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Kategorie: Geschichte

Flucht und Vertreibung, Aufbruch und Diaspora kennzeichnen die wechselvolle Geschichte des jüdischen Volkes. Doch dieses Buch möchte nicht nur historische Fakten wiedergeben, sondern einen anderen Blickwinkel auf dieses Stück Weltgeschehen eröffnen. Drei Erzählebenen verdichten sich zu einer vielseitigen und tiefgehenden Darstellung der Geschichte der Juden – eine ausgedehnte Reise durch Länder, Völker und Jahrhunderte.
In alle Windrichtungen führt der oft dornige Weg durch Raum und Zeit: vom Zweistromland über Jerusalem nach Andalusien und Deutschland, nach Prag, Venedig und Konstantinopel. Wir begegnen fiktiven Figuren, biblischen Gestalten, und auch weniger bekannten, jedoch nicht weniger beeindruckenden Persönlichkeiten … Eindrücklich erzählt Waldtraut Lewin nicht nur von Vertreibung und Schrecken, sondern auch von Hoffnung, von Menschen, die mutig ihren Weg gingen …

 

Der Wind traegt die Worte 

Autor: Waldtraut Lewin
Verlag: cbj
Erschienen: 27. Februar 2012
ISBN: 978-3570134825
Seitenzahl: 768 Seiten
Altersempfehlung: ab 12 Jahren

 


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Waldtraut Lewin ist eine Autorin, deren Bücher ein ganz besonderes Flair haben und die mit viel Feingefühl stets das Menschliche vermitteln.  Egal ob Sachbuch, Roman, Drehbuch, Märchen, Jugendbuch oder Biografie, Waldtraut Lewin bietet in allen Sparten perfekte schriftstellerische Leistungen, fern vom üblichen Mainstream.
Einen ziemlich dicken Schmöker hat man hier vor sich liegen und die Altersangabe ist vom Verlag ab 12 Jahren angegeben, was einem, nach dem Lesen des Buches, doch etwas sehr jung vorkommt. Das Buch ist zwar leicht zu lesen und sehr verständlich geschrieben, aber das Thema ist dennoch sehr komplex.

Ein Buch über die Geschichte der Juden. Nun, man könnte jetzt sagen, es gibt schon genug Bücher, die sich mit dem Judentum befassen, und das mag auch stimmen. Dieses Buch jedoch ist etwas ganz Besonderes - ist nicht einfach eine trockene Lektüre, in der Fakten und Annahmen abgehandelt werden, sondern ein Sachbuch, das sich schon wie ein Roman lesen lässt. Auch wenn man meint, schon vieles über die jüdische Geschichte zu wissen, wird man erstaunt sein, wie viel Neues man noch erfahren kann.
Es ist auch nicht notwendig, das Buch exakt von vorne bis hinten zu lesen, man kann sich nach Lust und Laune Kapitel aussuchen, die einen interessieren, und sich so quasi querbeet durch die jüdische Geschichte lesen.
Lewin ist keine Autorin, die die Ereignisse der Geschichte in schwarz-weiß-Schablonen presst. Wie in all ihren anderen Werken stellt sie auch hier die Juden als das dar, was sie sind: Menschen mit Stärken und Schwächen, Menschen wie wir selbst. Sie ergreift nie Partei, sondern skizziert auf subtile und spannende Weise das seit Jahrhunderten oft sehr schwierige Zusammenleben unterschiedlicher Glaubensrichtungen und überlässt es dem Leser, seine Schlüsse zu ziehen.

Ganz klar ist die Unterteilung des Buches, das sich aufgrund dessen wunderbar lesen lässt. Um dies zu verdeutlichen, ein Auszug aus dem Vorspruch des Werkes:

In dieser Schrift präsentieren sich die Fakten
In dieser Schrift wird berichtet.
In dieser Schrift wird erzählt.

Alleine an dieser Einteilung ist ersichtlich, dass dieses Buch alles andere als eine trockene Lektüre über die Vergangenheit ist. Wer die Romane der Autorin kennt z.B. „Die Jüdin von Konstantinopel“, wird auch auf alte Bekannte stoßen und deren Geschichte nochmals aus anderem Blickwinkel erleben.
Dieses Buch umfasst eine große Zeitspanne; vom Anbeginn und der Entstehung des jüdischen Glaubens bis ins späte 17. Jahrhundert erfährt man die wichtigsten, und leider nicht immer schönen, Begebenheiten um das jüdische Volk.
Neid, Unwissenheit und Ignoranz schaffen es oft heute noch, dass „anders“ lebenden Kulturen mit Angst, Vorurteilen und leider oft auch Hass begegnet wird. Dieses Buch ist auf jeden Fall ein Beitrag, nicht zu mahnen oder den Zeigefinger zu erheben, sondern zu erklären, zu veranschaulichen und zu zeigen, was wirklich hinter einer etwas anderen Lebensweise steckt.

Einen zweiten Band, der an dieses Werk anschließt und auch das wohl grausamste und unfassbarste Kapitel der Juden erzählt, hat die Autorin bereits in Arbeit, und er wird voraussichtlich 2013 erscheinen.


Aufmachung des Buches
Ein wunderschön aufgemachtes Hardcover, das nicht nur optisch besticht, sondern auch qualitativ. Der elegant cremefarbene Ton zieht sich vom Schutzumschlag, über den kartonierten Einband bis zu den im selben Ton gehaltenen Seiten. Einziger Farbtupfer ist ein kräftiges Rot, in dem der Titel des Werkes auf dem Umschlag steht.
Auch inhaltlich lässt dieses Werk nichts vermissen: Begleitwort, Vorspruch, Hauptteil, Epilog, zwei ausführliche Glossare, eine Zeittafel und zu guter Letzt ein Inhaltsverzeichnis bieten nicht nur eine gute Übersicht, sondern sind auch äußerst hilfreich, um bestimmte Ereignisse finden zu können. Einzig ein - oder in diesem Fall vielleicht sogar mehrere - Lesebändchen, hätten dieses schöne Buch noch perfekter gemacht.


Fazit
Ein außergewöhnliches und äußerst interessantes Buch über die Geschichte der Juden. Eindrücklich und objektiv erzählt Waldtraut Lewin eine tausendjährige Geschichte, die weltoffene und intelligente Menschen begeistern wird und aus der man noch viel Neues erfahren kann. Ein wirklich empfehlenswertes Buch, nicht nur für wissbegierige Jugendliche, sondern auf jeden Fall auch für Erwachsene, die sich mit dieser Thematik eindringlicher auseinandersetzen wollen.


5 Sterne


Hinweise
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