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Sein Name ist Legende: Johannes Bückler – der Schinderhannes
Mit 16 begeht er seinen ersten Raub. Von der darauf folgenden Festnahme keineswegs abgeschreckt, macht er das Räuberhandwerk zu seiner Profession. Er kommt zu Ruhm und Reichtum – und findet nebenbei die Frau fürs Leben. So erzählt der Roman nicht nur die Geschichte vom Schinderhannes, sondern auch die einer großen Liebe.

 

 

Autor: Frank Littek
Verlag: Droste
Erschienen: 9. März 2009
ISBN: 978-3770012749
Seitenzahl: 320 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Johannes Bückler ist der Sohn eines Abdeckers, eine andere Bezeichnung dafür lautet „Schinder“, daher leitet sich der Name ab, unter dem er so bekannt wurde. Mit 16 begeht er seinen ersten Raub, fünf Jahre später endet sein Leben in Mainz unter der Guillotine. In dieser kurzen Zeit erlangt er als Dieb und Räuber zweifelhaften Ruhm.
In soweit hält sich Frank Littek an die Eckdaten von Bücklers Leben, ansonsten hat die Titelfigur nur wenig Ähnlichkeit mit dem historischen „Schinderhannes“, dessen tatsächliche kriminelle Laufbahn recht gut dokumentiert ist. Mag sein, dass er ein liebevolles Verhältnis zu seinen Eltern hatte, aber schon die Geschichte seiner großen Liebe zu Julchen erscheint in einem anderen Licht, wenn man weiss, dass er viele, ständig wechselnde Partnerinnen hatte, von denen allein vier namentlich aktenkundig sind. Lediglich die Schilderung der französischen Besatzungzeit und der ärmlichen Lebensumstände der Menschen im Hunsrück ist dem Autor recht gut gelungen.


Stil und Sprache

Das Buch beginnt eigentlich vielversprechend. Johannes beobachtet eine Kolonne französischer Soldaten, die auf dem Weg ist den Bauernhof zu plündern, auf dem er eben erst den Arbeitslohn für seinen Vater abgeholt hat. Er kehrt um, warnt den Bauern und hilft mit, Vieh und Vorräte in Sicherheit zu bringen, ehe die Soldaten eintreffen. Leider ist es dem Autor aber nicht gelungen, diesen Überfall packend darzustellen. Obwohl er auf knapp vier Seiten ebenso oft das Wort „stürmen“ verwendet - … das Mädchen stürmt auf Johannes zu … die Soldaten stürmen auf das Haus zu … und stürmen dabei an Johannes vorbei … die Schweine stürmen aus dem Stall … - ist in der ganzen Szene von dem Tempo, das dieses Wort vermuten lässt, wenig zu spüren. Die Tendenz der häufig wiederkehrenden Adjektive setzt sich durch das ganze Buch fort und trägt nicht gerade zur Spannung bei. Die Akteure bewegen sich viel zu oft  „schlendernd“ oder „hastend“ fort, bei Johannes erster Begegnung mit Julchen kommt in nur zwanzig Zeilen viermal das Wort „lächeln“ vor. Manchmal widersprechen sich die Beschreibungen geradezu, z.B. wenn Julchen den Räuber Petry „interessiert und überheblich“ und nur ein paar Sätze weiter mit „Freundlichkeit und Arroganz“ anblickt.
Ansatzweise spannend sind nur einige wenige Szenen, wie Johannes Flucht aus dem Gefängnis, dafür gibt es sehr viele langatmige Passagen, die den Lesefluss hemmen und die Handlung nicht voranbringen. Allein fünf Seiten braucht der Autor, um zu schildern, wie Johannes sich an den Proviantwagen der Franzosen "heranschleicht ... heranschiebt ... herankriecht ...", dabei mehrere Male "erschöpft liegen bleibt" ... bei drei Seiten könnte man vielleicht "mitfiebern", aber fünf sind wirklich zuviel. Statt der wohl beabsichtigten Spannung wird eher das Gegenteil erreicht, nämlich Langeweile.


Figuren

Keine der Figuren ist wirklich überzeugend dargestellt. Es fällt schwer, den naiven, manchmal direkt einfältig geschilderten Jungen Johannes mit dem kaltblütigen Räuber in Einklang zu bringen, als der er ein paar Seiten weiter auftritt. Bei Julchen empfindet man es ähnlich.
Beider Verhalten ist oft nicht nachvollziehbar, zeitweise sogar völlig unglaubwürdig. Dass Johannes, um ein Beispiel zu nennen, im Gedränge des Marktes in einer Person mit langen, roten Locken Julchen zu erkennen glaubt, ihr folgt und sogar eine Hand auf ihre Schulter legt, um dann festzustellen, dass es sich um „einen verwahrlosten alten Mann“ handelt, ist ja durchaus möglich. Wenn er aber nur ein paar Minuten später wieder einer „rotlockigen“ Person nacheilt, sie von hinten anspricht und ihr die Hand auflegt und dann „erschrocken zurücktaumelt“, weil es sich um den gleichen alten Mann handelt, wie eine Seite vorher, dann mutet das schon etwas seltsam an.
Auch dass Julchen das nächtliche Lager der Räuber und den schlafenden Johannes heimlich verlässt, weil sie auf eigene Faust die Kriegskasse der Franzosen stehlen will, um ihren Geliebten damit zu überraschen, ist kaum glaubhaft. Vollends zur Farce wird diese Szene, als Johannes Julchen folgt, sie dabei antrifft, wie sie in der Transportkutsche das erbeutete Geld zählt und den beiden dann nichts besseres einfällt, als in dieser gefahrvollen Situation miteinander zu schlafen. Hatte der Autor beabsichtigt, dadurch wieder etwas Spannung in die Handlung zu bringen, ist ihm das gründlich misslungen.

Zu den Nebenfiguren ist nichts interessantes zu sagen. Obwohl einige historisch verbürgte Namen dabei sind - sowohl unter den Räubern, als auch den Angehörigen der Obrigkeit - bleiben sie blass und hinterlassen beim Leser keinen besonderen Eindruck.


Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuches ist eher schlicht. Auf graumeliertem Hintergrund steht in großen weißen Buchstaben der zweizeilige Titel. Zwischen den Zeilen liegt eine Steinschlosspistole aus dem 17ten Jahrhundert, die auch auf der Rückseite über dem Klappentext zu sehen ist.
Den Anfang des Buches macht ein Personenverzeichnis, nicht nach der Wertigkeit der Akteure, sondern nach dem Alphabet geordnet. Die 31 Kapitel tragen als Überschrift den Namen einer Spielkarte, deren jeweilige Bedeutung am Ende erklärt wird und die „einen Einblick in das folgende Kapitel ermöglichen sollen“, eine Spielerei, die mit der Handlung nicht viel zu tun hat. Ebenso wenig Bezug zum Titelhelden hat das Kartenspiel „Schwarzer Peter“, dessen Regeln auf einer der letzten Seiten erklärt wird, auch wenn es der gleichnamige Räuber und Konkurrent des Schinderhannes im Gefängnis erfunden haben soll.
In einem kurzen Nachwort geht der Autor auf Julchen Bläsius ein, Bücklers angebliche Ehefrau, die ihn um fast ein halbes Jahrhundert überlebte.


Fazit

Aus den bekannten Fakten über Bücklers Leben hätte man tatsächlich ein spannendes Buch machen können. Den Versuch des Autors, ihn als Opfer der Umstände zu schildern, das quasi durch ein ihm angetanes Unrecht auf die schiefe Bahn gerät, kann ich nur als gescheitert bezeichnen.


2 Sterne


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