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Max Scharnigg beackert zusammen mit seiner Freundin ein Stück Land vor den Toren Münchens. In seinem Buch berichtet er von den ersten Gehversuchen der beiden Städter als Hobby-Landwirte, von Schneckenplagen und Wetterkapriolen, Zuchterfolgen und Missernten. Ein großartiges Lesevergnügen für alle, die mit dem Gedanken spielen, mal aufs Land zu ziehen, aber - wenn sie ehrlich sind - die Stadt am Ende doch nicht verlassen werden.  

 

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Autor: Max Scharnigg
Verlag: Fischer Verlag
Erschienen: April 2012
ISBN: 978-3-596-18866-6
Seitenzahl: 224 Seiten

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Die Grundidee der Handlung

Geht das denn? Kann man einen Garten-Liebesroman schreiben? Es geht. Max Scharnigg tarnt seinen Liebesroman als Erfahrungsbericht eines Gartenneulings. Oder ist es doch eher umgekehrt, sind die Liebeserklärungen und liebevollen Beschreibungen des lieben Fräuleins, wie er seine Freundin nennt, dazu da, den Erfahrungsbericht aufzupeppen? Keins von beidem. Es geht in dem ganzen Buch immer wieder um das Glück zu lieben – das liebe Fräulein und den Garten (der eigentlich ein Ackerstück ist). Das Glück zu säen, zu ernten, zu kochen, mit Freunden und Verwandten zu feiern und dem eigenen Leben wieder ein bisschen näher zu sein, es geerdet zu haben. Das alles seinen Lesern mitzuteilen ist Scharnigg ganz ausgezeichnet gelungen: Gartenbesitzer und Liebende werden auf jeden Fall auch ein bisschen glücklich sein, wenn sie das Buch lesen. Und alle anderen hoffe ich auch.


Stil und Sprache
Scharnigg hätte eigentlich auch ein Sachbuch über die Erfahrungen, die Lust und den Frust, Gartenbesitzer zu sein, schreiben können, als Journalist wohl eine eher leichte Übung. Daten, Fakten und eine Prise Emotionen hätten gereicht. Statt dessen verschwindet der Journalist fast ganz hinter dem Ich-Erzähler. Nur manchmal scheint sein Brotberuf durch, wenn er sich, wohldosiert und milde, in Zivilisationskritik übt. Dagegen ist er über weite Strecken witzig bis satirisch, manchmal nachdenklich, emotional, philosophisch und poetisch. Man könnte nun denken, dass  die Liebeserklärungen an das liebe Fräulein reine Poesie sind, aber weit gefehlt. Seine schönste Poesie hebt er sich für die Erbsen und ihre weißen Blüten auf. Die Liebe zum lieben Fräulein durchdringt das ganze Buch und kann nicht von seinen Erfahrungen auf dem Acker und mit dem Acker getrennt werden, schon gar nicht stilistisch. Das könnte ganz schön kitschig wirken, wenn Scharnigg nicht über eine gute Portion Selbstironie verfügen würde, die viel zur heiteren Atmosphäre des Romans beiträgt.

Loben muss ich noch sein Talent, die Gemütslage des Neugärtners zu beschreiben – die Euphorie, die ihn bei der ersten Ernte (von Radieschen) befällt, die Angstgefühle über die Nachricht, dass es Hagelschauer geben wird und schließlich, wie sich nach und nach eine gewisse Gelassenheit einstellt. Gelungen sind ihm auch die Beschreibung des Ackers und der Stadt, der Ernte und der Ernteverarbeitung – manchmal konnte ich sogar den Geruch von Schnittlauch oder Petersilie wahrnehmen.

Auffällig sind bei ihm Wortneuschöpfungen und grammatikalisch unvollständige Sätze. Beides gefällt mir, könnte aber manchen Leser stören. Mich nervt etwas anderes – ob nun Absicht des Autors oder nicht – ein bisschen weniger Produktwerbung wäre besser gewesen.


Figuren
Die Hauptfiguren sind natürlich der Autor selbst und das liebe Fräulein, die man recht gut kennenlernt. Das Ackerstück selbst hält sich unauffällig im Hintergrund, aber so manches Gemüse entpuppt sich als Charakterkopf oder Lieblichkeit. Auch die Nebenfiguren wie Kräuter oder Blumen, haben starke Auftritte und selbst die Schurken wie der Löwenzahn und weiteres Unkraut besitzen Persönlichkeit.

Menschliche Nebenfiguren treten in diesem Stück eher selten auf, aber dem Autor gelingt es sehr gut, mit wenigen Pinselstrichen diese zu charakterisieren. Den schweigsamen Gartennachbar oder die Frau Haindel glaubt man persönlich zu kennen. Eher allgemein fällt dafür die Darstellung der Randfiguren, Freunde und Verwandten aus, und da sie nur als Statisten oder Stereotypen benötigt werden, ist das auch kein Manko des Buches.


Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuches zeigt das Bild eines abstrahierten Ackers, das sich um den ganze Einband zieht. Ein schwarzer Spaten macht noch einmal deutlich, um was es in diesem Buch geht, denn der Titel ist ja immerhin zweideutig. Die Kapitelüberschriften sind deutlich in fetten, schwarzen Buchstaben hervorgehoben. Absätze innerhalb der Kapitel werden durch das Symbol einer Karotte oder Zucchini getrennt. In den Text eingefügt ist die sogenannte "Einzelkritik" – eigentlich eine kleine Kolumne, in der der Autor sich so seine Gedanken zu einzelnen Themen wie Ringelblumen oder das Wetter macht. Die "Einzelkritik" wird optisch durch Kursivschrift und eine Ackerfurche mit Spaten hervorgehoben.


Fazit
"Feldversuch" ist ein heiterer, liebevoller Unterhaltungsroman, der auch etwas Tiefgang nicht scheut. Nicht nur Gärtnern und Verliebten zu empfehlen.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Ein paar Fotos sowie ein Porträt des Gartens und seiner Besitzer findet sich hier: Mein Traum vom Landgarten (Ilga Eger)

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