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Margarete, Herzogin von Tirol, ist eine wichtige Figur auf dem Schachbrett der europäischen Geschichte. Sicher im Urteil und rasch im Handeln, zwingt sie selbst ihren Gegner Achtung ab. Doch ihre groteske Hässlichkeit macht sie zum Gespött der Leute. Auf grausame Weise sucht sie zu erlangen, was der Schönheit von selbst zufällt: Macht und Liebe.

 

  Autor: Lion Feuchtwanger
Verlag: Aufbau Verlag
Erschienen: 2002
ISBN: 978-3-746-65605-2
Seitenzahl: 236 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Lion Feuchtwanger (er hieß eigentlich J.L. Wetcheek) hat mit diesem (seinem ersten!!) historischen Roman das Leben von Herzogin Margarethe von Tirol im 14. Jahrhundert nachgezeichnet. Schon im Alter von 12 Jahren wird sie verheiratet und obwohl sie außerordentlich klug ist, sehen die meisten Menschen bei ihr nur eines: ihre Hässlichkeit.
Viele achten sie zwar wegen ihres außergewöhnlichen Verstandes, aber niemals ereicht sie ein so hohes Ansehen wie ihre schöne Rivalin, die ihr den geliebten Mann stiehlt. Gedemütigt, gekränkt und auch tief verletzt, sinnt sie auf Rache und dies mit kalter und tödlicher Heftigkeit. Insgesamt 40 Jahre regiert sie in Tirol und muss sich heftigen politischen und auch kirchlichen Auseinandersetzungen stellen. Margarethes Leben war nicht einfach und durch ihre Hässlichkeit war es für sie doppelt schwer respektiert und anerkannt zu werden.

Feuchtwanger, einer der bekanntesten Autoren und meistgelesenen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, hat mit diesem Buch eine wunderbare Romanbiografie geschrieben.


Stil und Sprache
Sprachlich gehört Feuchtwanger unumstritten zu den wirklich Großen der deutschen Literatur. Schrieb Stefan Zweig Romanbiografien wie z.B. „Joseph Fouchè“ mit viel emotionaler Kraft und den Leser mitreißen wollend, so verfasste Feuchtwanger Margarethe Maultaschs Biografie schlicht und ohne großen Pathos und Spannungsbogen. In diesem Fall ist dies aber keineswegs negativ anzusehen, da der Autor dem Leser so die Möglichkeit bietet, alles mit einer gewissen Distanz zu betrachten und sich nicht unweigerlich Mitleid mit der Protagonistin einstellt.
Feuchtwanger hat zweifellos einen ungewöhnlichen und gewöhnungsbedürftigen Schreib- und Erzählstil, der einer Biografie aber sehr zuträglich ist und dem Leser so viele Handlungen nüchterner nachvollziehen lassen.
Die Geschichte wird nicht durch Dialoge getragen, sondern der Hauptakteur ist der Autor, der durch die Erzählung führt, aber ohne sich in irgendeiner Weise aufzudrängen. Von mitunter komisch heiter, bis brutal, gefühllos und empathisch reicht sein erzählerisches Repertoire und ist relativ leicht zu lesen.


Figuren
Feuchtwanger zeichnet die Figuren nicht mit überschäumender Empathie, sondern skizziert praktisch ihr Seelenleben, das erst im Gesamten das fertige Bild ergibt.
Margarethe, Gräfin von Tirol, wird vom Volk aufgrund ihrer Hässlichkeit „Maultasch“ genannt. Lion Feuchtwanger nutzt die Entstellung der äußerst intelligenten Margarethe, um den Leser wertungsfrei und objektiv hinter die Kulissen der damaligen politischen Intrigen blicken zu lassen.
Der Autor gewährt dem Leser einen Blick aus ungewöhnlicher Perspektive auf das Geschehen, was eine klare Sicht auf die verschiedenen Charaktere der Figuren ermöglicht. Stellt sich mitunter Mitleid mit der „Herzogin Maultasch“ ein, so agiert sie aber in der nächsten Szene so berechnend und grausam, dass sich unweigerlich auch Verständnis für ihren Mann und ihre Untergebenen einstellt. Obwohl Feuchtwanger die Figuren mehr umreißt als sie ausführlich zu beschreiben, ist der psychologisch tiefgründige Aspekt nicht zu übersehen.
Der Autor gewährt allen seinen Figuren höchste Aufmerksamkeit und so ist es nicht verwunderlich, dass man viel über die politischen Handlungsgründe der Habsburger, Wittelsbacher und auch Luxemburger erfährt.
Auffallend für mich war, dass der Autor etwas gar zu viel Margarethes Hässlichkeit in den Vordergrund stellt. Dies ist aber auch der einzige Kritikpunkt, den ich subjektiv sehe und mir zu erwähnen erlaube.


Aufmachung des Buches
Von Margarethe Maultasch gibt es kein einziges Bildnis, was natürlich viel Platz für Phantasie und Spekulationen über ihr Aussehen zulässt. Deshalb verwunderte es mich sehr, auf der Vorderseite dieses Taschenbuches das Porträt einer mir unbekannten Frau, gemalt von Ferdinand Voet, aus dem 17. Jahrhundert zu sehen, das 300 Jahre nach Margarethes Leben entstand. Für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb dieses Motiv ausgewählt wurde.
Meines Erachtens – und wie schon so oft erwähnt – verdienen speziell Bücher von so einem Format eine wunderschöne, gebundene Ausgabe mit Lesebändchen und ausführlichem Nachwort.
An diesem Buch ist wirklich nur der Inhalt erwähnenswert, denn rein optisch ist es leider zu vernachlässigen, was äußerst schade ist.


Fazit
Dieses Buch sollte man gelesen haben!
Wer sich für das Leben einer starken und ungewöhnlichen Frau interessiert und einen schönen und gehobenen Erzähl- und Sprachstil zu schätzen weiß, wird von dieser Romanbiographie überzeugt sein. Feuchtwangers Figuren leben von der Distanziertheit seines Schöpfers und ziehen den Leser dennoch in eine greifbare und äußerst nachvollziehbare Geschichte.
Uneingeschränkt zu empfehlen!


4 5 Sterne


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