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Im Mittelalter brachten die Templer das magische Buch des Abyssus von Jerusalem nach Paris. Seine unheilvolle, zerstörerische Kraft setzen moderne „Hexen“ im 21. Jahrhundert frei. Der schwarze Abgrund öffnet sich unter Paris – und Alan Osborne ist mitten drin ...

 

  Autor: Peter Mennigen
Verlag: Schenk Verlag
Erschienen: 10/2008
ISBN: 978-3-939337-55-3
Seitenzahl: 671 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Der Begriff „Abyssus“ entstammt der Terminologie der Kabbala. Er bezeichnet den Abgrund zwischen der Trinität Gottes und seiner Schöpfung, die der Südenfall voneinander trennt. Zur Überwindung dieser Kluft schuf Gott ein System von zehn Stufen: die Sefiroth. Diese führen zu Gott oder sogar zur Vergöttlichung. Allerdings ist der Weg dorthin ein nicht ungefährliches Unterfangen, denn die Kabbala verwendet für „Abyssus“ auch den Begriff „Abaddon“, womit das Totenreich „Sche’ol“ gemeint ist, in dessen bodenlosen Tiefen die elfte Sefira namens Daath, der leibhaftige Tod, haust.
Der Computerspezialist Alan Osborne ist Erbauer des ersten Rechners mit künstlicher Intelligenz. Während seines Aufenthaltes auf einer IT-Messe in Paris begleiten wir ihn auf seiner Reise durch die dunkle Geschichte der Stadt und die mysteriöse Welt von Hexen und Geheimgesellschaften. Es ist eine Expedition ins Reich der Magie, der Kabbala und der Bibel. Dabei lüftet sich das größte Geheimnis der Bruderschaft der Tempelritter, deren letzter Vertreter das Mysterium des „Abyssus“ hütet.
An der Seite des legendären Grafen von Saint-Germain kommt Alan Osborne einer finsteren Verschwörung auf die Spur, die das Universum in seinen Grundfesten erschüttern wird. Nicht ganz freiwillig begibt er sich auf einen Kreuzzug gegen eine Sippe ebenso geheimnisvoller wie verführerischer Hexen. Ihr Ritual befreit den höllengleichen Abyssus aus seiner Verbannung. Der infernalische Abgrund öffnet sich unter dem Zentrum von Paris und löscht jede Form von Materie aus. Die Schöpfung droht so zu enden, wie sie vor Äonen begonnen hatte: mit der Verschmelzung von Materie und Antimaterie.


Stil und Sprache
Der Autor hat es verstanden, mehrere ganz unterschiedliche Genres in einem Buch zusammenzufassen, ja eigentlich untrennbar miteinander zu verknüpfen. Die Geschichte startet als flotter Thriller. Gut, die Figur, die uns als Erste begegnet, ist eine Kakerlake. Das ist nun nicht unbedingt thrillermäßig, aber auf jeden Fall ein grandioser Einstieg. Der erste Tote folgt dann aber auch ziemlich schnell. Fast unbemerkt wird aus dem reinen Thriller ein Mystery-Thriller, in dem Hexen und blutige Rituale eine große Rolle spielen. Spätestens, als der erste Tote zum Leben erweckt wird, wird aus Mystery blanker Horror. Bis zu einem hochdramatischen Ende lassen sich die Genres nicht mehr trennen. Über dem Ganzen liegt, sozusagen als verbindendes Element, die Wissenschaft. Schließlich ist der Protagonist Computerexperte und ein absolut rational denkender Mensch.
Peter Mennigen erzählt den ersten Teil der Geschichte in der Er-Form aus Sicht von Alan Osborne. Wir begleiten Alan und können, genau so wie er, gar nicht fassen, was alles auf einer ganz harmlos beginnenden Dienstreise nach Paris passieren kann. Alan wird durch die Geschichte getrieben, immer bemüht, am Leben zu bleiben und zu verstehen, um was es eigentlich geht. Der Leser kämpft mit Alan um dessen Leben. Die sehr ausführlichen Formulierungen machen es leicht, sich in Allan hineinzuversetzen.
Ungefähr zur Hälfte des Buches teilen sich die Geschehnisse in mehrere Handlungsstränge auf, was der Spannung aber überhaupt keinen Abbruch tut.
Der rasante Fortgang der Geschehnisse wird noch unterstützt durch detaillierte Zeit- und Ortsangaben, jeweils oberhalb eines neuen kleineren oder auch größeren Abschnittes. Diese Angaben sind im Großen und Ganzen sehr hilfreich, manchmal aber auch ziemlich nervig, wenn z.B. die Angaben im Minutentakt erfolgen.
Die gesamte Geschichte spielt sich innerhalb von vier Tagen ab. Schon daran merkt man, dass kaum Raum zum Verschnaufen und Luftholen bleibt, weder bei Alan Osborne noch beim Leser.
Durch die teilweise sehr ausschweifenden Formulierungen kann sich der Leser alle Begebenheiten gut vorstellen. Die Wegbeschreibung einer Taxifahrt durch Paris ist so ausführlich, dass man sie bestimmt nachfahren könnte.
Ich, als Nicht-Computerfachmann, hatte ein paar Bedenken, als der Begriff „Künstliche Intelligenz“ auftauchte. Diese Bedenken waren aber völlig grundlos. Alle wissenschaftlichen Bezüge sind so erklärt, dass auch Laien sie verstehen und daher in der Lage sind, der Geschichte ohne Schwierigkeiten zu folgen.


Figuren
Die aus meiner Sicht interessanteste Figur, ist die schon erwähnte Kakerlake. In ihr steckt mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich. Das trifft eigentlich auf alle Figuren in diesem Roman zu, besonders aber auf Alan Osborne, den genialen Computerspezialisten. Er ist das genaue Gegenteil eines gut aussehenden Helden, der alles im Griff hat und der mal eben im Alleingang die Welt vor dem Untergang rettet. Genau das macht ihn so sympathisch. Er ist Wissenschaftler durch und durch und glaubt daher nicht an Zauberei und Magie, an Hexen und ihre Rituale, an uralte Prophezeiungen  und ihre Erfüllung in der Gegenwart. Selbst, als er durch die Ereignisse gezwungen wird anzuerkennen, dass die Welt viel unerklärlicher ist, als er zunächst gedacht hat, klammert er sich weiterhin an seine Logik und Wissenschaft. Mit sicherem Gespür stapft er von einer Katastrophe in die nächste und kann, genau wie der Leser, gar nicht verstehen, was ihm da alles passiert. Manchmal ist er allerdings etwas sehr naiv, gerade, was sein Wirkung auf Frauen betrifft und an einigen Stellen habe ich gedacht, Allan, wie blöd bist du eigentlich? Aufgrund des ausführlich geschilderten Hintergrunds dieser Figur war mir klar, dass eine Frau wie Chantal nicht wirklich an ihm als Mann interessiert ist.

Seine Gegenspielerinnen sind die Damen des Hexenzirkels, die keine Gelegenheit auslassen, Osborne aus dem Leben scheiden zu lassen. Zu ihrem und unser aller Erstaunen erweist er sich jedoch als sehr zäh und widerstandsfähig. Auch die Hexen sind mit einer ausführlichen Vergangenheit ausgestattet, die ihre Motive nachvollziehbar machen.

Eine weitere interessante Figur ist der Graf von Saint-Germain, der nach eigenen Angaben schon ein paar hundert Jahre alt ist, was Osborne natürlich nicht glaubt. Das widerspricht jeglicher Logik.

Es gibt noch eine Reihe weiterer, für den Fortgang der Geschichte nötiger, Figuren, die alle sehr lebensnah beschrieben und mit gut nachvollziehbaren Motiven für ihr Verhalten ausgestattet sind.
Gerade in der zweiten Hälfte werden jedoch eine Menge Figuren eingeführt, die mit seitenlangen Vergangenheiten ausgestattet sind und dann nach kurzer Zeit zu Tode kommen. Hier wären ein paar Figuren weniger wünschenswert gewesen, da sie die Geschichte nur unnötig in die Länge ziehen.


Aufmachung des Buches
Auf dem Schutzumschlag der gebundenen Ausgabe ist die Hauptfassade der Kathedrale „Notre Dame“ in Paris abgebildet. Der Himmel ringsherum ist schwarz. Es zieht ein gewaltiges Gewitter auf.
Hinter der Festerrose leuchtet es glühend rot. Der Buchtitel „Abyssus“ steht in roten, leicht erhabenen, glänzenden Großbuchstaben über den Türmen. Die Buchstaben sind von feinen schwarzen Linien durchzogen. Die Bedeutung dieser Linien erschließt sich erst nach dem Lesen des Buches. Der Name des Autors steht in weißen Buchstaben darüber, der Untertitel „Der Abgrund“ darunter.
Auf der Rückseite findet sich eine kurze, sehr allgemein gehaltene Inhaltsangabe. Unter dem Text sind in einem kleinen Bildausschnitt gestapelte Totenköpfe zu sehen. Auch sie haben einen direkten Bezug zum Inhalt des Buches.
Auf der Umschlaginnenseite ist vorne eine ausführliche Inhaltsangabe und hinten eine Biografie von Peter Mennigen mit Foto. Auf dem eigentlichen Buchdeckel ist das Bild des Schutzumschlages aufgedruckt, diesmal aber in schwarz-weiß.
Es ist eine gelungene Aufmachung des gesamten Buches, die genau zum Inhalt passt. Ein Lesebändchen hätte dieser Ausstattung den letzten Schliff gegeben.

Der Text ist in 26 nummerierte Kapitel eingeteilt. Die Überschriften geben schon einen kleinen Vorgeschmack auf den Inhalt des Kapitels. In den einzelnen Kapiteln gibt es dann die schon erwähnten Orts- und Zeitangaben, die jeweils kursiv gedruckt und leicht abgesetzt sind.
Anzumerken wäre noch, dass der Text relativ klein gedruckt und damit anstrengend zu lesen ist. Auch ist das Papier ziemlich dünn, so dass ich zu Beginn häufig zwei Seiten auf einmal umgeblättert habe.


Fazit
„Abyssus“ ist eine sehr gelungene Mischung aus verschiedenen Genres, die wunderbar miteinander verknüpft sind. Es hat viele hochdramatische Szenen und der Leser hetzt förmlich mit dem Protagonisten durch diese vier Tage. Es verdient die Bezeichnung Mystery-Thriller zu Recht. Wer ein vielschichtiges, mit überraschenden Wendungen gespicktes Buch, ohne die platte Einteilung der Figuren in Gut und Böse sucht, ist hier genau richtig.


4 5 Sterne


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