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Die Begegnung mit ihm war wie eine Kollision gewesen und sie hatte gewusst, dass sie ihr Leben lang genau danach gesucht hatte: mit solcher Wucht mit einem anderen Menschen zusammenzuprallen, dass sie für einen Moment mit ihm verschmolz.

Eine karge, zauberhafte Inselgruppe voller wundersamer Bewohner - hierher kommt Ida zurück, um Antworten zu finden. Denn eine mysteriöse Veränderung geht mit ihr vor: Sie verwandelt sich zu Glas. Doch was Ida stattdessen findet, hier auf St. Hauda's Land, ist die große Liebe.

 

Das Maedchen mit den glaesernen Fuessen 

Originaltitel: The Girl With Glass Feet
Autor: Ali Shaw
Übersetzer: Sandra Knuffinke und Jessika Komina
Verlag: Script5
Erschienen: Januar 2012
ISBN: 978-3-8390-0131-8
Seitenzahl: 400 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Ida Maclaird kehrt auf die Insel St. Hauda's Land zurück, um bei dem zurückgezogenen Henry Fuwa Hilfe zu suchen - denn er war es, der ihr in ihrem Sommerurlaub von den mysteriösen Begebenheiten dieser Insel erzählte. Damals glaubte sie ihm kein Wort, doch nun erfährt sie am eigenen Leib, dass an den Geschichten viel mehr dran ist: ihre Füße verwandeln sich nach und nach zu Glas. Statt Henry Fuwa zu finden - den niemand zu kennen scheint -, trifft sie auf Midas Crook, einen passionierten Fotografen. Schon bald entstehen zarte Bande zwischen den beiden und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach einem Heilmittel für Ida.


Stil und Sprache
Ali Shaw verzaubert den Leser mit einer Geschichte der leisen Töne. Poetisch und atmosphärisch dicht, mit einem federleichten, malerischen Schreibstil, der die Figuren, Schauplätze und sogar seltsamen Tiere wie Ochsenmotten lebendig werden lässt: "Funkelnde Sterne hinter schneeschweren Wolken. Das gezackte Dach des abendlichen Waldes eine Drohung am Himmel." (Seite 173). Der Autor fasst Midas' Leidenschaft - die Fotografie - dermaßen eindringlich in Worte, dass es eine wahre Freude ist und der Leser die Liebe zur Fotografie beinahe schon selbst spüren kann.

In der dritten Person werden aus Sicht verschiedener Figuren die Begebenheiten wiedergegeben, wobei aus Midas' und Idas Sicht der überwiegende Teil der Geschichte erzählt wird. Greift der Autor meist auf einen personalen Erzähler zurück, scheint insbesondere dann, wenn aus Henry Fuwas Perspektive erzählt wird, ein allwissender Erzähler die Zügel in der Hand zu haben. Interessant ist der Kunstgriff, den Ali Shaw zum Ende eines der zahlreichen Kapitel verwendet: eigentlich aus Midas' Sicht erzählt, erfährt man (in Klammern gesetzt) auch, was in Ida vorgeht, wodurch die Szene besonders eindringlich wirkt.
Immer wieder taucht der Leser in die Vergangenheit ein, ohne dass diese Rückblenden störend die aktuelle Handlung unterbrechen. Vielmehr verleihen sie der Geschichte - sowohl den Figuren als auch dem Geschehen - Substanz, wobei sich die einzelnen Blitzlichter nach und nach zu einem zusammenhängenden Bild fügen.

Nervenzerreißende Spannung sucht man bei diesem einfühlsamen und sanften Schreibstil vergebens, doch diese hat der Roman auch nicht nötig. Ali Shaw packt den Leser mit der Geschichte und insbesondere den Figuren.


Figuren
In dieser Geschichte trifft der Leser nur auf eine Handvoll Figuren, wobei Ali Shaw sich mit jeder einzelnen unheimlich viel Mühe gegeben hat - selten trifft man auf eine dermaßen ausgefeilte und detaillierte Figurenzeichnung, sodass man mit jeder einzelnen hoffen, lieben und leiden kann. Im Mittelpunkt stehen dabei Midas Crook und Ida Maclaird. Midas, der Gesellschaft zu meiden versucht, fotografiert für sein Leben gern und mag Schwarz-Weiß - nicht nur in der Fotografie. Wie passend, dass Idas Gesicht nahezu monochrom wirkt ... Sie ist ein seltsames Mädchen, das - im Gegensatz zu Midas - nicht gerne allein ist. Besonders verblüffend, aber zum Charakter passend, ist ihre Stärke, mit der sie ihrem Schicksal begegnet und ihr Leben in vollen Zügen auszukosten versucht.

Darüber hinaus möchte ich besonders den eigenbrötlerischen und zurück gezogen lebenden Henry Fuwa erwähnen, der ebenso seltsam und faszinierend ist wie seine 'Haustiere'. "Er benutzte seine Stimme nicht oft. Seine Mandeln waren Mottenkugeln und seine Zunge eine quietschende Tür." (Seite 143). Auch die 7-jährige Denver - ein überaus aufgewecktes und schlaues Mädchen - schließt man schnell ins Herz.

Auffällig ist, dass nahezu alle Figuren zunächst unglücklich zu sein scheinen - und Ali Shaw zeichnet in diesem Roman ein stilles Portrait ihres (Seelen-)Lebens.


Aufmachung des Buches
Nicht nur das wunderschön gestaltete Cover, auch der silberne Schnitt bezaubern direkt und man mag das Buch erst mal nur anschauen und bewundern. Die Covergestaltung kann nur als gelungen bezeichnet werden und passt in seiner trostlosen Schlichtheit sehr gut zur Geschichte - ebenso wie der silberne Schnitt und das farblich passende Lesebändchen. So schön das in Weiß gebundene Buch ist, so sehr bleibt beim Lesen die Sorge, dieses zu verschmutzen ...

Die Kapitel sind weder durchnummeriert noch betitelt, sondern werden durch die Seitengestaltung vom restlichen Text hervorgehoben: Der linke Rand ist mit mittelgrau abgedruckten Blumen und Gräsern bedruckt, der erste Buchstabe ist in der gleichen Farbe geschwungen abgesetzt.


Fazit
Auf nach St. Hauda's Land, "wo die Gerüchteküche größeren Einfluss hatte als das Fernsehen. Wo die Nachbarn Geheimnisse schneller aufspürten als Krähen Aas." (Seite 77)
Ali Shaw legt einen Debütroman vor, der seinesgleichen sucht. Unbedingt lesen!


5 Sterne


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