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„Du bist in Gefahr”, wisperte sie mit erstickter Stimme. „Wenn du hierbleibst, verlierst du mich für immer. Verlass sie, sag ihr nicht, dass du sie liebst ...” Ihre verweifelte Stimme verhallte. Beim nächsten Blinzeln war sie unsichtbar geworden.

Ein magisches Abenteuer in einem verzauberten New York um Jay, einen Jungen zwischen zwei Mädchen, zwei Zeiten und zwei Wirklichkeiten.

 

Zweilicht 

Autor: Nina Blazon
Verlag: cbt
Erschienen: 08/2011
ISBN: 978-3570161173
Seitenzahl:
416 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Jay ist nach Amerika gekommen, um hier vorgeblich ein Austauschjahr zu verbringen. Doch in Wirklichkeit will er Deutschland und seiner Mutter Charlie entfliehen, die ihm all die Jahre Nachrichten von seinem Vater vorenthalten hat, der nun tot ist. Jay kommt bei seinem Onkel Matt und dessen Sohn Aidan in New York unter, besucht die High School und verliebt sich in ein Mädchen namens Madison mit wunderschönen Indianeraugen. Während er sich langsam eingewöhnt und Freunde findet, taucht plötzlich ein anderes Mädchen auf, Ivy, die keiner außer ihm sehen kann, und die ihn dringend auf die andere Seite des Flusses mitnehmen möchte, nach Mannahatta, wie sie es nennt. Auch wenn sich Jay seltsamerweise auch von Ivy angezogen fühlt, bleibt er skeptisch und zurückhaltend, schließlich möchte er gerade Madison näher kommen. Doch dann benimmt sich diese immer seltsamer, beginnt ihn zu vereinnahmen, während Ivys Bitten, ihr zu folgen, dringlicher werden. Jay merkt langsam, dass etwas ganz und gar nicht stimmt ...

Die Idee eines ganz anderen New Yorks, das sich mit der aktuellen Wirklichkeit zu einem verstörend schönen Bild vermischt, ist faszinierend und ausgefallen.


Stil und Sprache
In der dritten Person in der Vergangenheitsform erzählt, handelt das Buch von dem 17-jährigen Jay, dessen Perspektive hauptsächlich verfolgt wird. Ab und zu findet ein Wechsel zu den weiteren Hauptfiguren Mo und Ivy statt. Neben stimmigen Dialogen werden auch die Gefühle der einzelnen Protagonisten gut eingeflochten. Nina Blazon hat eine ganz besondere Art und Weise Stimmungen, Schauplätze und Personen zu beschreiben; ihr Stil ist poetisch und einfühlsam, man hat als Leser nicht nur Bilder vor Augen, man spürt auch die Schwingungen zwischen den Zeilen:
"Auf der anderen Seite des Flusses regnete es nicht mehr, ein fahler
Sonnenstrahl schob die Wolken auseinander und versilberte die Pfützen auf den Dächern.
Es war einer der Augenblicke, in denen die Luft vibrierte, weil sich so vieles entschied." (Seite 76)

Zudem liebt sie es, den Leser lange Zeit im Unklaren zu lassen. Wie auch schon in vorangegangenen Büchern fragt man sich über viele Seiten hinweg, wo man genau ist, welche fantastische Welt sich einem eröffnen wird und welche Rolle die handelnden Personen darin spielen werden, was grundsätzlich einen großen Spannungsfaktor ausmacht. In Zweilicht wird dieses Spiel jedoch auf die Spitze getrieben, fast bis zum Schluss kann man sich nicht sicher sein, wer auf welcher Seite steht, was richtig oder falsch ist und welche Welt nun wirklich existiert. Dadurch kann man oft seinen eigenen Augen nicht trauen, wird getäuscht und hinters Licht geführt, sodass man mit den meisten Figuren nicht richtig warm werden kann und längere Zeit braucht, um die krassen Wendungen und Wahrheiten zu verdauen. Während die ganze Geschichte detailverliebt und trickreich aufgebaut wird, nimmt die Qualität gegen Ende beim großen Showdown rapide ab. Dieser wird viel zu schnell abgehandelt, die Lösung erscheint mir ein wenig zu einfach und über mehr Hintergrundinformationen hätte ich mich gefreut. Aber wer weiß, vielleicht folgen noch weitere Bände aus dieser Welt, die Wissenslücken schließen werden. Potential wäre auf jeden Fall vorhanden.


Figuren
Jay ist die klare Hauptfigur des Romans, ihn lernt man von Anfang an am besten kennen, er ist der sprichwörtliche Fels in der Brandung. Er ist für ein Austauschjahr nach New York gekommen, der Stadt seines Vaters, der auf geheimnisvolle Weise ums Leben kam. Mit seiner Mutter Charlie hat er deshalb Streit, auch weil sie ihm über viele Jahre hinweg die Post seines Vaters vorenthalten hat. Bei seinem Onkel Matt und dessen Sohn Aidan wohnt er jetzt in einer Art Männer-WG, in der jeder sein Ding machen kann, geht zur örtlichen High School und hat ein Auge auf die hübsche Madison geworfen, ein Mädchen mit indianischen Vorfahren. Madison hingegen betrachtet den Austauschschüler skeptisch, doch so nach und nach erobert er ihr verschlossenes Herz. Dann taucht plötzlich Ivy auf, ein elfengleiches Geschöpf mit kurzen Haaren in seltsam indianisch wirkender Kleidung, die niemand außer Jay sehen kann. Sie ist wild, leidenschaftlich und wirkt auch oft traurig, sodass Jay nicht umhin kann, sie ebenfalls zu mögen.

"Ich weiß, wie es ist, jemanden zu verlieren, den man liebt. Und seit ich es weiß, sehe ich, wenn jemand traurige Augen bekommt. Ich sehe sogar die Farben deiner Gedanken. Sie sind so dunkel wie der Fluss." (Seite 159)

Das Mädchen Mo, welches man gleich zu Beginn in einer epilogartigen Szene kennenlernt, fühlt sich von Jay magisch angezogen und will ihm unbedingt nahe sein. Welche Rolle spielt sie in der Geschichte?

Neben den Hauptfiguren gibt es noch den wortkargen Onkel Matt, den abweisenden Aidan, die ablehnende Nachbarin Linda und ein paar High School Stereotypen wie den sportlichen Alex und die selbstbewusste Jenna. Die skurrilen Stadtstreicher Madman, der mehr sieht, als offensichtlich zu erkennen ist, und Liberty, die ein wandelnder Wissensquell der Geschichte New Yorks ist, sind interessante Randfiguren, die einem schnell mit ihren Eigenheiten ans Herz wachsen.
Doch alle Figuren tragen mehr als einen Namen und sind mehr, als sie auf den ersten Blick erscheinen. Als sich der Schleier der Wirklichkeit hebt, wird die Welt auf den Kopf gestellt. Nichts ist so, wie es scheint, Jay kann seiner Wahrnehmung nicht mehr trauen. Und auch der Leser ist auf sich allein gestellt in einer Dystopie, wo Namen Schall und Rauch sind. Es fällt einem sehr schwer, Sympathien zu empfinden oder mit einer bestimmten Liebespaar-Konstellation mitzufiebern, da alles schon ein paar Seiten später wieder nichtig sein kann. Die wichtigste Lektion, die man dabei lernt: Nur wer den wahren Namen seines Gegenübers kennt, hat Macht über ihn.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch hat einen Schutzumschlag, der größtenteils in Grüntönen gehalten ist. Auf dem Cover ist ein Mädchengesicht mit grünen Augen zu sehen, das teilweise von Blättern - leider kein Efeu, was man auf die Figur Ivy beziehen könnte - verdeckt ist. Der Schriftzug des Titels ist in Gold und erhaben geprägt. Titel und Mädchengesicht werden auch auf dem Rücken wiederholt, um auch im Bücherregal ein schönes Bild abzugeben. Die Rückseite ist nur schlicht grün und enthält den Text zum Buch. Unter dem Umschlag befindet sich ein dunkelgrüner Einband mit gold abgesetzter Schrift auf dem Rücken. Die Gestaltung ist insgesamt ansprechend, wenn auch weniger einfallsreich. Ich hätte mir im Nachhinein eher ein stimmungsvolles Bild von New York in den beiden Welten gewünscht, was sich auch von dem üblichen romantischen Mädchen-Gesicht-Einerlei anderer Bücher abheben würde.


Fazit
Zwei Mädchen, zwei Wirklichkeiten und Grenzen, die so ineinander verschwimmen, dass man Realität von Traum kaum noch unterscheiden kann - Nina Blazon hat mit Zweilicht ihre eigene dystopische Welt erschaffen, die zwar mit einer gelungenen Mischung aus modernen und traditionellen Elementen spielt, jedoch aufgrund des extremen Versteckspiels der Figuren nicht vollends überzeugen kann.


3 Sterne


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