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Die Bande des Bluts sind stärker als der Tod.

Kalkutta 1932: Ben und seine Freunde von der geheimen Chowbar Society sind gerade sechzehn geworden. Es ist Zeit, das Waisenhaus zu verlassen, in dem sie aufgewachsen sind. Bei der Abschiedsfeier taucht plötzlich eine alte Frau mit einem jungen Mädchen auf, das Ben sofort fasziniert. Wer ist sie? Als die beiden dahinterkommen, was sie tatsächlich miteinander verbindet, befinden sie sich schon mitten in einem mörderischen Strudel, der sie tief in die Unterwelt Kalkuttas zieht. Ein Schatten aus der Vergangenheit trachtet ihnen nach dem Leben. Und er ist ihnen näher, als sie ahnen …

 

 

Originaltitel: El Palacio de la Medianoche
Autor: Carlos Ruiz Zafón
Übersetzer: Lisa Grüneisen
Verlag: S. Fischer Verlag
Erschienen: Oktober 2010
ISBN: 978-3-8414-4002-0
Seitenzahl: 393 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Indischer Sommer in Kalkutta, der Stadt der Paläste im Land der Göttin Kali. Im Mai 1916 riskiert der britische Offizier Leutnant Michael Peake sein Leben für die neugeborenen Zwillinge von Kylian und Lahawaj Chandra Chatterghu. Es gelingt ihm, sie in letzter Minute vor seinem Verfolger zu schützen und sie zu Aryami Bosé zu bringen. Die Großmutter sieht sich gezwungen, die Kinder zu deren eigener Sicherheit zu trennen. Den Jungen übergibt sie Thomas Carter, Direktor des Waisenhauses St. Patrick´s. Mit dem Mädchen zieht sie von Ort zu Ort, sucht immer neue Verstecke als Zuflucht. Sechzehn Jahre später sollen sich ihre Wege erneut kreuzen, denn das Böse ist sehr geduldig und vergisst nie …

Am 25. Mai 1932 beginnen die letzten Tage ihres gemeinsamen Lebens für Ben und seine Freunde. St. Patrick´s war ihr Heim, die Chowbar Society ihre Familie. In ihrem Geheimbund beschlossen sie immer füreinander und andere einzustehen, sich zu helfen und ihr Wissen miteinander zu teilen. Ein altes, leerstehendes Gebäude ist ihr Treffpunkt - der Mitternachtspalast. Kurz bevor ihre Zeit in St. Patrick´s endet und der Club aufgelöst wird, nehmen sie Sheere in ihrer Mitte auf. Inwiefern sich die Ideale ihrer Gemeinschaft beweisen, zeigt sich, als Jawahal seine Rechnung von einst begleichen will und erneut Jagd auf Ben und Sheere, die Zwillinge Chatterghus, macht …


Stil und Sprache
1994 verfasste Carlos Ruiz Zafón mit “Der Mitternachtspalast” seinen zweiten Roman und zugleich nach “Der Fürst des Nebels” einen weiteren Band der Nebel-Trilogie. Wie der Autor in einer Vorbemerkung erklärt, möchte er mit seinen Geschichten über Magie, Geheimnisse und Abenteuer Leserherzen aller Altersstufen erfreuen. Dies dürfte ihm auch mit dem vorliegenden Buch gelingen.
Unterteilt in fünf Abschnitte und in dritter Person Singular geschrieben, eingebettet und begleitet in rückblickenden Kommentaren zur Situation in erster Person Singular, gleicht die Geschichte einer Reise durch Zeit und Raum. Eine turbulente Verfolgungsjagd durch dunkle Gassen der Schwarzen Stadt im Norden Kalkuttas im Jahre 1916 schafft als Vorgeschichte die Grundlage für den schicksalsträchtigen Verlauf der Handlung des Romans. Der Leser erhält gerade genug Informationen, um das Böse zu erahnen und dem Geschehen gebannt zu folgen. Ein Zeitsprung von sechzehn Jahren zeigt die Beharrlichkeit des grimmigen Verfolgers, der eine unmittelbare Gefahr für die Hauptfiguren des Buches darstellt. Anno 1932 spielt der Hauptteil der Geschichte. Eine Gruppe junger Menschen bekommt Gelegenheit, ihre Freundschaft und ihren Zusammenhalt unter Beweis zu stellen. Ein Geheimbund steht für ihre Verbundenheit, der Treffpunkt ist Titel gebend. Mit dem Auftauchen einer mysteriösen Gestalt im schwarzen Umhang, waberndem Nebel und dem Echo lachender, später schreiender Kinder schürt Carlos Ruiz Zafón insbesondere bei seinen jungen Lesern Unbehagen, gar Schrecken. Ein unheilvoller Zug mit eindrucksvoller Lokomotive bringt das Grauen in die Welt der unbedarften Teenager. Das weitere Geschehen erstreckt sich auf schnell aufeinander folgende Ereignisse, die durch parallel stattfindende Handlungsstränge vermittelt werden. Der Gruselfaktor nimmt dabei stetig zu. Der Autor hält den Leser in einem wilden Strudel aus Phantasie, Magie und blankem Horror gefangen. Der Plot hält einige Geheimnisse und Überraschungen bereit. Feuer und komplizierte Maschinen spielen dabei ebenso tragende Rollen wie Hass und Wahnsinn. Der packende Showdown ist wahrlich nichts für schwache Gemüter. Nach einer Flut nervenaufreibender Momente klingt der Roman unerwartet ruhig, nahezu philosophisch aus …


Figuren
“Der Mitternachtspalast” ist Treffpunkt der Chowbar Society, einem Geheimbund, der zunächst aus sieben, später aus acht Mitgliedern besteht. Ben, Jan, Michael, Seth, Roshan, Siraj und Isobel sind Bewohner des Waisenhauses St. Patrick´s. Seit Bestehen des Clubs treffen sie sich regelmäßig in einer alten Palastruine, um sich Geschichten zu erzählen, Probleme zu diskutieren und dergleichen mehr. Einst schworen sie sich, füreinander einzustehen und sich Hilfe, Schutz und Unterstützung zu gewährleisten. Um für ihre Zeit nach dem Heim gewappnet zu sein, wollen sie ihr gesammeltes Wissen miteinander teilen. Kurz vor Auflösung der Verbindung nehmen sie Sheere in ihrer Gruppe auf.
Die Teenager könnten unterschiedlicher nicht sein. Ben und Sheere sind Zwillinge, die jedoch getrennt voneinander aufwuchsen. Sheere reiste mit ihrer Großmutter Aryami Bosé umher, was ihr keine Gelegenheit gab, Freundschaften zu schließen. Im Kreis der Chowbar Society fühlt sie sich aufgehoben. Ben stellt mit seinen ständig wechselnden Launen eine echte Herausforderung für seine Freunde dar. Seine Phantasie kennt keine Grenzen, sein Einfallsreichtum ist grandios. Er ist der beste Freund von Ian, der wiederum an seinem Traum festhält, eines Tages Medizin zu studieren, um schließlich Arzt zu werden. Isobel sieht sich auf den großen Bühnen dieser Welt. Abgesehen von ihrer extravaganten, melodramatischen Art, besitzt sie den schärfsten Verstand der munteren Truppe. Ihr Herz schlägt für Michael, den zurückhaltenden Künstler und begnadeten Zuhörer. Seth, Michaels bester Freund, ist ein kräftiger Bengale voller Wissensdurst. Siraj ist der Spezialist für Schauergeschichten und das Gedächtnis des Geheimbundes. Roshan hat wenig rühmliche, dafür umso nützlichere Fähigkeiten und ist noch dazu flink wie ein Wiesel.

Carlos Ruiz Zafón vermittelt ein glaubhaftes Bild bedingungsloser Freundschaft, allen Unwägbarkeiten zum Trotz. Die Teenager zeigen sich unerschrocken und voller Tatendrang, wenn es darauf ankommt. Ängste und Schwächen machen sie sympathisch. Inwiefern sie ihre Ideale in die Praxis umsetzen, zeigt die Geschichte.


Aufmachung des Buches
“Der Mitternachtspalast” erscheint in gebundener Form mit Lesebändchen im S. Fischer Verlag. Analog zu den anderen Bänden der Trilogie ist der schwarze Einband von einem Schutzumschlag in intensiver Farbgebung umhüllt. Das Covermotiv, eine Lokomotive umgeben von Nebel und Flammen, im Hintergrund Palmen und Türme, spiegelt hervorragend einen wichtigen Aspekt des Romaninhalts wider. Der Farbverlauf von Orange bis Braun passt sowohl zum Indischen Sommer als auch zum Element Feuer. Buchrückseite und Innenklappe geben Auskunft zur Geschichte. An eine kurze Information zum Autor ist ebenfalls gedacht. Im Buchinneren helfen unterschiedliche Schriftarten sich innerhalb der Geschichte zu orientieren. Papier, Satz und Druck sind tadellos.


Fazit
Vor der Kulisse Kalkuttas entwickelt Carlos Ruiz Zafón ein mystisches Spektakel um Familie und Freundschaft sowie Leben und Tod.
Obwohl “Der Mitternachtspalast”, verglichen mit den anderen Bänden der Trilogie, nicht ganz so vorbereitet und tiefgründig in die Geschichte einsteigt, und die Charaktere nicht die gleiche emotionale Intensität versprühen, weiß der Autor auch mit diesem Roman sein Publikum, jung wie alt, zu unterhalten. Alles in allem ein nervenaufreibendes Abenteuer zwischen Realität und Phantasie, Gegenwart und Vergangenheit. Der Indische Sommer und züngelnde Flammen sorgen für hitzige Momente …



Hinweise
Rezension von Patricia Merkel
Herzlichen Dank an den S. Fischer Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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