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Im Spiegel des Teufels. Augsburg Ende des 16. Jahrhunderts. Nach dem Tod des mächtigen Anton Fugger wird dessen Millionenvermögen gleichmäßig auf alle Nachkommen verteilt. Christoph Fugger, ein Egoist und Frauenfeind, will die Kinder seines Bruders Georg Fugger ins Kloster bringen lassen, um die Zahl der Erben zu dezimieren. Dazu verbündet er sich mit dem Jesuiten Petrus Canisius. Nur Georg Fuggers Tochter Anna ahnt, welch perfides Spiel der Augsburger Domprediger treibt …

 

 

Autor: Rebecca Abe
Verlag: Gmeiner
Erschienen: 7. März 2011
ISBN: 978-3839211441
Seitenzahl: 466 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Die Fugger, eine Familie von der wohl jeder schon gehört hat, ging diese nicht als eine der größten und reichsten Handelsunternehmen in der Renaissance in die Geschichte ein. Jakob und Anton Fugger sind wohl die bekanntesten und waren auch die reichsten Männer der doch großen Familie. In diesem Roman jedoch geht es um die Familie von Georg Fugger, Neffe des legendären Anton Fugger, insbesondere um Anna, seine Tochter. Lässt sich über Jakob und Anton jede Menge im Internet nachlesen, so findet man über Georg und Anna beinah gar nichts oder nur sehr wenig. Man muss sich schon die Mühe machen und sich mit einschlägiger Literatur beschäftigen, um mehr zu erfahren.
So war es der Autorin natürlich auch möglich, ihre eigene Interpretation der Dinge festzuhalten und der Geschichte Wendungen nach ihren Vorstellungen zu geben. Dennoch hat die Autorin gründlich recherchiert und die dafür herangezogenen Werke hinten im Buch unter „Literaturangaben“ angeführt.


Stil und Sprache
Dieses Buch lebt und ist geprägt durch die wunderschöne, geschliffene Sprache, die mit einem ebensolchen Erzählstil harmoniert. Dicht atmosphärisch lässt Rebecca Abe den Leser in das späte 16. Jahrhundert eintauchen und veranschaulicht  aus der Perspektive des Beobachters auf packende und sehr eindringliche Weise das Leben der damaligen Zeit. Das Haus der Fugger entsteht ebenso vor dem geistigen Auge wie das damalige Leben im Hause Fugger.

Schwachpunkt dieses Romans ist leider der Plot selbst. Man weiß nicht so richtig in welche Richtung die Autorin will. Ein Thriller, wie am Umschlagtext erwähnt, ist es nicht, ebenso wenig ein Krimi, da man die „Täter“ ja kennt. Es ist mehr ein Bericht über Annas Leben und dies ist auch durchwegs gut gelungen. Zu Beginn jedoch hat man einfach den Eindruck – und dies ändert sich erst ab ca. der Hälfte des Buches – es gehe doch Richtung Krimi. Abe führt lange Zeit einen parallelen Erzählstrang über die Figur Kellenbenz und seine Tochter Bianka, der auch spannend geschrieben ist. Später beginnt man sich aber zu fragen, weshalb dieser so ausführlich dargestellt wurde, wo er quasi ins Leere verläuft und kein tragender Teil der Geschichte ist. Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, um etwas betrogen worden zu sein.


Figuren
Neben Sprache und Erzählstil sind auch die Figuren außergewöhnlich in diesem Roman. Abe beherrscht es perfekt, ihren Darstellern vielschichtige und entwicklungsfähige Charaktere zu verleihen, die keinesfalls blass und einseitig sind, obwohl man so manche Handlung nicht immer nachvollziehen kann.
Die Entwicklung der Figur Ursula Fugger, Annas Mutter, ist sehr authentisch und glaubwürdig. Eine eingefleischte Lutheranerin wird von einem machtbesessenen Priester, Canisius, so lange umsäuselt, bis sie ihren Irrweg einsieht und eine frömmelnde Katholikin wird. Die extreme Wandlung Ursulas hat auch Auswirkungen auf die ganze Familie und auch den Haushalt.
Georg, Annas Vater, wirkt wie ein Mann, der mit beiden Beinen fest im Leben steht, wenngleich er aus seiner großen Liebe für die Alchemie kein Geheimnis macht. Als sein Frau jedoch ihr ganzes bisheriges Leben auf den Kopf stellt, meint man, dass er einen Schlussstrich ziehen und dies unterbinden werde. Abe jedoch macht aus dem standfesten Mann einen gehorsamen Weichling und der Leser weiß nicht so recht, was er damit anfangen soll.
So geschieht dies auch mit Anna, die ein willensstarkes und kämpferisches Mädchen ist. Sie kann den stinkenden und scheinheiligen Pater Canisius von Beginn an nicht leiden und wehrt sich mit allen Mitteln gegen seine Anordnungen. Nach langem Aufenthalt im Kloster zweifelt sie plötzlich an sich selbst und schätzt den zwielichtigen Pater plötzlich.
Ohne Frage sind die Figuren sehr interessant gezeichnet. Bei Pater Canisius kommen einem allerdings leise Zweifel, ob er wirklich so gewesen sein könnte. Nach Angaben der Autorin wurde Canisius 1925 heilig gesprochen und man fragt sich, wie sein berechnender Charakter wohl zu diesem Geschehen passt… Ebenso bekommt man das Gefühl, dass damals das Recht für alle, nur nicht für die Fugger galt, denn das „Urteil“ für Philipp, Annas Bruder, will man angesichts seiner Taten nicht so recht glauben.


Aufmachung des Buches
Eine typisch schöne Taschenbuchausgabe von Gmeiner. Ein Glossar, Personenliste und Nachwort sind ebenso enthalten wie ein alter Stadtplan von Augsburg, auf dem die wesentlichen Gebäude eingezeichnet und beschrieben sind. Vervollständigt wird auch dieses Buch, wie bei Gmeiner erfreulicherweise üblich, mit einem zur Aufmachung passenden Lesezeichen. Das in vier Teilen untergliederte Buch, mit je mehreren Kapiteln, ist vereinzelt illustriert und diese hübschen Illustrationen stammen von der Autorin selbst.


Fazit
Ein sehr schön geschriebenes Buch mit dichter Atmosphäre. Es kommen nie Längen auf und so garantiert die Autorin Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Seite ihres Werkes. Sprache und Erzählstil sind außergewöhnlich und heben das Buch um vieles von der übrigen Masse ab. Nur die Handlungen der Figuren und die nicht ganz stimmige Gesamtkomposition sind etwas gewöhnungsbedürftig, was aber durch den feinfühlig erzählten Kern der Geschichte, Annas Leben, wieder wett gemacht wird.
Auf jeden Fall ein Buch, dass sich von der Vielzahl der flachen und platten Geschichten der historischen Romane sehr positiv abhebt.


4 Sterne


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