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Kategorie: Krimis

Allmen, eleganter Gentleman, Lebemann, Kunstsammler und charmanter Hochstapler, hat über die Jahre das Millionenerbe seines Vaters durchgebracht. Das hochherrschaftliche Anwesen musste er verkaufen, er hat sich mit seinem lebenserfahrenen Faktotum Carlos aus Guatemala ins bescheidene Gewächshaus zurückgezogen. So schlecht er mit Geld umgehen kann, so virtuos beherrscht er den Umgang mit Schulden und Gläubigern. Insbesondere die diskrete Geschäftsbeziehung zu einem Antiquitätenhändler hilft ihm immer wieder aus der Bredouille. Anfangs ist Allmen bei ihm guter Kunde, mittlerweile ist er guter Lieferant, erst mit Stücken aus der eigenen Sammlung, dann mit Objekten, über deren Herkunft ein Kavalier besser schweigt. Bis ihn nach einem alkoholseeligen Opernabend Jojo, eine heißhungrige junge Frau, in die Seevilla ihres Vaters abschleppt und er dort eine Sammlung von fünf traumhaft schönen Jugendstil-Schalen entdeckt, jede ein kleines Vermögen wert. Und jede mit einem Geheimnis behaftet. Eine Herausforderung, an der er wachsen - oder die ihn das Leben kosten kann.

 

Allmen_und_die_Libellen_HB 

Originaltitel: Allmen und die Libellen
Autor: Martin Suter
Sprecher: Gert Heidenreich
Verlag: Diogenes Hörbuch
Erschienen: 01/2011
ISBN: 978-3257803051
Spieldauer: 244 Minuten, 4 CDs; ungekürzte Fassung


Die Grundidee der Handlung
Eigentlich ist im Leben von Johann Friedrich von Allmen alles, aber auch wirklich alles, mehr Schein als Sein. Das beginnt bereits bei seinem Namen. Sein Vater, der ein Millionenvermögen mit Grundstückspekulationen gemacht hatte, nannte ihn eigentlich nur Hans Fritz von Allmen, für die gehobenen Kreise waren das eindeutig zu kurze Vornamen. Dumm nur, das Johann Friedrich mehr von ausschweifendem Lebenswandel, luxuriösen Eskapaden und schönen Frauen verstand als vom Leben als Geschäftsmann. Um seine Bonität und Kreditwürdigkeit zu wahren - zwei Dinge, auf die der Herr von Allmen besonderen Wert legte und penibelst achtete - beginnt von Allmen zunächst, Stücke aus seiner Sammlung zu verkaufen, später seine Sammlung auf nicht ganz legale Weise zu vergrößern, um diese Stücke umgehend zu veräußern. In diesem Zusammenhang erweist sich Allmens Geschäftsbeziehung zu Antiquitätenhändler Tanner von unschätzbarem Wert.

All das wäre vermutlich nie ins Wanken geraten, hätte es da nicht diesen verhängnisvollen Opernabend gegeben. Allmen besitzt ein Premieren-Abonnement für zwei Plätze, wobei er den zweiten Platz aufgrund eines kurzfristigen finanziellen Engpasses an einen Freund abgetreten hat. Da dieser Freund ebenfalls verhindert ist, schickt er Jojo, eine Frau, deren Reizen Allmen - zumindest nach reichlich Alkohol - hoffnungs- und widerstandslos erliegt. Als Allmen in der Seevilla von Jojos Vater aufwacht, in die Jojo sich nach einer hässlichen Scheidung geflüchtet hat, entdeckt er dort eine unwiderstehlich schöne Sammlung von fünf Libellen-Schalen. Eine Verlockung, der er nicht widerstehen kann und eine, die Allmens Leben grundlegend verändern sollte...


Darstellung des Hörbuchs
Das Hörbuch wird gelesen von Gert Heidenreich. Mit seiner etwas tieferen, aber dennoch sehr angenehmen und weichen Stimme passt er, wie ich finde, ganz herausragend zu diesem Hörbuch. Bestnoten verdient sich der Sprecher auch für die Betonung. Die teilweise doch recht umfangreichen und komplexen Sätze der Romanvorlage teilt er mit geschickten, minimalen Sprechpausen, die gerade so lang sind, dass sie die Sätze nicht unnötig zerpflücken, sondern die es herrlich einfach machen, zu folgen. Stimmliche Veränderungen nutzt der Sprecher nur bei markannten Eigenschaften der Stimme. Jojo wirkt hochnäsig und überdreht, insbesondere nach reichlichem Alkoholkonsum, ohne dabei kitschig zu werden. Allmen selbst spricht seriös, gehoben, eben der klassische Gentleman. Carlos, Allmens persönlicher Assistent, der aus Guatemala stammt, spricht mit gut dosiertem und deshalb wohlklingendem spanischen Akzent und lässt an wichtigen Punkten der Handlung immer wieder bedeutungsvoll Floskeln in seiner Muttersprache einfließen. Eine insgesamt sehr gelungene Interpretation und Lesung!


Aufmachung des Hörbuchs
Das Hörbuch mit den 4 CDs wird in einem stabilen, gut verarbeiteten Papp-Schuber zum Aufklappen präsentiert, wie man es auch von anderen Produktionen des Verlagshauses kennt. Auf der Vorderseite sieht man neben dem Cover, das dem der Buchausgabe entspricht, noch einen Auszug aus einer Besprechung des Werkes im "Hamburger Abendblatt." Das Cover- Motiv zeigt auf einem türkisfarbenen Hintergrund in der linken oberen Ecke drei weiße Libellen mit klar zu erkennenden blauen Augen. In der Covermitte sieht man eine diagonale, himmelblaue Linie. Auf ihr befinden sich, immer in gleichen Abständen weiße Punkte. In der unteren rechten Ecke des Cover-Motivs ist ein orangefarbenes A zu sehen. Klappt man den Schuber auf, so findet man als erstes ein 8-seitiges Booklet. Auf der ersten Innenseite gibt es Informationen zu Autor und Sprecher. Ausführlich, passend und selbstverständlich mit Fotos. Dann folgt eine Übernahme der ersten 2 Seiten aus dem Buch, die auch eine Widmung enthalten. Alle weiteren Angaben zum Copyright folgen. Anschließend wird darauf hingewiesen, wie sich die drei Teile der Buchausgabe auf den CDs der Hörbuch-Ausgabe verteilen. Die vorletzte Innenseite des Booklets ist dem Hinweis vorbehalten, dass ein Detail aus Suters neuem Roman der Realität entspricht, alles weitere jedoch freie Erfindung ist. Auf der letzten Innenseite ist einem Auszug aus der "Neuen Züricher Zeitung" über den Autor, sowie Hinweisen auf weitere Werke von Martin Suter im Diogenes-Verlag, wobei unklar bleibt, ob es sich um Buchausgaben oder Hörbuchausgaben handelt, da nur die Titel der Werke aufgeführt sind. Die Rückseite des Booklets zeigt auf einem ebenfalls türkisfarbenen Hintergrund die Visitenkarte des Johann Friedrich von Allmen. Insgesamt sechs weiße Libellen umgeben sie. Die CD- Hüllen greifen das Cover erneut auf, die CDs sind in gewohnt ruhigem schwarz-weiß gehalten. Eine sehr solide, übersichtliche und kundenfreundliche Aufmachung.


Fazit
Allmen und die Libellen ist ebenso sehr Krimi, wie er Millieustudie ist. Gut entwickelte Personen, die detailreich und vor allem in ihrer Menschlichkeit beschrieben sind, nehmen mindestens ebenso viel Platz ein wie der Krimi. Suter beschreibt auf sarkastische, aber stets liebevolle und warmherzige Art, das Leben der wohlhabenderen Gesellschaftsschichten. Er versucht, eine gelungene Mischung aus Glamour und Abgründen zu finden und Suters Sprache, in der oft ein bisschen Ironie mitschwingt, verrät eine kritische Distanz. Für einen perfekten Hörspaß ein etwas zu abruptes Ende, deshalb 4,5 Sterne.


4 5 Sterne


Hinweise
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