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Architekturspielereien und Blickpunkte in europäischen Parkanlagen

Lustschlösser, Tempel, Grotten, Pagoden und Ruinen aus der Zeit der Renaissance bis zur Gegenwart.
Exzentrisch, heiter, fantasievoll, experimentell: eine visuelle Grand Tour zu den bezauberndsten Staffagebauten, die in Europa heute noch zu bewundern sind.
Mit wunderschönen Fotografien und kompetenten Begleittexten.

  Autor: Caroline Holmes (Text), Nic Barlow (Fotos), Tim Knox (Einführung)
Verlag: DVA
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-421-03706-0
Seitenzahl: 256 Seiten 


Stil und Sprache
Dass die Phantasie exzentrischer Herrscher bisweilen bizarre Blüten treibt, dürfte hinlänglich bekannt sein. Doch was veranlasst einen französischen Postboten dazu, in 33-jähriger Handarbeit eine Art Miniatur-Angkor-Wat in der französischen Provinz zu errichten? Welchen Zweck erfüllen Staffagebauten oder sogenannte ‚follies‘, also Narrheiten im Sinne exzentrischer Einfälle? Was wollten ihre Erbauer damit zum Ausdruck bringen und welche Rolle spielen diese exotischen Anlagen in der heutigen Zeit? Diesen und noch vielen weiteren Fragen wird im vorliegenden Bildband nachgegangen. Bereits das Vorwort des Architekturhistorikers Tim Knox hält eine Fülle an hochinteressanten Informationen bereit. Er greift Motivationsgründe für die Errichtung der kapriziösen Bauwerke auf und vermittelt auf diese Art und Weise eine Menge Wissen über kulturelle Hintergründe der jeweiligen Zeit. Bald wird klar, dass die Erbauer nicht selten sehr ernste Anliegen zum Ausdruck bringen wollten. Die ‚Triangular Lodg‘e in Rushton wurde beispielsweise im 16. Jahrhundert von einem katholischen Politiker in Auftrag gegeben. Angeblich als Unterkunft für den Hegemeister seiner Kaninchenzucht. Tatsächlich handelte es sich allerdings um eine Art Verteidigungsanlage, die das Schicksal seiner aus religiösen Gründen verfolgten Familie aufgreifen sollte.
Häufig stecken aber auch verschrobene Gründe hinter dem Bau der außergewöhnlichen Anlagen. Die ‚Jealous Wall‘, eine 55 Meter lange Mauer, die in der irischen Grafschaft Westmeath errichtet wurde, sollte dem Erbauer vor allem den Anblick des benachbarten Hauses ersparen. Darin wohnte sein Bruder, mit dem er sich überworfen hatte.
Meist zeugen die aufwändigen Gebäude in ihrem Formen- und Ideenreichtum vor allem von der Weltgewandtheit ihrer Erschaffer, denn nicht selten unternahmen diese ausführliche Bildungsreisen durch zahlreiche europäische Länder und ließen sich von den dortigen Architekturspielereien inspirieren.

Sprachlich-stilistisch lassen Tim Knox (Einführung) und Caroline Holmes (Text) keine Wünsche offen. Eine Menge Informationen werden kompetent und doch nie langweilig vermittelt. Der Stil ist mitunter von dem berühmten trockenen, englischen Humor geprägt, was hervorragend zum Thema passt. Ergänzt werden die Texte von Nic Barlows hervorragenden Fotografien, die die heiter-bizarre Welt der architektonischen Narrheiten lebendig werden lassen.


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
In diesem Buch lernt man eine Menge. Nach dem Vorwort wird der Leser durch die einzelnen Epochen geführt. Vom 16. Jahrhundert bis in die heutige Zeit kann man in den exzentrischen Welten europäischer Staffagebauten schwelgen.
Das Zusammenspiel von Bild und Text ermöglicht dabei eine sehr entspannende Form der Informationsaufnahme. Die Texte sind auch für Laien gut verständlich. Fachbegriffe aus den Bereichen Architektur und Kunstgeschichte werden jeweils kurz erklärt, ohne dass sich die Autorin in allzu abschweifenden Ausführungen verliert. Die zahlreichen Anekdoten, die die Entstehungshintergründe erläutern, lockern die gehaltvollen Texte auf und machen die Lektüre auch für Nicht-Architekten zu einer unterhaltsamen Angelegenheit. Das Buch eignet sich also nicht nur für architektur-, kunst- und kulturhistorisch Interessierte, sondern für all jene, die den „Verrücktheiten“ vergangener Epochen, aber auch der heutigen Zeit, auf die Spur kommen möchten.
Bildungsreisende können Dank des ausführlichen Adressverzeichnisses im Anhang auf ihrer ganz persönlichen ‚Grand Tour‘ zu allen im Buch beschriebenen Bauten ganz einfach hinfinden.


Aufmachung des Buches
„Von Lustschlössern, Tempeln und Ruinen“ ist ein opulenter Bildband, der seinen Preis auf alle Fälle wert ist. Das Cover zeigt eine ‚follie‘ aus dem 20. Jahrhundert: Die zum Chateau de Groussay (etwa 50 km südwestlich von Paris gelegen) gehörige Pyramide mit Muschelgrotte, die 1968 entstand. Bei mir haben Cover und Titel sogleich Interesse erregt, weil sie ein außergewöhnliches Thema versprachen. Und dieses Versprechen wurde auf alle Fälle eingelöst.

Aufgrund des großen Formates (25 x 29 cm) und der aufwändigen Aufmachung ist der repräsentative Bildband sicherlich auch als hochwertiges Geschenk hervorragend geeignet.


Fazit
Ein wunderschön gestalteter Bildband, der sowohl inhaltlich als auch durch seine Aufmachung zu überzeugen weiß. Diese Einführung in die Welt der Architekturspielereien ist nicht nur als ein der Entspannung dienendes Coffee Table Book, sondern auch als lehrreiche und doch höchst unterhaltsame Lektüre geeignet. Sehr zu empfehlen!



Hinweise
Rezension von Sigrid Grün
Herzlichen Dank an die DVA (Verlagsgruppe Random House) für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

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