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Dem Himmel so fern und der Hölle so nah.

Jahrzehntelang ging es bergab mit Underhowle, doch neuerdings deuten in dem abgelegenen Ort die Zeichen auf Aufschwung. Dumm, dass ausgerechnet jetzt einige unschöne Todesfälle ans Licht kommen. Droht Underhowle als Jagdrevier eines Serienmörders zu unerwünschtem Ruhm zu gelangen? Schlimmer noch: Die Frauenleichen verweisen auf eine andere Mordserie – die schrecklichste der britischen Geschichte. Viele Einheimische hegen einen Verdacht: Könnte es sein, dass die mächtigen Starkstromleitungen, die Tag und Nacht über dem Ort sirren und brummen, unheilvollen Einfluss auf sensible Gemüter haben? Merrily Watkins, die sich als Seelsorgerin um die Hinterbliebenen der Toten kümmert, gerät tiefer in die Ermittlungen, als ihr lieb ist. Und auch ihre wenig gehorsame Tochter Jane kommt dem Fall gefährlich nahe ...

 

 

Originaltitel: The Lamp of the Wicked
Autor: Phil Rickman
Übersetzer: Karolina Fell/Nicole Seifert
Verlag: rowohlt
Erschienen: 01/2011
ISBN: 978-3499253348
Seitenzahl: 688 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Gomer Parry, der in Ledwardine „Landwirtschaftsdienste“ anbietet, sprich Entwässerungsgräben anlegt und Abwasser aus einsam gelegenen Häusern leitet, hat Konkurrenz bekommen: Roddy Lodge versorgt die neu zugezogenen Londoner in der Gegend mit hochmodernem Schnickschnack und schnappt Gomer so die Aufträge weg. Als eines Nachts Gomers Lagerhalle in Flammen aufgeht, wird sofort Roddy verdächtigt. Als Gomer und Merrily, die ihrem Freund zu Hilfe geeilt ist, Roddy dann auftreiben, ist der gerade dabei, die Leiche seiner Freundin verschwinden zu lassen. Roddy benimmt sich ziemlich abgedreht, redet wirres Zeug und gesteht weitere Morde. Merrily soll den Angehörigen der Opfer der Mordserie beistehen und gerät wieder einmal zwischen alle Stühle …

Während besonders im vierten Teil der Serie um Merrily Watkins ("Der Turm der Seelen") ihr „Nebenberuf“ als Beraterin für spirituelle Grenzfragen im Mittelpunkt der Ereignisse stand, ist es dieses Mal eindeutig der Mordfall, was in meinen Augen eine gelungene Entwicklung darstellt. Dass dieser Fall auch noch geschickt mit den tatsächlich geschehenen Morden von Fred und Rosemary West verknüpft wird, ist ebenfalls ein kluger Schachzug und zeugt von einer großen Ideenvielfalt des Autors.


Stil und Sprache
Phil Rickman lässt sich – wie gewohnt – viel Zeit für das, was er erzählen möchte. So hat man zwar als Leser die Chance, sich in Ruhe wieder einzufinden in Ledwardine und Umgebung, andererseits wirkt diese Gemütsruhe äußerst negativ auf eine sich möglicherweise entwickelnde Spannung. Hier laufen immer mindestens drei Handlungsstränge parallel, die auch noch ziemlich abrupt gewechselt werden, um die Verwirrung komplett zu machen. Irgendwann hat man nach der Einführung von zig neuen Figuren dann einfach keine Lust mehr, jeden der – zugegebenermaßen recht spitzfindigen – Dialoge bis zum bitteren Ende zu verfolgen, jede vielleicht zweideutige Redewendung im Kopf zu behalten und auf eventuell später einmal wichtige Details zu überprüfen.

So plätschert dann alles ziemlich belanglos vor sich hin, um am Ende auch nicht zu einer eindeutigen Auflösung zu kommen. Nun gut, im Leben ist nur wenig wirklich eindeutig wahr oder falsch, aber ein bisschen mehr Entschlossenheit hätte sich Phil Rickman schon abringen können, zumal der Fall selbst wirklich gut ausgedacht ist. Viel zu viele Nebenschauplätze nehmen aber die Spannung, so dass am Ende kaum mehr als ein Durchschnittsroman herauskommt. Da hilft es dann auf Dauer auch nicht, dass der Autor großen Wert auf viel ländlich-britische Atmosphäre legt und auch ansonsten alles tut, um - dieses Mal mit Engeln - etwas Mystik ins Spiel zu bringen.


Figuren
Merrily Watkins war mir eigentlich immer recht sympathisch, so langsam geht sie mir mit ihrer zögerlichen Art aber ziemlich auf die Nerven. Nicht nur ihre halbherzigen Versuche, mit ihrer Tochter Jane, die sich in einer echten Krise befindet, zu reden, scheitern immer wieder an vorgeblich wichtigeren Dingen, auch ihre Beziehung zu Lol Robinson steht auf wackligen Füßen, kann Merrily sich doch zu keiner echten Entscheidung durchringen. Da möchte man sie als Leser manchmal im Nacken packen und ordentlich durchschütteln, wenn sie wieder mal schweigt oder ausweicht. So langsam wirkt sie auch etwas unglaubwürdig: Eine Frau Mitte dreißig, die einer Kirchengemeinde vorsteht, seelsorgerisch tätig sein soll und selbst über so wenig Selbstbewusstsein verfügt, dass sie es nicht wagt, ihren Freund bei sich übernachten zu lassen, das geht gar nicht.

Gomer Parry kennt man schon aus vorherigen Bänden der Reihe, hier bekommt er mehr Raum zur Entfaltung und macht sich richtig gut. Auch Jane mit ihren Glaubenszweifeln und Lebenskrisen schlägt sich tapfer und wirkt lebendig und echt, ebenso wie ihr Freund Eirion. Eigentlich alle Nebenfiguren sind authentisch und dreidimensional dargestellt, nur Merrily selbst ... – siehe oben. Hier wäre eine sichtbare Weiterentwicklung wirklich mal nötig gewesen.


Aufmachung des Buches
Die Taschenbücher um Merrily Watkins werden mit jedem neuen Buch dicker, dieses liegt mit fast 700 Seiten schon nicht mehr so richtig gut in der Hand. Das Cover ist im üblichen Stil der Reihe gestaltet und zeigt ein typisch englisches Haus, das zwischen kahlen Bäumen unter einem grauem Himmel liegt. Über dem Haus ragen riesige Strommasten auf und erdrücken es fast. Eine Gestaltung, die gut zum Inhalt des Buches passt. Innen ist der Roman in sechs Teile gegliedert, wobei zu Beginn jedes neuen Teils aus verschiedenen Büchern zum Thema Serienmörder und Elektrosmog zitiert wird.


Fazit
Im fünften Teil besinnt sich Phil Rickman wieder mehr auf die Krimihandlung, was der Geschichte nur gut tut. Nägelkauende Spannung bekommt man trotzdem nicht geboten, dafür ist das Ganze einfach zu kompliziert und umständlich aufgebaut. Trotzdem wegen des an sich guten Einfalls etwas mehr als Durchschnitt, für Fans auf jeden Fall lesenswert.


3 5 Sterne 


Hinweise

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Backlist:
Band 1: Frucht der Sünde
Band 2: Mittwinternacht
Band 3: Die fünfte Kirche
Band 4: Der Turm der Seelen

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