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Kategorie: Krimis

Berenike Roithers neuer Teesalon im beschaulichen Kurort Altaussee im Salzkammergut verlangt ihre volle Aufmerksamkeit. Doch bald wird sie aus der gewohnten Arbeit herausgerissen: Ihre Tanzlehrerin Caro, die am mystischen Hallstätter Gräberfelde ein keltisches Tanzritual abhalten wollte, wird tot aufgefunden - in der Mitte entzwei gesägt und in einem Friseursalon zur Schau gestellt. Auch Berenike fragt sich, wer so viel Hass gegen die engagierte Frauenhausmitarbeiterin hegte. Und plötzlich steckt sie selbst mitten in den Ermittlungen.

 

 

Originaltitel: Ausgetanzt
Autor: Anni Bürkl
Verlag: Gmeiner Verlag
Erschienen: Juli 2010
ISBN: 978-38392-1101-4
Seitenzahl: 321 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Berenike Roither könnte zufrieden sein. Sie hat ihren Teesalon im Kurort Altaussee und einen Kreis von Kolleginnen. Doch dann wird ausgerechnet Caro, ihre Tanzlehrerin auf makabre Weise umgebracht und in einem Schaufenster drapiert. Die pfiffige Teesalon-Besitzerin macht sich auf die Suche nach dem Täter, kann aber nicht verhindern, dass weitere Morde passieren. Außerdem gerät sie selber ins Visier eines unheimlichen Verfolgers. Doch beherzt stellt sich Berenike den Gefahren.

Leider tauchen in "Ausgetanzt" so viele Klischees auf, dass es mit der Zeit nur noch ermüdend ist. Denn Anni Bürkl lässt nichts aus: Betrügende Ehemänner, schlagende Ehemänner, muslimische Kulturen, die den Westen in dem sie leben verachten, eine lesbische Frauenhaus-Leiterin, ein jüdischer Vater, der noch unter seiner Verfolgung leidet, ein zwar bemühter aber nicht ganz cleverer Kieberer und vieles mehr. Da sind so viele Stereotypen vorhanden, dass der Krimi letztlich darin unterzugehen droht. Dabei ist der Plot über eine weite Strecke recht stimmig - wenn man von etlichen Unstimmigkeiten im Ablauf absieht. Ein Teil dieser Unstimmigkeiten könnte durch Textkürzungen verursacht sein - so etwa die Frage, weshalb die Türkin Gül Berenike in Wien wirklich besuchte, bzw. besuchen konnte. So wird die Geschichte zum Ende hin etwas wirr, es hängen einige angefangene Handlungsstränge plötzlich in der Luft und die Auflösung der Mordfälle vermag nicht wirklich zu überzeugen.


Stil und Sprache
Die Autorin hat aus dem Vollen geschöpft, was die Atmosphäre des Romans betrifft. So legt sie einen ausgesprochen gelungenen Einstieg in die Szenerie vor, und auch zwischendurch gelingt es ihr mühelos, durch szenische Beschreibungen eine tolle Stimmung heraufzubeschwören. Sehr gut gelungen ist etwa die Stimmung in einem verregneten Sommer am Altaussee oder auch die Erlebnisse in verschiedenen Wiener Quartieren. Zudem ist sie ihrer Protagonistin Berenike und deren Faible für Tee treu geblieben - wenn auch hier stellenweise so ausgiebig, dass es selbst einem Teetrinker zuviel des Tees werden kann (wie ja selbst der Protagnistin in einer Passage in Wien). Die esoterische Note ist stimmig und passt zu Berenike.

Anni Bürkl pflegt einen lesefreundlichen Schreibstil und weiß mit Worten Atmosphäre zu zaubern. Auch der Schauplatz Teesalon lebt von einer überzeugenden sprachlichen Ausgestaltung. Durch geschickt eingesetzte Stilelemente vermag die Autorin vor allem zu Beginn des Krimis sehr viel Spannung aufzubauen. So ist gerade die aufkeimende Angst Berenikes am Anfang des Romans überaus überzeugend dargestellt. Leider flacht die Spannung dann aber ab und vermag sich nicht mehr richtig zu fangen. Dies ist wohl vor allem im Bemühen der Autorin zu suchen, möglichst viele Themen in das Buch hinein zu packen. Die hektischen Orts- und Themenwechsel wirken etwas hölzern und verhindern, sich ganz in den Krimi hinein sinken lassen zu können. Die Konzentration auf ein Hauptthema hätte gut getan. Nervig - und alles andere als stimmig - sind die allgegenwärtigen englischen Ausdrücke, die mit einem früheren England-Aufenthalt der Protagonistin erklärt werden, aber nicht so richtig zu Berenike und dem gewählten Szenario passen wollen.


Figuren
Anfänglich überzeugt Berenike Roither ohne Wenn und Aber. Als sie dann aber, von der Polizei enttäuscht, zu einer selber ermittelnden Hyäne wird und sich zu wüsten Beschimpfungen ihrem Liebhaber gegenüber hinreißen lässt, verschwindet dieser gute Eindruck. Berenike verliert dadurch ausgerechnet das, was sie zunächst so glaubwürdig gemacht hat: ihre konsequente Umstellung des Lebens mit einer hohen Empathie für andere Menschen. Andererseits hat Anni Bürkl sehr viele Gefühlsmomente gut eingefangen und dargestellt.

Unspektakulär bis langweilig bleiben die Nebenfiguren. Langweilig, weil sie nach klaren Vorurteilen aufgebaut sind. Es stellt sich auch die Frage, ob die Autorin selber ein arg beschädigtes Bild von den Männern hat. Denn außer dem Teesalon-Kellner Hans und Berenikes Vater gibt es keinen Mann in diesem Krimi, der sich einigermaßen anständig verhält. Entweder sind die Männer brutal oder verlogen, durchgeknallt oder zumindest so beschränkt, dass von ihnen nicht viel zu erwarten ist. Selbst die erotische Komponente zwischen den Frauen ist wesentlich stimmiger als jene zwischen Heteros. Die beteiligten Frauen hingegen sind alle von der Männerwelt hintergangene und daran gewachsene oder zerbrochene Geschöpfe. Dieses Bild ist zu eindimensional, kann sich nicht wirklich entwickeln und wirkt höchst ermüdend.

Berenikes Handlungen sind oft nicht ganz nachvollziehbar. So muss sie beispielsweise in einer Passage dringendst die frisch entdeckte Leiche sehen - und kann sie auch noch untersuchen, bevor der Gerichtsmediziner auftaucht, obwohl der Schauplatz bereits von der Polizei gesichert ist! - um gleich darauf fast in Panik vom Schauplatz zu verschwinden, weil sie dort nicht gesehen werden will, da sie um ihren Ruf fürchtet.


Aufmachung des Buches
"Ausgetanzt" ist ein schön aufgemachtes Taschenbuch mit hochwertiger Broschur. Das Cover ist durchaus ansprechend, auch wenn es in Verbindung mit dem Inhalt etwas bemüht wirkt. Gelungen ist das kleine Tee-Brevier zum Schluss, es ist eine überaus nette Dreingabe.


Fazit
Noch hat sich Berenike Roither als Figur nicht so richtig bewährt. Sie schwankt noch zu sehr zwischen gehässigen, menschenverachtenden Ausbrüchen und ihrem neuen Leben als dem Esoterischen zugeneigte Teesalon-Besitzerin. Aber sowohl der Schauplatz als auch die Protagonistin haben viel Potential. Für aufmerksame Leser dürfte "Ausgetanzt" ein paar Ablauf-Fehler zuviel aufweisen, um wirklich zu überzeugen. Wer aber einen Regionalkrimi mit Atmosphäre sucht und bereit ist, bei der Handlung ein paar Abstriche zu machen, wird gut bedient.


3 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Fall 1: Schwarztee