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Wer war Mathilde, die von 971 bis 1011 das Essener Stift und damit die Ländereien regiert hat, die heute die Stadt Essen sind? Monika Schneidereit begibt sich, ihrem eigenen Leben folgend, auf eine mitreißende Suche. Ihre Nachforschungen sind eine Leser und Leserinnen fesselnde Expedition in eine Zeit, die für uns längst im Halbdunkel der Geschichte versunken ist. Sie recherchiert mit zäher Geduld und Präzision über viele Jahre hinweg an vielen Orten die Lebensumstände der Menschen und der Mächtigen zu Mathildes Zeit. Wer war diese Frau? Und wer war der Teufel? Es gelingt Monika Schneidereit, Zusammenhänge zu entdecken, Indizien zu sezieren und sich zugleich so von Mathilde beflügeln zu lassen, dass sie am Ende den Teufel in Mathildes Leben dingfest machen kann.

 

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Autor: Monika Schneidereit
Verlag: Asso
Erschienen: Oktober 2011
ISBN: 978-3-938834-58-9
Seitenzahl: 367 Seiten


Inhalt, Stil und Sprache
Essen, 1961: Im Heimatkundeunterricht hört die 7jährige Monika zum ersten Mal von der Äbtissin Mathilde (953-1011), der Enkelin Kaiser Ottos I., die 40 Jahre lang dem Stift Essen vorstand und dessen weitläufige Ländereien regierte. Die Lehrerin, Fräulein Nüsse – der die Autorin ihr Buch widmet – erzählt ihren Zweitklässlern die Legende, wie Mathilde die sogenannte „Teufelssäule“ – die heute noch im Dom hinter dem Altar zu sehen ist – vom Höllenfürsten persönlich von Rom nach Essen schaffen ließ. Monika ist fasziniert von dieser Frau, die so lange vor ihr gelebt hat und die untrennbar mit der Geschichte ihrer Geburtsstadt verbunden ist.
Ein paar Jahre später zieht die Familie in einen Nachbarort, jedoch nah genug, dass durch Besuche in der alten Heimat und im Essener Dom Mathilde nie ganz in Vergessenheit gerät. Es dauert aber doch noch bis Anfang 2005 - als Monika Schneidereit sich von einem Unfall erholt und Freunde sie zu einer Ausstellung über Frauen im Mittelalter mitnehmen - dass ihr Interesse für die große Äbtissin neu geweckt wird und sie so sehr beschäftigt, dass sie beschliesst, mehr über Mathilde herauszufinden, ja, vielleicht sogar ein Buch über sie zu schreiben.

Mit dieser Vorgeschichte beginnt die Autorin ihr „Roman-Tagebuch“, wie sie es bezeichnet – denn tatsächlich wählt sie diese Form des Schreibens und dazu die ganz normale „Alltagssprache“, um sich Mathilde über die Jahrhunderte hinweg Schritt für Schritt anzunähern. Zunächst hat sie noch große Zweifel, ob sie wirklich die Geschichte dieser Frau erzählen soll – erzählen kann. Sie ist keine Historikerin, weiß eigentlich nur, was sie in der Schule und bei den Besuchen im Essener Dom über Mathilde gehört hat. Dazu kommt, dass sie beruflich sehr eingespannt ist – und doch lässt sie das Thema nicht los, bereitet ihr „…Herzklopfen“ … und dem historisch interessierten Leser ebenfalls.

Enthalten Monika Schneidereits datierte Aufzeichnungen daher anfangs noch sehr viele Aussagen über ihren eigenen Alltag – ihre Arbeit, Begegnungen und Briefwechsel mit Freunden, Rückblicke auf ihre eigene Kindheit – nimmt ihre Suche nach Mathilde nach und nach einen immer breiteren Raum ein. Sie trägt zusammen, was über ihre Herkunft und ihre Familie bekannt ist, welche Stellung Mathilde darin innehatte, und versucht ihr näher zu kommen, indem sie auf ihren Spuren verschiedene Orte aufsucht – Kirchen und Kaiserpfalzen in Mainz, Köln, Ingelheim und Quedlinburg – wo die Enkelin Kaiser Ottos I. sich nachweislich aufgehalten hat. Dazwischen liegen immer wieder Wochen, manchmal auch Monate, wo die Autorin von ihren eigenen Angelegenheiten so in Anspruch genommen ist, dass Mathilde zurückstehen muss.

So dauert es 6 Jahre, bis Monika Schneidereit ihr Ziel erreicht hat: Mathilde zu finden, mit ihr „Zwiesprache“ zu halten und sich über den Zeitraum vieler Jahrhunderte hinweg mit ihr verbunden zu fühlen. Tatsächlich erschien ihr Buch einen Monat vor Mathildes 1000stem Todestag.


Aufmachung des Buches
Das Hardcover ist in rotes Leinen gebunden und trägt auf dem Rücken in Goldschrift den Namen der Autorin, sowie den Titel „meine Mathilde“. Die einzelnen Kapitel - bzw. Tagebucheinträge – sind datiert, manchmal nur nach Jahreszeit oder einem bestimmten Zeitraum, sehr oft aber auch auf ganz genau bezeichnete Tage. Manche umfassen nur wenige Sätze, andere mehrere Seiten. Vor jedem neuen Abschnitt steht der Anfangsbuchstabe in Übergröße und ist im Stile einer Federzeichnung mit Blüten und Blättern verziert.

Am Ende des Buches zeigt ein Stammbaum Mathildes Vorfahren – von Liudolf, der der Familie den Namen gab, bis zu seinem Urenkel Otto I. – und ein zweiter ihre engste Familie, nämlich ihren Großvater Otto I. mit seinen Kindern aus zwei Ehen und seinen Enkelkindern, von denen sie das älteste war. Anmerkungen und eine Danksagung der Autorin beenden das Buch, zu dem auch ein Lesebändchen gehört.

Das dunkle Rot des Schutzumschlages umgibt eine große, schattenhafte Frauengestalt in einem weitfallenden Gewand. Unter dem Namen der Autorin und dem Titel ist die „Goldene Madonna“ aus dem Essener Domschatz abgebildet, deren Leuchten sehr schön mit dem schwarzen Hintergrund harmoniert.


Fazit
Dieses Buch ist keine Biografie und auch kein historischer Roman, was ich – wie ich zugeben muss – dem Titel nach zunächst erwartet habe. Dennoch hat es mich nicht enttäuscht, denn es hatte einen ganz eigenen Reiz, die Autorin „vom Heute in die Vergangenheit“ zu begleiten, zumal ich selbst nur 2 Jahre vor Monika Schneidereit in Essen geboren wurde. Ich denke aber, dass diese "Spurensuche" auch andere, geschichtlich interessierte Leser in ihren Bann ziehen wird.


4 Sterne


Hinweise
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