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Was machen Japans Angestellte, wenn sie nicht unter bezaubernden Kirschblüten feiern? Wohin geht die junge Dame, wenn sie ihren Kimono gegen Jeans getauscht hat und wer wohnt eigentlich in den blauen Zelten mitten im Park? Christine Liew nimmt Sie mit auf eine Reise in den japanischen Alltag und erzählt von den Menschen jenseits von Klischee und Hochglanzbroschüre. Schüchterne Sumo-Kämpfer kommen in ihren Geschichten ebenso zu Wort wie entrückte Anime-Fans. Hausfrauen findet man am Nachmittag im Takaruzaka-Musicaltheater, Schulmädchen in einem Love-Hotel und Roboter helfen im Altersheim. Facettenreich und unterhaltsam beschreibt die Autorin das ungewohnte Leben ganz gewöhnlicher Japaner. Eine kurze Liste der wichtigsten Höflichkeitsregeln im Anhang des Buches erleichtern dem Leser den Einstieg in eine faszinierende Kultur.

 

 

Autor: Christine Liew 
Verlag: Dryas
Erschienen: September 2010
ISBN: 978-3-940855-22-0
Seitenzahl: 234 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Die Autorin hat 15 Jahre in Japan gelebt, bevor sie 2003 samt Familie in ihre Heimat Deutschland zurückkehrte und weiß deshalb viel zu berichten. Das Buch mit einer Unterteilung in 17 thematisch eigenständige Kapitel von rund 10 Seiten Umfang lässt sich super häppchenweise lesen. Im leicht verständlichen lockeren Plauderton sind die Kapitel mal persönlich-anekdotischer Erfahrungsbericht, mal sachliche Reportage oder eine Kombination aus beidem. Sie lesen sich informativ und unterhaltsam zugleich. Dennoch könnte ein Leser ohne Vorwissen einzelne Stellen vielleicht verwirrend finden, z.B. wenn sich die Autorin über die Feinheiten und Differenzierungen von Sprache und Schrift oder über die Wahl der richtigen Anredeform auslässt. Speziell in diesen Passagen wird einem umso deutlicher vor Augen geführt, wie kompliziert Japans gesellschaftliche Anforderungen für uns Europäer sein können.

Insgesamt breitet sich dem Leser ein vielfältiges Kaleidoskop über ein Land und seine Menschen aus, von dem wir heute nicht viel mehr wissen als unsere Vorfahren im 17. und 18. Jahrhundert, als sich das „Land der aufgehenden Sonne“ vollständig der Außenwelt verschloss. Aus dem eigenen umfangreichen Erfahrungsschatz schöpfend, berichtet die Autorin über die Familie, das Kindergarten- und Schulsystem, den gesellschaftlichen Umgang, soziale Strukturen (Absicherungen im Fall von Arbeitslosigkeit und Rentnerdasein), wie die Japaner mit der allgegenwärtigen Erdbebengefahr umgehen u.v.m. Neben den ganz „normalen“ Alltagsthemen weiß sie noch über allerlei typische Eigenheiten zu erzählen, wie man ihnen wohl nur in Japan begegnet, und die für uns Europäer teilweise unglaublich und skurril klingen.

Zu guter Letzt gibt Frau Liew dem angehenden Japanreisenden eine absolut unverzichtbare Top Ten der "Dos and Don’ts" für ein höfliches, reibungsloses Miteinander an die Hand, will er nicht von einem peinlichen Fettnäpfchen ins nächste treten und womöglich wichtige berufliche Verbindungen bei der Geschäftsreise ruinieren. Auch in dieser Auflistung lässt sich wieder (für unser Empfinden) so manche Absurdität entdecken.

Das Buch eignet sich hervorragend zur Einstimmung auf eine Japanreise, sei aber auch allen anderen interessierten Lesern wärmstens ans Herz gelegt, die sich nach dem Motto „Länder-Menschen-Abenteuer“ unterhalten und weiterbilden möchten. Mir persönlich (vorbelastet durch den Konsum diverser japanischer Romane, Mangas und Animes) ermöglichte die Lektüre eine enorme Erweiterung und Verfestigung meines bisher einzig aus dem Fiktiven erworbenen Wissens und bot mir nebenbei kurzweilige Unterhaltung.


Aufmachung des Buches
Das broschierte Sachbuch weist mit seinen harten Buchdeckeln und dem glatten, festen Seitenpapier einen guten Qualitätsstandard auf. In die Buchmitte sind 12 Farbseiten mit von Frau Liew beigesteuerten Fotos eingebunden. Genauso stammt das Coverfoto von der Autorin selbst. Im Anhang befinden sich die schon erwähnten Top Ten des guten Tons sowie eine Karte Japans. Leider fällt diese viel zu klein aus, mit Städtenamen so winzig, dass man sie ohne Lupe kaum entziffern kann. Statt die Landkarte im Kleinformat mittig auf die Seite zu quetschen, hätte man sie genauso gut auch seitenausfüllend und damit wesentlich ansprechender darstellen können.

Besonders hervorheben möchte ich noch den idealistischen Leitgedanken des Verlages, welchen Verlegerin Sandra Thoms im Buch anfangs vorstellt. So setzt sich Dryas äußerst konsequent für bewusstes Reisen und nachhaltigen Tourismus ein. Das bedeutet, abseits eines rein touristischen Zwecks möchte man dem Leser bzw. Reisenden mit den Büchern aus dem Hause Dryas einen kritischen, offen Blick hinter die glattpolierten Fassaden der vorgestellten Regionen gewähren. Außerdem fließen 50 Cent aus jedem verkauften Dryas-Reisebuch als Spende an eine gemeinnützige Organisation im betreffenden Land. Empfänger in diesem Fall sind die „Ärzte ohne Grenzen“, die in Japan u.a. erste Hilfe bei Erdbebenkatastrophen leisten.


Fazit
Die ebenso informative wie kurzweilige Lektüre bringt uns das „Land der aufgehenden Sonne“ ein wenig näher und ist ideal zur Einstimmung auf eine Japanreise – aber nicht nur! Erbauend dürfte das Buch beispielsweise auch für Deutschlands große Fangemeinde japanischer Mangas und Animes sein, weil sich damit hervorragend Vergleiche zwischen fiktivem und realem Alltagsleben ziehen lassen.


4 5 Sterne


Hinweise
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