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Zunächst sieht es aus wie ein böser Scherz: Als Kirill eines Abends nach Hause kommt, hat jemand seine Wohnung komplett umgeräumt und eine hysterische Frau behauptet, sie wohne hier schon seit Jahren – und sie kann das auch belegen. Doch damit nicht genug: Auch sonst kann sich niemand, weder Freunde noch Verwandte, daran erinnern, dass Kirill je existiert hat. In größter Verzweiflung wird Kirill durch einen anonymen Anruf auf ein atemberaubendes Geheimnis gestoßen: Manche Menschen fallen zuweilen aus ihrer Existenz heraus und werden zu „Weltengängern“, zur Schnittstelle zwischen zwei miteinander verbundenen Parallelwelten. So wie Kirill – für den das Abenteuer seines Lebens beginnt!

 

  Autor: Sergej Lukianenko
Verlag: Heyne
Erschienen: 11/2007
ISBN: 978-3-453-52349-4
Seitenzahl: 592 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Kirill, der Protagonist der Geschichte, kommt eines Abends nach Hause und muss feststellen, dass in seiner Wohnung eine fremde Frau wohnt. Sie hat es sogar geschafft, innerhalb weniger Stunden die Papiere, die ihren Besitz an der Wohnung dokumentieren, zu fälschen, und die Wohnung komplett umzugestalten. Doch damit nicht genug: selbst Kirills Hund tut so, als wäre diese fremde Frau seine Besitzerin und will von ihm nichts wissen.
Kirill muss feststellen, dass sich selbst seine Freunde, sein Arbeitgeber und Verwandte nicht mehr an ihn erinnern, sobald sie ihn eine gewisse Zeit nicht mehr gesehen haben. Nur sein bester Freund Kotja erinnert sich noch an ihn, doch auch dessen Erinnerungen werden immer blasser. Kirill versucht für alles eine Erklärung zu finden, sucht Menschen, die sich an ihn erinnern, doch es ist aussichtslos.
Ein anonymer Anruf stößt Kirill schließlich auf die Lösung für diese seltsamen Geschehnisse: Manche Menschen fallen aus ihrer Existenz heraus und werden zu Weltengängern.

Es ist Sergej Lukianenko gelungen, Kirills Leben, das sich innerhalb kürzester Zeit gravierend verändert, glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen. Der Leser entdeckt gemeinsam mit dem Protagonisten dessen neues Leben als sogenanntes Funktional, man lernt gemeinsam mit Kirill die Parallel-Welten und deren Regeln kennen. Dadurch muss man sich nicht gleich mit Unmengen Informationen rumschlagen, sondern wird langsam in die neue Situation eingeführt. Sergej Lukianenko hat dies wunderbar hinbekommen.


Stil und Sprache
Sergej Lukianenko schafft es in seinem Roman „Weltengänger“ wieder einmal, den Leser mit seinem lockeren und bildlichen Schreibstil in seine Geschichte und das Russland der Gegenwart mitzunehmen. Die mit der Zeit auftauchenden Parallel-Welten werden durch die sinnlichen und detailreichen Beschreibungen für den Leser fassbar und geben ihm das Gefühl, dass es diese Welten tatsächlich gibt. Dabei achtet der Autor darauf, die Beschreibungen nicht ausufern zu lassen, sondern lässt durch die passende Dosis Beschreibung an den richtigen Stellen den fiktionalen Traum entstehen. Dem Leser bleibt immer noch genügend Raum für seine eigene Fantasie.

Zudem ist der Roman von Anfang an spannend, sodass man gar nicht anders kann, als immer weiter zu lesen. Dazu trägt noch bei, dass die Kapitel immer an spannenden Stellen enden. Ab und zu gönnt der Autor dem Leser eine Verschnaufpause, doch einen Durchhänger im Spannungsbogen gibt es nicht.

Die Kapitel beginnen generell mit einer zunächst allgemein wirkenden Aussage. Dabei zieht Sergej Lukianenko von dieser Aussage einen Bogen zurück zum Text, auf den diese Aussage perfekt passt. Mir hat dieses Stilmittel – das mir bisher in keinem anderen Roman begegnet ist – sehr gut gefallen.

Als die Geschichte voranschreitet, wenden sich Kirill und sein bester Freund Kotja an den Fantasy-Schriftsteller Melnikow, in der Hoffnung, dieser wisse die Lösung für Kirills Probleme. Melnikow spielt dabei mehrere Szenarien durch, wie andere Autoren Kirills Geschichte weiterspinnen würden, ohne jedoch daran zu glauben, dass das, was Kirill passiert, tatsächlich wahr ist. Mir hat sich dabei die Frage gestellt, ob Sergej Lukianenko sich selbst in der Figur Melnikows in die Geschichte integriert hat.


Figuren
Der Protagonist Kirill ist dem Leser sofort sympathisch, wodurch man sich gut in ihn und seine Situation hineinversetzen kann und unbedingt wissen möchte, was weiter geschieht. Kirill versucht zunächst, für alles eine natürliche und logische Erklärung zu finden, was ihn und die Geschichte glaubhaft macht. Als er keine Erklärung finden kann, obwohl er alle Möglichkeiten durchgegangen ist, und er zudem noch einen seltsamen Anruf bekommt, beginnt er, das Unmögliche in Betracht zu ziehen. Er beginnt sein neues Leben gemeinsam mit dem Leser zu erkunden.

Kotja ist der beste Freund Kirills und ebenfalls eine wichtige Figur in der Geschichte. Er ist für Kirill da, hilft ihm, alles zu begreifen, was ihn ebenfalls sympathisch macht. Doch seine wahre Bedeutung wird erst am Ende des Buches deutlich.

Generell kann ich sagen, dass alle Figuren gut ausgearbeitet und interessant sind. Keine Figur ist überflüssig oder wirkt stereotyp. Sie haben ihre eigene Meinung, eine eigene Stimme und kleine Eigenheiten, die sie unverwechselbar machen.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch ist mit einer ungewöhnlich großen Schrift bedruckt, die den Eindruck erweckt, dass ein größerer Roman-Umfang vorgetäuscht werden sollte. Folglich ist das Buch sehr schnell durchgelesen.
Ansonsten ist das Buch optisch an die bisher von Sergej Lukianenko veröffentlichten Romane angelehnt, die mit ihrer silbern glänzenden Schrift edel angehaucht sind.

Warum das Buch in der deutschen Übersetzung „Weltengänger“ heißt, erschließt sich mir nicht hundertprozentig. Zwar wandelt der Protagonist durch verschiedene Welten, doch der russische Originaltitel „Rohschrift“ passt deutlich besser – besonders unter Berücksichtigung des zweiten Bandes, der im russischen Original „Reinschrift“ heißt (der deutsche Titel wird „Weltenträumer“ lauten).


Fazit
Wer dieses Buch gelesen hat, wird den Folge-Band kaum erwarten können, da „Weltengänger“ an einer überaus spannenden Stelle endet; leider erscheint die Fortsetzung erst im August 2008. Einen Hinweis darauf, dass es sich um einen Zweiteiler handelt, gibt es in dem Buch nicht, was meiner Meinung nach nicht besonders gelungen ist.


5 Sterne


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