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Tanz bis aufs Blut

Ein verlassener Flughafen, eine blutige Ballettinszenierung. Die brutal zugerichtete Leiche einer Tänzerin. Ein Junge, verschluckt von den endlosen unterirdischen Gängen. Und die grausame Botschaft an seine Mutter: Sie kann ihren Sohn nur retten, wenn sie selbst zur Täterin wird.

 

Die Rote_Halle 

Originaltitel: Die rote Halle
Autor: Karla Schmidt
Verlag: Piper
Erschienen: Januar 2012
ISBN: 9783492272940
Seitenzahl: 312 Seiten

 



Die Grundidee der Handlung

Gleich zu Anfang, nach einem Zitat aus dem Märchen von den roten Schuhen, bei dem die Tänzerin den Scharfrichter verzweifelt bittet, ihr die Füße abzuhacken, um endlich von den tanzenden Schuhen befreit zu werden und dieser ihrer Bitte nachkommt, ahnt der Leser, was ihn hier weiter erwartet…

Janina kehrt für  die Theaterinszenierung „Reading Red Shoes“ von Vancouver nach Berlin zurück. Sie trifft auf alte Bekannte. 16 Jahre zuvor hatte sie mit den gleichen Hauptagierenden bereits eine Theaterveranstaltung durchgeführt. Jetzt ist sie als Kostümbildnerin und Regieassistenz neu gefragt. Mit dabei hat sie ihren fast 16-jährigen Sohn Simon. Sie kommen am stillgelegten Flughafen Berlin Tempelhof an, in dessen Räumen die Inszenierung und auch die Proben stattfinden sollen. Doch schnell findet sie sich in einem Alptraum wieder. Ihr Sohn ist verschwunden, längst vergessen geglaubte Szenarien der Inszenierung zuvor treten wieder ans Tageslicht.

Karla Schmidt beschreibt eine gleichermaßen fesselnde wie abstoßende Welt des Theaters und ihrer Akteure, in der nicht nur die mehr als skurrile Inszenierung mit Schweinehäuten und Schweineblut den Leser schockiert, als vielmehr die reale, noch viel grausamer daherkommende Welt hinter und vor den Kulissen.


Stil und Sprache

Karla Schmidt schafft es, den Leser von der ersten Seite bis zum Ende in ihren Bann zu ziehen. Ihre Sprache ist sehr nah am Geschehen. Sie beschreibt ausgesprochen bildhaft und präzise die Vorgänge, auch die Gefühle und Eigenheiten jeder einzelnen Person. Sie schreibt aus der Sicht des jeweils Agierenden, wechselt hier öfter die Perspektiven, springt in der Zeitachse zwischen den aktuellen Tagen aber auch 15 Jahre zurück zu jener ersten Inszenierung, die eine Schlüsselfunktion zu allem Späteren zu haben scheint. Ihre so ausdrucksstarke, alles auf den Punkt bringende Sprache, lässt dem Leser keine Ausweichmöglichkeit. Er sieht alles so eindeutig vor sich, dass die zum Ende hin immer brutaleren und schockierend beschriebenen Horrorszenarien doch für zart besaiteteLeser eher schwer zu ertragen sein dürften. Hier wird nichts noch so Abstoßendes ausgespart, von Selbstverletzung, Sex mit Minderjährigen, Drogenkonsum, Alkohol bis zum Erbrechen, Mord, Entführung und jegliche Form von Brutalität, verbal oder auch in Aktion, Jungenstrich, alles ist dabei. Spannung bleibt von Anfang bis Ende, obwohl es nicht schwer ist, ziemlich bald die einzelnen Charaktere einschätzen zu können und auch das Schicksal von Janinas Sohn Simon deutlich erahnbar ist. Dennoch ist der Leser wie in einem Sog.

Die Kulisse des stillgelegten Flughafens Berlin Tempelhof hat mich sehr fasziniert und Karla Schmidts Hinweis am Ende des Buches, dass die Architektur überwiegend von ihr auch korrekt dargestellt wird, fand ich sehr beeindruckend.


Figuren

Die Figuren werden sehr genau in all ihren Fähigkeiten, aber vor allem auch in ihren negativen Attributen mehr als deutlich beschrieben. Bei der einen oder anderen Szene hätte man sich gerne mit ein bisschen weniger zufrieden gegeben. Manche Eigenschaft, die sich da bei der einen oder anderen Figur herausschält, ist doch recht schockierend. Aber Karla Schmidt lässt auch viel Menschliches und Mitfühlendes zu. So wirkt Janina als die besorgte Mutter, die alles für ihren Sohn tut und dabei Grenzen überschreitet, die im Realen nicht vorstellbar sind, dennoch auch sehr hilfebedürftig.

Simon mit seinen gerade mal 16 Jahren und in Anbetracht dessen, was er alles in diesem Buch so zu erleiden hat, wirkt dabei doch schon sehr erwachsen und gerade die Szenen mit ihm kann man nicht so leicht wieder vergessen. DeeDee, die Komponistin und Anwärtern für die Rolle der Tänzerin, ist wirklich faszinierend beschrieben und in all ihrer Verworrenheit und Krankheit erzeugt sie dennoch auch eine gewisses Mitgefühl beim Leser.

Manche Figuren wirken etwas überzeichnet oder auch stereotyp. Hier ist z.B. der gutmütige, wie ein Wikinger beschriebene Kommissar Schulz zu nennen oder auch der typische Zuhälter Hanno Lang und sein Stricher-Junge.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt als Cover sehr eindeutig die blutrote Halle der Theaterinszenierung. Das Buch ist in drei Teile eingeteilt und entsprechend der 13 geschilderten Tage sind diese auch als Kapitelüberschriften gewählt, wobei Tag 5 sich insofern wiederholt, als die Fortsetzung dieses Tages am Ende des letzten Kapitels neu aufgegriffen und aus Sicht von Simons Erleben rekapituliert wird. Interessant auch Beginn und Ende von Teil 1 und 3, hier sind Ende und Anfang vertauscht.


Fazit

Ein sehr interessanter Psychothriller mit stimmigem Plot, sehr gut erzählt und fesselnd bis zum Schluss, allerdings mit sehr hohem Hang zu detailliertem Beschreiben von Gewalt- und Horrorszenarien, die sicher nicht für jeden geeignet sind. Wer’s aber heftig mag und hier den Blick aufs Detail nicht scheut, wird wahrscheinlich begeistert sein!


4 Sterne


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