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„So war’s der Brauch“ erzählt von Sitte und Brauchtum auf dem Land, von Ritualen zu den Festtagen und im Alltag.
Wir erfahren vom Räuchern in den Raunächten, von der Stille der Heiligen Nacht von der Dramaturgie der Fasten- und Osterzeit, vom Maibaumkraxln, vom Landlertanzen und vom Singen und Musizieren. Wir lesen, warum der Palmbuschen gar nicht lang genug sein konnte, was ein „Märzenkalb“ und ein „Aprilochse“ ist oder dass Namenstage „eingetscheppert“ wurden und welche Bedeutung ein „Weisatkorb“ hat.
Es geht um tief verwurzelte Bräuche, die für die Menschen, die sie pflegen noch Sinn ergeben. Rezepte für Brauchtumsspeisen, Gstanzltexte und Anleitungen für alte, traditionelle Spiele machen das Buch zu einem wahren Erlebnis.

 

So wars der Brauch 

Autor: Inge Friedl
Verlag: Styria regional
Erschienen: August 2012
ISBN: 978-3-7012-0119-8
Seitenzahl: 157 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Das Buch bietet seinen Lesern einen spannenden Einblick in das oft sehr harte Leben unserer Groß- und Urgroßeltern. Besonders Glaubenswelt und die damaligen Lebensbedingungen, mit den speziellen Feiertagen, Festen, Ritualen sowie auch die Ängste unserer Vorfahren werden in diesem Buch verständlich und gut nachvollziehbar dargestellt. Von der Geburt bis zum Tod, vom Jahreswechsel über Ostern bis zu Weihnachten mit seinen Raunächten werden in diesem Buch alte, oft vergessene Bräuche und Rituale vorgestellt, ihr Sinn und - soweit wie möglich - auch ihre Herkunft erklärt. Es wird auch erzählt wann, warum und wie sie abgehalten wurden.
Die „Liveberichte“ jener Menschen, die diese Rituale als Kinder noch selbst erlebt haben und/oder sie auch noch heute in Ehren halten, sind - meist am Ende der Kapitel - gut erkennbar in einem farbig unterlegten Textfeld nachzulesen. Viele Textauszüge, oder Zitate der interviewten Personen sind in der ortsüblichen Mundart gehalten, zu deren „Übersetzung“ das Glossar am Ende des Buches jedoch sehr wertvolle Hilfestellung leistet. Dort sind nämlich die Mundartbegriffe ins Hochdeutsche „übersetzt“ und dadurch für alle Leser gut zu verstehen. Durch den Heimatdialekt der einzelnen ErzählerInnen wirken die Berichte sehr intensiv und nahe, fast so, als würde man bei Kaffee und Kuchen im Wohnzimmer persönlich mit den betreffenden Menschen plaudern.

Das Sachbuch ist mit vielen Fotos aus alter Zeit gespickt, die die beschriebenen Rituale optisch gut untermalen. Als wahre Fundgrube für historisch interessierte Leser wird hier ein Fenster in die Vergangenheit geöffnet und das oft harte Leben der Menschen zu einer Zeit vorgestellt, als es noch kein Radio und keine Traktoren gab und die Menge und Qualität der Ernte über das Wohl oder Wehe ganzer Familien und ihren Dienstboten entschied. Durch die alten Fotos und die eindringlichen Erzählungen wird so das Leben "anno dazumal" auch für die Leser in der modernen Zeit gut mit erlebbar. Als besonderes „Zuckerl“ findet der Leser vor dem Glossar noch eine kleine Auswahl an historischen Spielen, Gstanzln (gereimten Liedertexten, die direkt aus dem Leben gegriffen wurden) und Speisen mit den interessanten Namen wie Küatuttn mit Schnaps oder auch Semmelschnidln uvm.

In der Einleitung betont die Autorin Inge Friedl, dass in diesem Buch keineswegs alle Bräuche der besuchten Bundesländer von Österreich zu finden sind und erklärt auch, dass sich die rituellen Gebräuche oft sogar von Dorf zu Dorf sowohl in kleineren, als auch in größeren Dingen unterscheiden.
Leser jeden Alters, die sich für die Wurzel mancher Rituale und/oder für das Leben in unserer jüngeren Vergangenheit interessieren, werden mit diesem Buch garantiert viel Spaß haben. Aber auch für Autoren historischer Romane könnte das Sachbuch als Ideenpool nützlich sein und mit einigen interessante Fakten aufwarten.


Aufmachung des Buches
Mit der eher ungewohnten Größe von 24,6 x 22 x 2,2 cm ist das Buch fest gebunden, gut verarbeitet und durch die Farbe des verwendeten Papiers etwas auf „alt“ getrimmt. Auf dem Coverbild des Schutzumschlages ist das Schwarzweißbild eines „Bandltanzes“ auf rotem Grund zu sehen, unter dem der Titel des Buches blau unterlegt wurde. Der Text auf der Umschlagrückseite gibt, ebenso wie die beiden alten Fotos, einen kurzen Einblick in den Inhalt des Buches. Auf der vorderen Innenklappe des Buchumschlages findet sich ein etwas genauerer Einblick in das Thema, auf der rückwärtigen Innenklappe ist die bebilderte Kurzvita der Autorin zu abgebildet.

Das Inhaltsverzeichnis ist sehr gut und übersichtlich gegliedert. Viele Fotos mit kurzer, angefügter Bildererklärung lockern den Text auf, der teilweise in Hochdeutsch, teilweise in Mundart gehalten ist. Im Text wurden die Originalerzählungen der Augenzeugen als Textfeld etwas dunkler unterlegt und sind so deutlich erkennbar. Die Erklärung bzw. „Übersetzung“ der dialektgefärbten Wörter sind im Glossar zu finden. Leider sind einige der verwendeten Fotos etwas unscharf, was zwar möglicherweise das Alter der Bilder betont, aber trotzdem schade ist.


Fazit
„So war’s der Brauch“ ist ein sehr empfehlenswertes und spannendes Buch über die Bedeutung und Wichtigkeit von Ritualen und Bräuchen im historischen Österreich, von denen manche auch in der heutigen Zeit noch immer praktiziert werden, andere jedoch inzwischen (fast) vergessen sind. Vor allem die Berichte der vielen Zeitzeugen eröffnen den Lesern einen interessanten Einblick in ein längst vergessenes Lebensumfeld, als die Eltern von ihren Kindern üblicherweise meistens mit „Sie“ angesprochen wurden und "Vater" und "Mutter" noch als respektvoller Titel und nicht bloß als biologische Bezeichnung galt.

4 5 Sterne


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