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„Bis zum letzten Atemzug werde ich der Schatten auf dem Familienporträt sein, die Stimme in euren Köpfen, die nach Rache schreit!! Der Albtraum, der eure Betten heimsucht!!“

Brest 1857. Zehn Jahre nach ihrer schicksalhaften Begegnung mit Bernard Sambre erduldet Julie Saintagne die Hölle auf Erden. Wegen Mordes und „revolutionärem Umtrieb“ zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt, fristet sie ihr Dasein hinter meterdicken Kerkermauern. Bis zum fernen Herrensitz der Sambres scheint ihr unbändiger Hass zu schlagen, wo die wahnwitzige Prophezeiung des alten Hugo Sambre lebendiger ist denn je: Julies rote Augen werden der Untergang des Geschlechtes sein. So rüstet man für den nächsten Schachzug im „Krieg der Augen“…

Mit dem düster-romantischen Historien-Drama Sambre hat Yslaire einen modernen Klassiker des europäischen Comics geschaffen. Verflucht sei die Frucht ihres Leibes! bildet den Auftakt zum langerwarteten zweiten Zyklus der Serie.

 

Sambre Verflucht sei die Frucht ihres Leibes 

Originaltitel: Sambre, tome 5 - Maudit soit le fruit de ses entrailles...
Autor: Yslaire
Übersetzer: Marcel Le Comte
Illustration: Yslaire
Verlag: Carlsen Comics
Erschienen: September 2009
ISBN: 978-3-551-77945-8
Seitenzahl: 48 Seiten
Altersgruppe: ab 15 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Sieben Jahre nach Erscheinen des 4. Bandes setzte Yslaire im Jahr 2003 seine Erfolgsserie Sambre um den jüngsten Spross des französischen Adelsgeschlechts, Bernard-Marie Sambre, in einem neuen Zyklusbeginn fort. In der Handlung sind seither zehn Jahre vergangen. Julie fristet ihr Dasein hinter dicken Gefängnismauern, Bernard Sambre ist tot, ihr gemeinsamer Sohn Bernard-Marie wurde seiner Mutter gleich nach der Geburt weggenommen und von Bernards Schwester Sarah adoptiert.

Stimmungsmäßig genauso düster und bedrückend wie seine Vorgänger aus den 1990er Jahren, ist der erste Band des neuen Zyklus‘ mehr eine Bestandsaufnahme, als dass in der Handlung wirklich etwas vorangeht. Auf den letzten Seiten verlässt Julie dann aber die düsteren Gefängnisverliese, indem sie auf Beschluss von Napoleon III. zusammen mit anderen Sträflingen im Zuge der Kolonialisierung der Neuen Welt nach Guyana zwangsdeportiert wird, was mich nun auf mehr im nächsten Teil hoffen lässt. Im 2. Erzählstrang beginnt der etwa zehnjährige Bernard-Marie unangenehme Fragen über seine Eltern zu stellen, die seine Tante Sarah mit recht unbarmherzigen Erziehungsmethoden einzudämmen versucht. Auch davon erhoffe ich mir mehr im Fortsetzungsband, der im Mai erscheinen soll.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Für mich persönlich gibt es keine andere Comicreihe, die einerseits so düster und gleichzeitig so faszinierend schön illustriert ist. Absolut erstaunlich in diesem Band finde ich, wie mühelos Yslaire die siebenjährige Pause überbrückt und seinem Stil treu bleibt. Den Bildern ist die große Zeitspanne überhaupt nicht anzusehen. Seine monochrome Farbpalette mit allen nur erdenklichen Nuancen zwischen Schwarz, Grau, Braun und Beige besticht wie eh und je. Genauso dürfen die charakteristischen Rot-Akzente z.B. in Julies Augen und ihrem Kleid oder in den Haaren der Sambres auch diesmal nicht fehlen.

Die erste Hälfte des Bandes begleitet zunächst Julie. Mit kurzgeschnittenen Haaren wie ein Junge, einer langen Narbe auf der Wange und sichtlich gealtert, ist sie kaum wiederzuerkennen. Es scheint, als hätte jeder einzelne Tag dieser zehn Jahre im Gefängnis ein Stück von ihrer einstmaligen Schönheit und Ausstrahlung genommen. Demütigungen und Folterungen zollen ihren Tribut, doch innerlich ist sie immer noch die gleiche, widerspenstige Kämpfernatur, die nur widerwillig einer Zwangsdeportation in die Neue Welt zustimmt. Vielleicht waren es Julies Träume und Erinnerungen - veranschaulicht in zwei sehr schönen Szenen -, die sie in der Hölle überleben ließen: Einmal erscheint Bernard seiner Geliebten in geisterhafter Gestalt, nimmt sie in die Arme und tröstet sie (Seite 16). Auf Seite 19 sitzt Julie zusammengekauert auf dem Fußboden, während über ihr an der Steinmauer Versatzstücke ihrer Erinnerung wie ein großes Wandgemälde erstehen.

In der zweiten Buchhälfte steht Bernard-Marie im Mittelpunkt, der das kindliche Ebenbild seines Vaters, Bernard Sambre, ist - zwar ist das Gesicht noch runder und die Augen größer geformt, ihm wurden aber auch die typische Hakennase und die tiefschwarzen Augen der Sambres vererbt. Er ist wohl ein sehr einsamer, verängstigter Junge, immer nur von seiner Tante und dem Hausmädchen in dem düsteren Sambre-Anwesen umgeben. Trotzdem scheint er auch ein wenig vom rebellischen Wesen seiner Mutter abbekommen zu haben, denn mitunter zeigt er sich ganz schön frech und aufmüpfig gegen die beiden Frauen. So drängt er z.B. seine Tante solange, bis ihm diese ein wenig über seine Eltern verrät. Die Rückblendepanels wirken an der Stelle wie eingerahmt mit dem Erzähltext oberhalb der Illustration und einer schwarzen Umrandungslinie mit abgerundeten Ecken umgeben (Seiten 36-37). Natürlich ist es Sarahs eigene, nur in ihrem Kopf existierende Wahrheit, die sie Bernard-Marie erzählt.


Aufmachung des Comics
Im Jahr 2009 etwa zur gleichen Zeit wie der Sambre Sammelband 1-4 verlegt, zeigen die beiden Hardcover Bände eine auffallende Ähnlichkeit in der Aufmachung: die Buchdeckel matt und mit einer rot eingefärbten Illustration gestaltet, der „SAMBRE“ Namenszug in schwarzem und der Titel darunter in apricotfarbenem Spotlack, die Vor- und Nachsatzblätter grau marmoriert und in der linken unteren Ecke mit einer Blutspur „dekoriert“. Das Einzige, was hier im Vergleich zur Gesamtausgabe fehlt, ist natürlich der Anhang.


Fazit
Düster und faszinierend - also typisch „Sambre“ - ist auch Teil 5 der Reihe. Nur inhaltlich ist mir der Auftaktband des 2. Zyklus noch zu verhalten, als dass eine Höchstwertung gerechtfertigt wäre. Hier heißt es abwarten, wie sich die Dinge um Julie und ihren Sohn Bernard-Marie entwickeln. Schon im Mai ist es soweit, da nämlich soll die Fortsetzung erscheinen.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Sammelband 1-4: Der Krieg der Augen

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