschaften. Hans Eberspächer, ebenfalls langjähriger Instruktor beim MOTORRAD action team, hat in seinem Buch eine solche Selbstbeweihräucherung der eigenen, hinter ihm stehenden Redaktion nicht nötig.

Bleibt zuletzt noch die abschließende Klärung der Zielgruppe – der Untertitel des Buches verkündet selbstbewusst „Der COACH für Ein-, Auf- und Wiedereinsteiger“. Wie bereits erwähnt, setzen viele Abschnitte bereits Vorkenntnisse beim Leser voraus oder gehen in ihren Inhalten nicht tief genug, wie es für Einsteiger erforderlich bzw. empfehlenswert wäre. Auch bei den Reisetipps oder den stark technisch orientierten Inhalten ist die Zielgruppe der Motorradeinsteiger verfehlt (s. oben). Daher kann ich dieses Buch nur routinierten Fahrern und Wiedereinsteigern empfehlen, die es zum Saisonauftakt als Auffrischung verwenden. In vieler Hinsicht umfassender und besser geeignet sind für Ein- und Aufsteiger hingegen die Bücher von Bernt Spiegel oder Hans Eberspächer.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ist mit einem Softcover-Umschlag in schwarzglänzendem Grundton versehen, von dem sich in Weiß, Rot und Grün der Titel, die Untertitel und ein skizziertes Motorrad abheben. Das Logo der Zeitschrift MOTORRAD prangt auf der Vorderseite gleich zwei Mal. Das Inhaltsverzeichnis unterstützt das Navigieren im Buch genauso wie die Angaben zum jeweiligen Kapitel und gerade besprochenem Thema auf jeder Seite im unteren Bereich. Die Verarbeitung und Materialwahl ist tadellos und langlebig.


Fazit

Oben bleiben enthält viele gute Ansätze, aber es hapert an der nicht immer konsequenten Ausarbeitung. Dabei orientiert es sich (zu) intensiv an Artikeln, die in der Zeitschrift MOTORRAD erschienen. Als Auffrischung für in der Theorie bereits Kundigen gelungen, aber für die Summe der Motorradfahrer gibt es bessere Bücher!


3 Sterne


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