Smaller Default Larger

An einem verregneten Nachmittag in einem Vorort von Stockholm: Unter dem Küchentisch versteckt muss die fünfjährige Tilde mit ansehen, wie ihre Mutter bestialisch zu Tode getreten wird. Sie ist die einzige Zeugin dieses schrecklichen Verbrechens, kann sich nur vage an das Aussehen des Täters erinnern. Zur gleichen Zeit trifft die Psychotherapeutin Siri Bergmann fünf neue Patientinnen, die sich zu einer Selbsthilfegruppe zusammengefunden haben. Alle waren sie männlicher Gewalt ausgesetzt, alle haben sie schreckliche Geschichten zu erzählen über verratene Liebe, Schläge, Erniedrigungen. Doch schon bald schlägt das Bemühen um Heilung und die Suche nach Versöhnung um – in die Jagd nach einem besessenen Mörder, der seine erste Tat an einem verregneten Vormittag in einem Vorort von Stockholm beging …

 

Das Trauma 

Originaltitel: Bittrare än döden
Autor: Camilla Grebe & Ǻsa Träff
Übersetzer: Gabriele Haefs
Verlag: btb
Erschienen: 10/2011
ISBN: 978-3442752591
Seitenzahl: 446 Seiten

Hier geht's zur Leseprobe



Die Grundidee der Handlung
Der Klappentext sagt schon relativ viel über die beiden Handlungsstränge dieses zweiten Romans um die Psychotherapeutin Siri Bergmann: Siri, die selbst noch etwas angeschlagen nach den Ereignissen des ersten Bandes (Die Therapeutin) ist, muss sich beruflich erneut mit Gewalt auseinandersetzen. In einer Selbsthilfegruppe treffen fünf Frauen und ihre Gewalterfahrungen aufeinander und Siri weiß oft nicht, ob sie selbst die Therapeutin ist oder doch eher betroffenes Mitglied der Gruppe. Zusammen mit ihrer Kollegin Aina begleitet sie die Frauen und als der Verdacht der Verantwortung für einen brutalen Mord (der zweite Handlungsstrang) auf den Exfreund einer der Frauen fällt, werden die Dinge kompliziert. Dann gibt es noch eine Tote und am Ende weiß niemand mehr so recht, wer Täter und wer Opfer ist.

Auch in ihrem zweiten Roman konzentrieren sich die beiden Schwestern Camilla Grebe und Ǻsa Träff wieder stark auf die Psychologie in ihren Fällen. Wer wird warum zum Opfer? Wer zum Täter? Kann man beide Verhaltensmuster in sich tragen? Solchen Fragen gehen die beiden nach, nicht ohne ihre Protagonistin Siri Bergmann durch einige Höhe und Tiefen zu schicken. Im Gegensatz zum ersten Teil ist Siri nicht so sehr selbst Zielscheibe des Täters und dadurch zieht sich die Handlung manchmal etwas in die Länge und kommt insgesamt erst spät auf den Punkt. Was den Täter und sein Motiv angeht, so hat man davon sicher schon gelesen, wirklich neu ist da leider wenig.


Stil und Sprache
Wie schon erwähnt, ist Das Trauma nicht atemberaubend spannend, sondern wird eher Lesern zusagen, die viel Wert auf die Hintergründe des Falles legen. Wie schon im ersten Teil nehmen Therapiesitzungen einiges an Raum ein, was bei den Gesprächen der Selbsthilfegruppe ja noch plausibel erscheint. Die immer wieder stattfindenden Paartherapiestunden mit einem jungen Ehepaar hingegen haben mich am Ende etwas ratlos zurückgelassen und wirken eher wie Füllmaterial, um ein bisschen Text zu generieren. Interessant und wichtig sind im Gegensatz dazu die kurzen Protokolle und Arztberichte, die immer wieder zwischen einzelnen Kapiteln die Entwicklung eines Kindes beschreiben, von dem man schnell ahnt, dass es sich dabei um den späteren Täter handeln wird.

Siri erzählt den Großteil der Geschichte in der dritten Person selbst, bleibt dabei in der Gegenwart und erzeugt so große Nähe. Typisch für sie sind eine Menge innere Monologe, in denen sie sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzt, aber dazu später mehr. Insgesamt sehr detailliert, aber mit eher kurzen, klaren Sätzen schildern die beiden Autorinnen ihre Story; das ist leicht zu lesen, wirkt aber nicht oberflächlich, weil sie sich – wie oben schon erwähnt – mit vielen komplexen Verhaltensweisen und psychologischen Hintergründen beschäftigen. Ein paar hübsche Formulierungen und sprachliche Bilder finden sich auch immer wieder („Mein Leben ist wie Wasser, das die Umgebung widerspiegelt, aber keine Farbe oder Geschmack hat. Es fließt davon, wenn man versucht, es einzufangen.“ Seite 60), man muss nur etwas aufmerksamer lesen, um sie zu finden zwischen vielen Fachtermini und psychologischen Details.

Am Ende bekommt der Leser dann einen Thriller der leisen Töne, zwar gibt es ein rasantes Finale, das aber ist eher konventionell konstruiert und der Täter nicht ganz so geschickt verschleiert wie im ersten Fall.


Figuren
Siri Bergmann ist eine Protagonistin, die man nicht auf den ersten Blick sympathisch findet, das war schon bei unserer ersten Begegnung so und richtig gut leiden kann ich sie immer noch nicht. Ein bisschen eigenbrötlerisch veranlagt, stur bis zur Bockigkeit, hat sie sich dennoch auf eine Art Beziehung mit dem Polizisten Markus eingelassen. Der hat es nicht leicht mit ihr, denn als sie feststellt, dass sie schwanger ist, wird das Verhältnis der beiden nicht unkomplizierter, ganz im Gegenteil. Dieser Teil der Geschichte ist dann etwas anstrengend, denn Siri will zwar ein Kind, aber Markus nicht bei sich wohnen haben und trotz aller umständlichen Gedankengänge, die sie so bewegen, ist es mir nicht gelungen, mich in sie und ihre teilweise kruden Ideen hineinzuversetzen.

Auch die Menschen um Siri herum sind wirklich problembeladen, sie wirken zwar alle authentisch und lebensnah, aber irgendwann werden einem als Leser die Krisen einfach zu viel. Da sind natürlich die Frauen der Selbsthilfegruppe, die logischerweise alle ihre Schwierigkeiten haben, aber auch Aina stolpert von einer unglücklichen Beziehung in die nächste, Vijay, Siris anderer Kollege, wird von seinem langjährigen Partner sitzen gelassen, die Sekretärin der Therapiepraxis ist offenbar auch irgendwie gestört – nein, das ist einfach zu viel des Guten. Insgesamt sind die Charaktere aber gut ausgedacht, dennoch hätte man nicht alle möglichen Probleme in dieses eine Buch packen müssen.


Aufmachung des Buches
Das großformatige Taschenbuch erinnert stark an den ersten Band und ist sehr ähnlich mit einem rot verfremdeten Bild als Cover ausgestattet. Wiederum ist dort eine Küstenlandschaft zu sehen, die unter einem dunklen Himmel Bedrohlichkeit ausstrahlt. Innen sind die recht langen Kapitel mit Zeit und Ort der Handlung überschrieben, um eine Übersicht zu gewährleisten.


Fazit
Der zweite „Fall“ für Siri Bergmann wirkt zeitweise etwas bemüht, ist aber trotzdem leidlich spannend und interessant erzählt. Für alle, die nicht nur Action lesen möchten, sondern sich auch für die Hintergründe begeistern können.


3 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.dealt

Backlist:
Band 1: Die Therapeutin

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo