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Ruth Omphalius klein


Ruth Omphalius hat Germanistik, Kunstgeschichte, Kunstpädagogik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften studiert. Seit 1997 arbeitet sie als Redakteurin für Geschichte und Gesellschaft beim ZDF in Mainz. Darüber hinaus hat Sie Sachbücher wie "Der Planet des Lebens", "Der Neandertaler" und "Klimawandel" verfasst. In Ihrem neuesten Sachbuch widmet sie sich den Geheimnissen der Tiefsee und hat die Thematik kindgerecht aufbereitet.


Wenn man nach Ihren Studiengängen geht, sind Sie vielmehr Geistes- als Naturwissenschaftlerin. Weshalb befassen Sie sich dennoch mit viel Engagement mit naturwissenschaftlichen Themen?

Tatsächlich hatte ich nach meinem Abi auch einen Studienplatz für Biologie und Chemie zugewiesen bekommen und die Wahl ist mir nicht leicht gefallen. Damals hatte ich mich in letzter Minute dann doch für Literatur entschieden und so bin ich um Haaresbreite keine Naturwissenschaftlerin geworden. Aber ich glaube, auch wenn ich einen anderen Studiengang gewählt hätte, würde ich heute vermutlich trotzdem Filme machen und Bücher schreiben. Mich interessiert vor allem der Mensch selbst, sein „woher“ und natürlich sein „wohin“. Da geben Geistes- und Naturwissenschaften gleichermaßen wichtige Denkanstöße.


Haben Sie als Geisteswissenschaftlerin einen anderen Blick auf diese Themen als ein Naturwissenschaftler?

Möglicherweise. Mein Blick ist aber vermutlich vor allem ein journalistischer. Das heißt, ich versuche, Fragen zu stellen, die möglichst viele Menschen interessieren, und beschreibe dann, welche Antworten die Wissenschaft bereithält. Das Tolle daran ist, dass ich überall nach Antworten suchen kann: bei Hirnforschern ebenso wie bei Historikern, bei Physikern genauso wie bei Psychologen.


Kürzlich ist Ihr neues Sachbuch "Das geheimnisvolle Universum der Ozeane" im Arena-Verlag erschienen. Wieso haben Sie sich für Ozeane als Thema für Ihr neues Buch entschieden? Ist es das noch so unerforschte Geheimnisvolle in den Tiefen, das Sie reizt?

Unbedingt! Meere haben mich schon immer fasziniert und ich bin davon überzeugt, dass es tatsächlich noch viel Erstaunliches zu entdecken gibt. Das weltweite Forschungsprojekt „Census of Marine Life“ hat ja bereits gezeigt, dass wir noch immer viele Meeresbewohner gar nicht kennen. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass es Rieseneinzeller gibt oder eine Delfinart, die man zuvor nicht kannte?


All den Informationen, Fakten und Vermutungen liegt sicherlich eine enorme Recherchearbeit zu Grunde. Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet?

Ich habe insgesamt zwei Jahre an dem Buch gearbeitet. Allerdings mache und betreue ich immer mal wieder Filme über die Ozeane. Sogar mein allererster Beitrag im ZDF war ein Meeresfilm mit dem Titel „Noch ist das Mittelmeer nicht leer!“ Für die ZDF-Reihen „Expedition Erde“ und „Die Macht der Elemente“ habe ich mit dem Astronauten Thomas Reiter und unserem Terra X - Moderator Dirk Steffens weltweit zum Thema „Meer“ gedreht. Die jüngste Produktion, die ich redaktionell betreut habe, war der Dreiteiler „Universum der Ozeane“ mit Frank Schätzing als Moderator. Es gibt also schon jede Menge Recherchematerial in meinem Regal.


Haben Sie sich - beispielsweise zu Recherchezwecken - in die Tiefe des Meeres begeben? Falls ja, was ist Ihnen hier besonders in Erinnerung geblieben?

Ich genieße es immer sehr, wenn ich mal zum Tauchen komme. Dabei gibt es so viel zu sehen und zu entdecken. Ich brauche allerdings nicht unbedingt den Nervenkitzel einer Haibegegnung. Oft sind es eher die kleineren Begebenheiten, die einen Tauchgang so besonders machen: Ein mutiger Oktopus, der sein Territorium verteidigt und vor lauter Wut rot anläuft; Plattwürmer, die in allen Regenbogenfarben erstrahlen oder ein geisterhafter Mondfisch, der lautlos vorbeizieht. Da kann ich im Begeisterungssturm schon mal vor lauter Aufregung die halbe Pressluft-Flasche leeratmen.


Weshalb haben Sie sich entschieden, das Thema "Ozeane" für junge Leser aufzubereiten?

Die Ozeane sind so unglaublich wichtig für uns Menschen – als Klimamotor, Wasser- und Nahrungsreservoir. Sie werden unsere Zukunft in hohem Maße bestimmen und müssen deshalb unbedingt immer wieder Thema sein. Jugendliche sind für mich tolle Leser, weil sie sich jenseits von Sachzwängen, Staatsgrenzen, Fangquoten und Wahlerfolgen mit den Dingen auseinandersetzen. Sie stellen klare und kluge Fragen. Kurz: Ein Publikum, das mir als Autorin eine Menge zurückgibt.


Ist es einfacher oder schwieriger, für Kinder statt Erwachsene ein Sachbuch zu schreiben?

Ich empfinde kaum einen Unterschied beim Schreiben, weil ich in der Regel sowieso versuche, die Leser nicht mit Fremdworten zu beeindrucken, sondern so verständlich wie möglich zu erklären.


In "Fluch der Karibik 2" gibt es an einer Stelle eine Diskussion, ob es der Kraken oder die Krake heißt. Können Sie Licht ins Dunkel bringen?

Diese Diskussion haben wir in der Redaktion auch schon häufiger geführt (grins). In naturwissenschaftlichen Werken ist „der Krake“ oder als Nebenform auch „der Kraken“ üblich, wenn es um den realen achtarmigen Meeresbewohner geht. „Die Krake“ ist die umgangssprachliche Bezeichnung für das Schiffe zertrümmernde Seeungeheuer. Dieser Begriff begegnet uns heute eher in Märchen und Sagen. Ich habe die Szene in „Fluch der Karibik 2“ nicht im Kopf, aber hinter dem Geplänkel über die Begriffe „der Kraken“ oder „die Krake“ könnte sich tatsächlich die Frage verstecken: Haben wir es mit einem realen Wesen zu tun oder mit Seemannsgarn?


Quallen fand ich schon als Kind faszinierend und unheimlich zugleich. Das erste Mal habe ich diese von einer Fähre aus gesehen. Sind Quallen tatsächlich so gefährliche und tödliche Jäger, wie es ihnen nachgesagt wird?

Aus der Perspektive eines Beutetieres auf jeden Fall!!! Aus unserer Sicht als Menschen ist die Sache schon komplizierter. Vergleichen wir die Qualle doch mal mit einem Landbewohner – einer Wespe zum Beispiel. Eine einzelne vorbei fliegende Wespe ist im Sommer etwas völlig Normales und stört die meisten von uns wenig. Viele Wespen im Biergarten sind lästig und manche Menschen meiden Orte, wo zu viele Wespen auftreten. Der ein oder andere wird schon mal gestochen und das ist eine sehr unangenehme Erfahrung, aber normalerweise nicht lebensbedrohlich. So ähnlich stellt sich die Situation im Meer mit den Quallen dar. Nun glauben viele Forscher aber, dass die Zahl der Quallen durch den Klimawandel weiter ansteigen wird. Für unser Wespenmodell hieße das: Wir stellen uns wirklich große Schwärme von Wespen vor. Wenn diese dann bei der Nahrungssuche in eine Kuhherde geraten und die Kühe werden von zahllosen Wespen gestochen oder in Panik versetzt, so dass sie sich gegenseitig verletzen und womöglich bei ihren Fluchversuchen sterben, dann macht das die Wespen für uns schon viel bedrohlicher. Auch tödliche Unfälle mit Menschen wären in einer Welt voller Wespen unvermeidlich. Eine einzelne Wespe scheint wenig bedrohlich, aber als Massenphänomen können uns Wespen einen Schauer über den Rücken jagen. Die Anzahl der Quallen in den Weltmeeren nimmt offenbar zu und auch ihre Verbreitungsgebiete ändern sich. Ob die Quallen zu einem echten Albtraum werden wie unsere fiktiven Wespen, kann heute noch niemand sagen, aber ich befürchte, dass wir die Veränderung bislang zu wenig ernst nehmen.


Welche Tiere faszinieren Sie besonders?

Ich finde Kraken toll. Sie haben ein unglaublich großes Gehirn und sind, obwohl sie aus einer als ziemlich „primitiv“ eingestuften Tiergruppe stammen, vermutlich viel intelligenter als Fische. Sie sind Entfesslungs- und Verkleidungskünstler und können mit Farbsignalen ziemlich komplex kommunizieren.


In vielen Bereichen die Tiefsee betreffend können nach wie vor nur Vermutungen angestellt werden. Ist das motivierend oder frustrierend?

Erstmal motivierend. Es wäre doch furchtbar, wenn es für künftige Forscher nichts mehr zu entdecken gäbe. Frustrierend ist allerdings der Gedanke, dass wir gerade dabei sind, die Tiefsee stark zu verändern, vor allem durch den Abbau von Bodenschätzen. So ähnlich wie bei der Abholzung des Regenwaldes werden wir von vielen Wesen gar nicht wissen, dass sie existiert haben, weil wir lange bevor Wissenschaftler zu ihnen vorstoßen könnten, schon ihren Lebensraum zerstören werden.


Durch den Menschen verändert sich das Leben im Meer spürbar. Sehen Sie darin eine große Gefahr oder einfach einen Umschwung, eine Weiterentwicklung?

In den Weltmeeren vollzieht sich ein Wandel, der eine ganze Reihe von Gefahren birgt: Rotten wir durch Gifte, Müll und Überfischung die Meeresbewohner aus, fehlen gewaltige Mengen an Nahrungsmitteln für die Weltbevölkerung. Auch falls wir dazu beitragen, dass sich Klimamuster ändern, könnte es zu Hungersnöten kommen - etwa wenn der Monsun über Asien dauerhaft ausbliebe. Falls wir womöglich sogar den Golfstrom umleiten, könnte es sogar eine weitere Eiszeit geben.


In Ihrem Buch "Das geheimnisvolle Universum der Ozeane" gehen Sie immer wieder auf die von Menschen verursachten Veränderungen und Katastrophen ein. Liegt Ihnen viel daran, Ihre Leser für diese Thematik zu sensibilisieren?

Ja, natürlich. Eine Motivation für das Buch war meine eigene Begeisterung für die unglaubliche Welt unter Wasser. Wenn meine Texte darüber hinaus die Leser zum Weiterdenken und sogar zum bewussten Verhalten anregt, wäre das einfach fantastisch.


Arbeiten Sie bereits an einem weiteren Sachbuch? Können Sie uns schon einen kleinen Ausblick gewähren?

Ja, ich bin gerade dabei, für ein neues Sachbuch zu recherchieren. Allerdings ist es ein bisschen früh, um über den Inhalt zu sprechen. Da bitte ich Sie noch um etwas Geduld.


Ich danke Ihnen herzlich für dieses Interview, liebe Frau Omphalius!

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