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Stefan Seitz hat mit seiner Unkrautland-Serie die Herzen junger wie jung gebliebener Leser erobert und bezaubert nicht nur mit einer fantastischen Geschichte, sondern ebenso faszinierenden Grafiken und Kurzfilmen rund um diese außergewöhnliche Welt. Am 17.03.2013 hatte ich Gelegenheit, Herrn Seitz auf der Leipziger Buchmesse einige Fragen zum Unkrautland und seiner Arbeit zu stellen.


Hallo Herr Seitz. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview nehmen. Ich beginne direkt mit einer sicherlich oft gestellten, aber immer wieder interessanten Frage: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Ach, ich denke, das ist wohl eine Sache, die ich unbewusst über die Jahre hinweg in mir getragen habe. So, als wenn ich noch immer ein wenig der kleine Junge geblieben wäre, der früher gerne etwas versteckt oder nach etwas gesucht hat. Seien es verborgene Räume, Geheimgänge oder ähnliche Mysterien. Tja, und irgendwann denkt man sich dann als Erwachsener plötzlich: Jetzt verstecke ich wirklich etwas. Selbst, wenn es bloß zwischen ein paar Buchseiten ist, aber was die aufmerksamen Leser entdecken können.


Inzwischen gibt es drei Bände vom Unkrautland sowie die Vorgeschichte in Form eines Bildbandes. Für diejenigen, die das Unkrautland noch nicht kennen: Was erwartet den Leser dort überhaupt?

Das Unkrautland ist eine recht skurrile Märchenwelt. Sie ist friedlich und durchweg unblutig – mit sprechenden Kürbissen, Vogelscheuchen und allerlei Spukgestalten. Aber das Besondere ist, dass es in diesem Unkrautland eine Historie gibt, die offensichtlich weitgehend im Dunkeln liegt. Der Hauptdarsteller, der an und für sich ein recht beschauliches Leben führt, schliddert langsam in die mysteriöse Vergangenheit des Landes hinein und entdeckt, was vor Tausenden von Jahren im Unkrautland passiert ist. Das ist fast wie ein Puzzle, das sich Stück für Stück durch die drei Bände zusammensetzt.


Wie sind Sie auf die Idee zu diesen Romanen gekommen?

Stefan Seitz 1Auch das sind Sachen, die ich seit langem im Hinterkopf gehabt habe. Stellen Sie sich vor, man betrachtet als Kind die rätselhafte Wölbung einer Tapete … vielleicht in Omas Wohnzimmer. Und dabei denkt man sich: „Irgendwann gucke ich da drunter.“ Man streift mit dem Finger drüber und überlegt: „Da ist doch was dahinter …  ich fühle es genau.“ So ähnlich sind es viele einzelne Episoden aus dem Leben, die sich nach und nach summieren. Und eines Tages fügt sich das Ganze zu einem Unkrautland zusammen.

Der Titel ist – zugegeben – etwas ungewöhnlich. Aber das war auch beabsichtigt. Ich wollte kein heroisch klingendes Land erschaffen, mit Orks, Kriegern oder Drachen. Es musste vielmehr was anderes sein … etwas Friedliches und Nettes. Aber dennoch etwas, das einen merkwürdigen Sachverhalt in sich trägt, der neugierig macht.


Das ist Ihnen auf jeden Fall gelungen! Mal liest man, es handelt sich um eine Trilogie, dann eher um eine Serie. Wird es weitere Unkrautland-Bände geben? Es ist schließlich noch unheimlich viel Potenzial da ...

Die erste Geschichte, die in Band 1 "Auf den Spuren der Nebelfee" angeschnitten wird, löst sich im dritten Band der Serie auf. Damit ist auch das Rätsel, das in der Vergangenheit passiert ist, gelöst. Doch im Zuge des dritten Bandes treten noch viele Unklarheiten auf, die auf einen weiteren Sachverhalt hinweisen, der parallel dazu stattgefunden haben muss. Ich sage mal: Vielleicht gibt es eines Tages eine weitere Trilogie … wer weiß?


Können Sie sich so schwer von Ihren Figuren trennen oder warum halten Sie sich diese Möglichkeit offen?

Ich glaube, ich habe mit der Erschaffung des Unkrautlands eine Menge guter Freunde gewonnen. Seien es die Vogelscheuche oder Sir Bucklewhee. Primus, Miss Plim oder Snigg. Ja, selbst Taddel und Mills, die beiden dicken Kröten zählen dazu. Tja, und diese Freunde verlässt man nicht so gerne. Hat man aber den letzten Satz eines Buchs geschrieben, dann sagt man unweigerlich „Tschüß!“ zu ihnen. Und so ein Abschied tut weh. Deswegen denke ich, dass ich früher oder später zu diesen Herrschaften zurückkehren werde.

Stefan Seitz Primus klein
Haben Sie eine Lieblingsfigur, die Sie besonders ins Herz geschlossen haben?

Eine Lieblingsfigur? Ich mag sie alle recht gern, wirklich jeden einzelnen. Ob das jetzt die Kröten Taddel und Mills sind oder Chuck die Vogelscheuche. In meinen Augen sind sie alle gleichwertig zu den Hauptdarstellern Primus und Plim. Es ist die Gesamtheit, die sie zu etwas Besonderem macht. Sie sind eine große Familie.


Die Bücher sind ursprünglich im ‚CLEON-Verlag‘ erschienen, den Sie mit Ihrer Frau extra für das Unkrautland gegründet haben. Ein nicht unbedingt alltäglicher Weg. Wie ist es dazu gekommen?

Ich habe nebenberuflich seinerzeit ein Computer-Fachbuch geschrieben. Das Thema war 3D-Konstruktion. Und eben durch diese Tatsache weiß ich, dass man als Autor nur bedingten Einfluss auf die Geschicke eines Buches hat. Zwar hat sich mein Buch damals sehr gut verkauft und war schon nach kurzer Zeit vergriffen. Aber als eine neue Version der Software (über die ich geschrieben habe) herauskam, wurde es trotz der hohen Nachfrage nicht mehr aufgelegt. Ich denke, dass es sehr viele Autoren gibt, deren Bücher langfristig nicht von den Verlagen getragen werden. Wenn man das Ganze aber selbst in die Hand nimmt, dann kann man sagen: "Wir geben dem Buch noch etwas Zeit, stecken ein gewisses Kapital hinein und finden schließlich einen Weg, den Titel auf die Beine zu stellen." Es war also geplant, so vorzugehen.


Im Februar ist der erste Unkrautland-Band als Taschenbuch im Carlsen-Verlag erschienen. Wie ist es dazu gekommen?

Ich wollte von Haus aus zum Carlsen-Verlag. Mich hat das Label immer sehr angesprochen und mich haben natürlich auch die Titel sehr angesprochen – ob das jetzt "Tim und Struppi" sind oder „Petzi“. Es sind Bücher, mit denen ich groß geworden bin. Und dadurch kannte ich den Verlag und dachte mir "Das ist ein gutes Haus, mit denen möchte ich zusammenarbeiten." Es ist für uns, den CLEON-Verlag, der die Hardcover-Bände immer noch publiziert, sehr wichtig mit einem guten Partner zusammen zu arbeiten. Wir haben parallel dazu auch Schmidt-Spiele gewinnen können und es macht in meinen Augen keinen Sinn, dass zum Beispiel ein Hörbuch von irgendeinem kleinen Nischen-Verlag publiziert wird oder dass ein anderes Produkt auf den Markt kommt, wo kein Vertriebsweg dahinter steht. Es muss ein gutes Haus sein, mit dem man zusammen arbeitet. Und daher habe ich mich bemüht, dass uns der Carlsen-Verlag wahrnimmt.


Was offensichtlich gut funktioniert hat! Wird der CLEON-Verlag denn auch künftig noch Ihre Bücher vertreiben oder ist der Verlag damit jetzt Geschichte?

Nein, der wird weiter existieren. Und sobald eine neue Geschichte erscheint, wird diese auch im Hardcover unter CLEON publiziert. Die Auslandsrechte hingegen sind allesamt an den Carlsen-Verlag gegangen. Das liegt daran, dass wir als CLEON Verlag keine Rechtsabteilung haben und hier auf die Unterstützung von Carlsen zählen. Wenn es beispielsweise um den Lizenzverkauf nach Asien geht – und Asien hat bereits Interesse gemeldet – kann ich das nicht vernünftig betreuen. Da muss schon ein Profi dahinter stehen.


Bleibt der CLEON-Verlag denn sozusagen Ihnen vorbehalten oder geben Sie auch ‚externen‘ Autoren die Möglichkeit, ihre Werke in Ihrem Verlag zu veröffentlichen?

Das ist natürlich ein finanzielles Thema. Wir als CLEON-Verlag haben sehr viel ins Marketing investiert und es ist natürlich schwierig, das einem anderen Autor entgegen zu bringen – gerade wenn man ein kleiner Verlag ist. Bei einem großen Haus mit gewissen ... wie soll ich sagen ... Geschäftsstrukturen, die risikomäßig abgesichert sind, ist das nicht so drastisch. Aber wir, die mit einem Privatvermögen dahinter stehen, konzentrieren uns vorerst noch auf das Unkrautland.


Sie sind nicht nur der Autor des Unkrautlandes und Gründer des CLEON-Verlags, sondern auch der Illustrator. Wo nehmen Sie die Fantasie her?

Von allem, was mich so umgibt. Selbst an den verrücktesten Stellen lässt sich etwas entdecken, das mich inspiriert oder wo ich im Geiste ein Foto mache. Entscheidend ist aber, dass ich nicht das zeichne, was mir persönlich gefällt. Vielmehr muss es den Leuten gefallen. Und ganz wichtig: Es muss in jeglicher Hinsicht nett sein. Es muss rätselhaft und ein Hingucker sein, der die Leute fesselt und über eine lange Zeit nicht mehr loslässt. Das hat mehr Beständigkeit als brutale Kämpfe und scheppernde Schwerter.

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Was war zuerst da – der Roman oder die Bilder?

Ganz klar: Die Bilder. Zuerst gab es nur das Türmchen. Ich habe es aus Jux und Dollerei gezeichnet, und dennoch hat es den Leuten so gut gefallen, dass wir es langsam mit Leben angefüllt haben und mit den einzelnen Charakteren. Dann erst kam die Geschichte. Wobei die Hintergründe, das Grundgerüst, mir schon immer im Kopf herum geschwebt sind. Es musste irgendjemand in diesem Turm leben, der musste nett sein, aber der musste irgendwo ein kleines Problem haben – mit sich oder mit der Vergangenheit oder wie auch immer. Und so ist das entstanden.


Die digitale Umsetzung des Unkrautlandes in Form der Kurzfilme hat mich sehr fasziniert. Kann man mit einer Verfilmung der Romane rechnen?

Wir haben die Filmrechte jetzt erfolgreich platzieren können bzw. derzeit spricht man da eher von Optionsrechten, da nun erst mal die Finanzierung von so einem Film geklärt werden muss. Wenn das Ganze einen guten Lauf nimmt, könnte es sein, dass irgendwann ein Unkraut-Film die Kinos erobert. Aber das ist eine Sache, die so langfristig anzudenken ist, dass ich da jetzt kaum drüber reden kann.


Nun möchte ich noch ein wenig auf den Schreibprozess als solche eingehen: Planen Sie Ihre Romane erst bis ins kleinste Detail, bevor Sie mit dem Schreiben beginnen oder haben Sie seinerzeit einfach drauflos geschrieben?

Da ist schon ein Diagramm gewesen. Wo passiert was? Wo finden die Darsteller was? Wofür ist das gut? Das Buch ist nach einem Konzept geschrieben.


Haben Sie bestimmte Rituale, die Sie beim Schreiben einhalten, beispielsweise eine feste Schreibzeit oder eine festgelegte Seitenzahl pro Tag?

Ich arbeite tagsüber. Ich bin keiner, der erst abends anfängt und bis in den Morgen hinein schreibt. Und ich habe das Gefühl, dass es auch bei anderen Autoren so ist: Mehr als zehn Seiten am Tag ist eine schwierige Sache. Mehr als zehn Seiten geht nicht, manchmal gehen auch bloß drei und in den härtesten Fällen nur eine oder zwei. Das ist das Pensum, mit dem man rechnen muss – und dementsprechend lang dauert auch so ein Buch.


Das Unkrautland begeistert junge wie jung gebliebene Leser. Hatten Sie eine bestimmte Zielgruppe vor Augen, als Sie das Projekt angegangen sind?

Überhaupt nicht. Ich glaube, ich habe die Geschichte eigentlich für mich geschrieben. Ich habe das geschrieben, was mir am besten gefällt.


Wie kann ich mir einen Tag in Ihrem Leben vorstellen, wenn Sie an einem Roman arbeiten?

Also dass im Vorfeld natürlich alle beruflichen Projekte abgeschlossen sind und ich mir dann eine gewisse Zeit einräume. Sollte sich eine Auftragslage verschärfen und ich wieder an die Arbeit müssen, dann wird das Schreiben natürlich unterbrochen. Aber ich versuche, mir dafür eine gewisse Zeit frei zu räumen – und das ist ein Dreivierteljahr, was da rein fließt. Bei mir zumindest.


Stefan Seitz Plim kleinLast but not least: Was kommt nach dem Unkrautland?

Hui, das kann ich nicht sagen. Es wird womöglich beim Unkrautland bleiben, aber mit einer anderen Geschichte und vielleicht auch neuen Charakteren. Wer weiß. Ich werde Sie bestimmt informieren, sobald ich näheres weiß.


Ich bin sehr gespannt, freue mich auch auf die nächsten Bände, und danke Ihnen ganz herzlich für das Interview!

Gerne!

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