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Kloster Rheinau, 1709: Im Gebüsch neben der Kapelle wird die Leiche eines Mönchs entdeckt. Francesco Antonio Giorgioli, der die Fresken der Klosterkirche gestaltet, ist erschüttert vom plötzlichen Tod des lebensfrohen Klosterbruders. Warum wurde der Mönch vergiftet? Abt Gerold, der einen Skandal vermeiden will, verpflichtet den Tessiner, sich sogleich auf die Suche nach dem Mörder zu machen. Doch nicht nur der Auftrag des Klostervorstehers macht Giorgoli zu schaffen, sondern auch seine Herzensangelegenheiten: Johanna, eine verführerische junge Wirtin, fordert den Maler auf ganz spezielle Weise heraus …

 

 

Autor: Alexandra Guggenheim
Verlag: Piper
Erschienen: 17.08.2010
ISBN: 978-3492257664
Seitenzahl: 302 Seiten


Die Grundidee der Handlung

Eine promovierte Kunsthistorikerin wie Alexandra Guggenheim ist natürlich in der Welt der Kunst und Malerei auch zu Hause. Sie kennt die auch dem Laien weniger bekannten Künstler, ebenso wie sie weiß, wo man deren Werke findet. Das Kloster Rheinau in der Schweiz muss sie besonders angesprochen haben, hat sie dieses doch als Schauplatz für die Geschichte ihres Romans erwählt. Ihr Protagonist Francesco Antonio Giorioli ist eine der Realität entliehene Figur, der in der Zeit, in der der Roman spielt, auch wirklich die Kirche des Klosters mit Fresken gestaltet hat. Ebenso mit eingebunden in die Geschichte ist Franz Schmuzer, ein Stuckateur, der mit Giorgioli damals zusammengearbeitet hat. Die Fachkenntnisse der Autorin sind auf allen Seiten ihres Werkes spürbar und so hat sie ihre Liebe zur Kunst mit ihrer Liebe zum Schreiben wunderbar vereint.


Stil und Sprache
Wahrlich ein sehr dünn scheinendes Buch, ist man doch gewohnt, dass historische Romane meist wesentlich umfangreicher an der Seitenzahl sind. Was aber so schmal und unscheinbar wirkt, entfaltet sich im Inneren als eine kleine Perle. Sprachlich wie erzählerisch immens feinfühlig und cineastisch. Guggenheim versteht es ohne Schnörkel und überflüssige Ausschmückungen eine detaillierte und sehr authentisch wirkende Szenerie zu schaffen, in der sich der Leser wohl und um 300 Jahre zurückversetzt fühlt. Neben dem schön gezeichneten Schauplatz findet man auch immer wieder kleine, unscheinbare Szenen; da stolziert eine Katze mit aufrechtem Schwanz und arrogantem Gehabe durch die Gänge, Hühner erschrecken durch ihr aufgeregtes Geflatter die eingespannten Pferde eines Bauern, ein Mädchen streichelt mit entrücktem Gesichtsausdruck und leisem Lächeln die Nüstern eines Pferdes. Diese kleinen, aber beschaulichen Szenen zeigen, mit welch Liebe zum Detail die Autorin ans Werk ging.

Dem Leser lässt sie die Geschichte aus der Perspektive ihres Protagonisten Giorioli wahrnehmen und so begleitet man als stiller Beobachter seinen Weg und darf an seinen Gedanken teilhaben. Wider erwarten jedoch ist das Buch kein Krimi im eigentlichen Sinn, wie man aus dem Zitat von der Autorin Charlotte Thomas auf der Rückseite des Buches aber schließen wird. Leider weckt dieses Zitat, genauer gesagt, die Worte „Ein spannender Klosterkrimi …“ falsche Erwartungen. Es schmälert zwar keinesfalls die Qualität des Buches, sorgt aber beim Leser für etwas Verwirrung, da man von einem Krimi einen etwas anders gestalteten Schwerpunkt erwartet, denn die Mordermittlung steht keinesfalls im Mittelpunkt der Geschichte. Das Buch ist mehr ein Zeitdokument, dessen Focus auf die Psyche der Figuren, hauptsächlich die Giorgiolis, gerichtet ist. Unverkennbar kommt auch die Fachfrau bei den künstlerischen Arbeiten Giorgiolis und Schmuzers zu tragen. Ohne in irgendeiner Weise belehrend zu wirken oder ihr Wissen in aufdringlicher Weise zum Besten zu geben, erfährt der Leser viel über die Technik der Freskomalerei und die Zusammensetzung der Farben und deren Anwendung.


Figuren
Die Gedankenwelt, die Empfindungen und das Handeln der Figuren lagen der Autorin besonders am Herzen. Francesco Antonio Giorgioli ist alles andere als der strahlende und sympathische Held, im Gegenteil, man mag ihn – zumindest zu Beginn der Geschichte – nicht sonderlich. Giorgioli ist ein Eigenbrötler. Einerseits introvertiert, schweigsam und mitunter auch ziemlich stur und uneinsichtig, aber anderseits auch sehr fromm, nachdenklich, selbstzerfleischend und pedantisch. Alles andere als ein einfacher Mensch. Alexandra Guggenheim umreißt zuerst skizzenhaft ihre Figuren, um ihnen sukzessive mehr an Form und so dem Leser mehr Verständnis für ihr Handeln zu geben. Liegt das Hauptaugenmerk auch auf Giorgioli, so wirken alle anderen Darsteller dennoch lebendig und authentisch. Auch bei ihren Figuren legte die Autorin eine charakterlich kaleidoskopisch bunte Vielfalt dar, was die Handlung lebendig und prall macht.
Seinem Sohn macht Giorgioli das Leben alles andere als leicht und für seinen herzlos scheinenden Umgang mit ihm kommt beim Leser so gar kein Verständnis auf. Dies und noch andere Dinge ändern sich im Laufe der Erzählung.
Durch die junge Witwe Johanna kommt auch die Liebe ins Spiel. Die Beziehung zwischen Giorgioli und Johanna ist aber alles andere als eine seichte, platte Liebesgeschichte, sondern zeigt einmal mehr Giorgiolis innere Zerrissenheit und Johannas Stärke als Frau. Hoch anzurechnen ist der Autorin auch, dass sie, anders als zum Großteil schon, auf niveaulose und explizit beschriebene Sexszenen verzichtet hat. Der Leser hat hier die Möglichkeit, die Geschehnisse zwischen den Zeilen zu lesen, was die leisen und zärtlichen Bande der beiden nur unterstreicht.


Aufmachung des Buches
Unscheinbar wirkt es, dieses Buch. Knappe 300 Seiten umfasst das vom Cover her schlichte, aber dennoch ansprechende Taschenbuch. Auf dem schwarzen Hintergrund prangt in Reliefprägung der Titel in gelb glänzenden Lettern und lediglich eine Schreibfeder, die im Tintenbehälter steckt, und weiße Blätter Papier, sind auf der Vorderseite des Buches zu sehen.

Auf den ersten Seiten findet man das Abbild einer Radierung von der Klosterinsel Rheinau und auch ein Personenverzeichnis. Ein ausführliches Nachwort, ein Glossar und ein Literaturverzeichnis runden das schlichte, aber hübsche Buch ab.


Fazit
Ein ideales Buch für Leser, die eine schöne, leise Sprache und einen feinen Erzählstil zu schätzen wissen. Eine wunderbare Charakterstudie über einen begabten Maler, der ohne sein bewusstes Wissens sein Leben nochmal überdenkt und so ganz nebenbei auch noch beauftragt wird, einen Mord aufzuklären. Kein Buch für Leser, die geballte Spannung und Action lieben, sondern Wert auf detaillierte Beschreibungen und ausgefeilte Charaktere legen. Eine kleine Perle!


4 5 Sterne


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