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Ein Mann ohne Vergangenheit. Ein Mädchen ohne Zukunft. Eine Liebe, die nicht sein darf. Berlin in der Gründerzeit: Ein Nervenleiden zwingt die schöne, hochbegabte Isabel in den Rollstuhl. Die junge Frau blüht auf, als sie den Wanderfotografen Ruven kennenlernt. Die beiden fühlen sich seelenverwandt. Doch dann verschlechtert sich Isabels Gesundheitszustand. Fieberhaft beginnt sie an einer Erfindung zu arbeiten, durch die sie auch nach dem Tod weiterleben könnte: die Seelenplatte – ein fotografisches Verfahren, das nicht nur das Bild eines Menschen einfängt ...

 

 

Autor: Charlotte Freise
Verlag:
 Rowohlt
Erschienen: 1. September 2010
ISBN: 978-3499255120
Seitenzahl: 320 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Zweifelsohne muss sich die Autorin in irgendeiner Weise für Fotografie interessieren, denn mit der Liebe zum Detail, wie sie in ihrer Geschichte einfließt, spürt man nicht nur die hervorragende Recherche auf diesem Gebiet, sondern auch die Begeisterung für diese Materie.
Rund um die Technik des Fotografierens schaffte Charlotte Friese (der Name ist ein Synonym von Karla Schmidt, die unter ihrem richtigen Namen Thrillers schreibt) die moderne Welt der Technik des späten 19. Jahrhunderts und zeigt, dass es auch andere Geschichten gibt als die einer starken Frau, die sich durch das Schicksal gebeutelt in der Welt der Männer behaupten kann und letztendlich auch noch ihren Retter und damit auch die große wahre Liebe findet.


Stil und Sprache
Die Gründerzeit aus der Perspektive der einfachen Bevölkerung, ohne Prunk und Pomp. Auch Sprache und Erzählstil sind ohne Schnörkel und Spielereien, sondern einfach und geradlinig, aber keinesfalls nüchtern oder kalt, sondern sehr fein – eben dem Milieu der Schauplätze angepasst. Die Geschichte spielt in der Gründerzeit, dessen Jahreszahl man nur sehr wage, von etwa 1840 bis ca. 1873 (manche meinen sogar bis 1914) angeben kann. Da aber sämtliche Figuren und der Großteil der Schauplätze fiktiv sind, spielt das genaue Jahr auch keine Rolle.

Charlotte Freise schafft mit ihren feinfühligen und subtilen Beschreibungen einen hervorragenden Einblick in die Welt der weniger Begüterten. Diese müssen tagtäglich ums Überleben kämpfen, hart dafür arbeiten und nur äußerst selten – wenn überhaupt – können sie sich neue Schuhe oder einen neuen Mantel leisten. Zuhause in sehr kleinen Wohnungen, die gerade einmal aus zwei Zimmern bestehen. Die Autorin lässt den Leser als Zuschauer agieren, quasi als heimlichen Gast und Beobachter.
In dieser Welt, die für uns heute unvorstellbar ist, leben auch die Protagonisten dieses Buches, und der Autorin gelingt es, dass der Leser die oft bedrückende oder auch beklemmende Atmosphäre förmlich am eigenen Leibe spürt. Gekonnt zeichnet sie die Viertel Berlins, in denen die einfacheren Leute zu Hause sind, und man begleitet sie auf ihrem Arbeitsweg, sieht ihnen beim Kochen und Einheizen zu und spürt ihre Sorgen und Ängste.

Von der auf der Rückseite des Buches angeführten „schaurig-schönen-Phantastik“ ist allerdings wirklich nur ein ganz kleiner Hauch – wenn überhaupt – zu spüren, denn dies ist mehr eine Träumerei, eine Flucht aus der Realität sozusagen.


Figuren
Die im Buch vorkommenden Figuren sind nicht sehr viele, aber alle spielen im Grunde eine tragende Rolle. Da ist Ruven, der als kleiner Junge bei einem Brand seine Eltern verlor, in einem Waisenhaus aufwuchs und nun mit einem etwas undurchsichtigen Fotografen durch die Orte tingelt. Als Ruven eines Tages den Arzt Dr. Greipel kennen lernt, trennt er sich von dem Despoten. So trifft er auch durch Zufall auf die junge Isabel, die im Rollstuhl sitzt und von der alten Anna versorgt wird. Und dann ist da noch die hübsche Elfi mit ihrem Sohn Peter.
Um diese Darsteller geht es im Wesentlichen in dem ungewöhnlichen, aber sehr gefühlvollen Roman. Fern jeglichen Kitschs und Sentimentalität, sind alle Charaktere tiefgründig und vielschichtig gezeichnet, so dass man sich mit (fast) allen identifizieren kann. Mag einem der eine oder andere auch nicht so sympathisch sein, sind sie dennoch glaubwürdig und authentisch. Die Mannigfaltigkeit menschlicher Eigenheiten und Motive werden von der Autorin auf ganz spezielle Weise beleuchtet.


Aufmachung des Buches
Ein Taschenbuch mit, vom Motiv her, passender Aufmachung. Im oberen Viertel des Umschlages sieht man das Brandenburger Tor und in der unteren Hälfte ist das Porträt einer jungen Frau abgebildet. Farblich ist dies lediglich in einem Spektrum von graugrünen Tönen gehalten. Der Rest ist leider äußerst lieblos gestaltet. Keine Einführung, kein Nachwort, keine Danksagung. Nur die Geschichte selbst ohne jedwelche Erklärungen oder Ausführungen. Etwas schade, da es dem hervorragenden Werk nicht gerecht wird und man gerne noch etwas über die Recherchearbeit erfahren hätte oder auch, unter welchem Aspekt die Autorin ihr Thema gewählt hat.


Fazit
Ein wunderbares „leises“ Buch, das berührt und entführt. Einmal eine Geschichte aus einer ganz anderen Welt - ohne großen Glanz, aber dennoch mit viel Optimismus und Überlebenskampf. Mit einem ungewöhnlichen Schluss beendet die Autorin eine meisterhafte Erzählung, die einem noch lange in Erinnerung bleiben wird. Ein Buch, das man ob der schlichten Aufmachung keinesfalls übersehen darf!


5 Sterne


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