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Er sieht dich, er jagt dich, er lässt dich nie mehr fort

Ein heißer Sommertag. In einem verwilderten Garten sitzt ein junges Mädchen auf einer Schaukel. Alles um es herum leuchtet in strahlenden Farben, doch das Mädchen nimmt nichts davon wahr, es ist blind. Dafür spürt es ganz deutlich, dass sich ihm jemand nähert, jemand, von dem etwas zutiefst Böses ausgeht. Es versucht noch wegzulaufen – vergeblich … Jahre später wird Kommissarin Franziska Gottlob zu einem Wohnheim für Kinder gerufen. Wieder ist ein junges Mädchen verschwunden. Das Kind ist blind. Und vom Täter fehlt jede Spur.

 

 

Autor: Andreas Winkelmann
Verlag: Goldmann
Erschienen: 17.01.2011
ISBN: 9783442473380
Seitenzahl: 408 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Was für ein Psychothriller! Der Prolog: Sina, 8 Jahre alt, von Geburt an blind,  wird in ihrem Garten von der Schaukel gerissen und von einem Psychopathen entführt. Zehn Jahre später: Wieder ist er auf der Lauer, dieses Mal vor einem Kinderheim und er schlägt erneut zu. Die Kripo Hannover und an ihrer Spitze Franziska Gottlob und ihr Kollege Paul Adamek, beginnen mit den Ermittlungen. Schnell stoßen sie auf den Fall vor 10 Jahren, die entführten Mädchen gleichen sich ungemein, beide rothaarig, gleiches Alter, blind. Max, der Bruder Sinas, inzwischen ein anerkannter Profiboxer, wird durch den erneuten Fall wieder in die Vergangenheit zurückversetzt. Den Verdachtsmomenten der Kripo folgend, beginnt er selbst die Suche nach dem Täter, fest davon überzeugt, dass der auch Sina auf dem Gewissen hat. 10 Jahre aufgestaute Wut, verdrängte Schuldgefühle und Verzweiflung machen aus ihm eine gefährliche Zeitbombe. Werden die Ermittler vor ihm den richtigen Täter finden können?

Wer nun erwartet, einen der üblichen Krimiplots präsentiert zu bekommen, irrt gewaltig. Was der Autor hier vor den Augen des immer mehr gefesselten Lesers entwickelt, sucht seinesgleichen. Unglaublich dicht, berührend und sensibel, dann wieder absolut schockierend und Angst einflößend, eröffnet sich dem Leser die Welt gleich mehrerer Psychopathen und deren Umfeld. Und dabei lässt der Autor seinen Täter mit ganz ungewöhnlichen Waffen arbeiten. Wer bisher Spinnen oder Schlangen noch ganz possierlich fand – nach dieser Lektüre wird sich das ändern! Wer mit diesem Buch erst einmal angefangen hat, wird es auch erst am Ende wieder weglegen können, absolut faszinierend!


Stil und Sprache
Andreas Winkelmann schreibt über zwei kleine, blinde Mädchen und deren Art, die Welt zu erfassen, die trotz oder gerade aufgrund ihrer Blindheit, mit ihren verbleibenden Sinnen unglaublich sensibel und wahrnehmungsfähig sind. Was sie nicht sehen können, empfinden sie ungleich mehr, ertasten sie, fühlen sie, riechen und schmecken sie. Und genau mit dieser Sensibilität, dieser Feinfühligkeit und Genauigkeit, beschreibt der Autor das Geschehen generell. Er schreibt in der dritten Person aus Sicht des jeweils gerade Agierenden, legt dabei aber großes Augenmerk auf dessen innere Gedankengänge und Gefühle, die er dann in Kursivschrift hervorhebt.

Sein Schreibstil ist sehr flüssig, sehr angenehm zu lesen und absolut fesselnd. Winkelmann versteht es, die einzelnen, eher kurz gehaltenen Kapitel zum Ende hin immer mit einer Frage, in einem Spannungsmoment auslaufen zu lassen, sodass der Leser die nächsten Geschehnisse auf anderer Handlungsebene schnell verfolgt, um an diesen Punkt wieder zurückkehren und die Geschichte weiterverfolgen zu können. Diese Spannung hält bis zum Ende hin, steigert sich immer mehr durch das Agieren des Psychopathen an gleich mehreren Handlungsorten, an denen er seine Opfer mit ungewisser Zukunft für den Leser zurücklässt. Die Auflösung am Ende wirkt versöhnend, der Prolog nimmt dem Plot das Entsetzliche, führt zurück in eine wieder normal erscheinende Welt. Für den hartgesottenen Thrillerleser könnte hier vielleicht der einzige Schwachpunkt liegen. 


Figuren
Die Figuren wirken auf mich allesamt unglaublich beeindruckend und nah. Der Autor versteht es, sie dem Leser sehr deutlich vor Augen zu führen, sehr bildlich und absolut glaubhaft. Beginnend mit den beiden Opfern, den beiden kleinen, blinden Mädchen: Sie werden dem Leser sehr feinfühlig und klar in ihrer Hilflosigkeit, ihrer Verletzlichkeit und dennoch auch in ihrer inneren Stärke und Kraft nahegebracht. Das Erleben und Fühlen der Welt ohne sie sehen zu können, ist überzeugend und faszinierend beschrieben.

Max Ungemach, Sinas Bruder, hat in 10 Jahren unterdrückter Schuldgefühle, Wut und Verzweiflung in seiner Profikarriere als Boxer gelernt, sich zusammen zu reißen, sich zu kontrollieren und seine überschießende Energie in Training und Kampf abzubauen. Dann holt ihn die Vergangenheit ein und er begibt sich erneut auf die Suche nach dem Täter. Beeindruckend geschildert ist seine immer noch stark vorhandene Verbundenheit zu seiner geliebten Schwester, die ihn zum Äußersten treibt. Auch seine familiäre Situation, die Eltern, die ihm nie verzeihen konnten, dass er als 15-Jähriger seine blinde Schwester trotz Verbotes wegen eines Fußballspieles alleine ließ, wird sehr glaubhaft beschrieben.

Die Charaktere der beiden Ermittler, Franziska Gottlob und Paul Adamek, erscheinen sehr rund und facettenreich. So erfährt der Leser nicht nur ihre Eigenheiten in Beruf und Alltagsleben, sondern auch ihre familiären Hintergründe. Dadurch wirken sie gleich sehr viel näher und sympathischer. Auch dass Franziska Max näher kommt, wirkt nicht aufgesetzt, vielleicht dem einen oder anderen etwas zu romantisch, was aber meiner Meinung nach dem Thriller nicht weiter schadet.

Die Verdächtigen, und von denen gibt es tatsächlich gleich mehrere, werden in ihrer Abartigkeit und Auffälligkeit sehr deutlich beschrieben. Da ist zunächst der als Kinderschänder verurteilte Pädophile Detlef Kühl, der für den Fahrdienst des Heimes arbeitet, aus dem das blinde Mädchen entführt wurde. Dann der Hausmeister Rolf Wilkens, vor drei Jahren von der Heimleiterin fristlos gekündigt, da er den Heimkindern beim Duschen auflauerte. Und dann noch Edouard Sauter, der für die Betreuung des Aquariums des Heimes zuständig ist. Allesamt sind sie psychisch extrem auffällig und für den Leser faszinierend in ihren Abgründen beschrieben.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch umfasst 408 Seiten und ist neben Prolog und Epilog in viele, eher klein gehaltene Kapitel unterteilt. Das Cover ist sehr passend gewählt. Passend zum Prolog, zeigt es ein Laubblatt, von Blut getränkt.


Fazit

Ein Thriller, der mich von Anfang an gefesselt und nicht mehr losgelassen hat! Empfehlenswert!


4 Sterne


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