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»Heimat« könne er nicht verorten, sagt er. Dafür sei er in seinem Leben schon zu viel gereist, habe zu viele Orte gesehen, zu viele Kulturen, zu viele Menschen schätzen und lieben gelernt. Aber mit Europa sei er kulturell verbunden. Hier fühle er sich zu Hause.
Der passionierte Weltenbummler und Kosmopolit Alfred Biolek begibt sich mit Nahuel Lopez auf eine kulturelle Entdeckungsreise durch Europa. Es ist eine Reise durch seine ganz persönliche »Heimat« und natürlich auch eine Entdeckungsreise zu sich selbst.
In sechs Reisefeuilletons entdecken die Leserinnen und Leser Europa durch die Augen Alfred Bioleks. Die zahlreichen Informationen um Land, Leute und Kultur ergänzen Gespräche mit Alfred Biolek, in denen er seinen ganz persönlichen Blick freigibt auf die vielen Stätten seiner Heimat.

 

 

Autor: Alfred Biolek, Nahuel Lopez
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
Erschienen: 24. Mai 2010
ISBN: 978-3-579-06868-8
Seitenzahl: 233 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Alfred Biolek schreibt ein Buch mit dem Titel Meine Heimat Europa. Das weckt Erwartungen, kennt man doch Biolek als charmanten Plauderer. Leider ist er aber nicht der Autor des Buches, obwohl dieser Eindruck durch die Covergestaltung entsteht. In Wirklichkeit schreibt Nahuel Lopez das Buch über ihn. Lopez und der Fotograf Bodo Vitus begleiten ihn auf seinen Kurzreisen in insgesamt 6 europäische Städte. Lopez ist für den Text zuständig, Vitus für die Bilder. Man merkt den Fotos an, dass Vitus Mode- und Porträtfotograf ist. Die Städteansichten sind hübsch anzusehen, aber es fehlt ihnen die Ausdruckskraft. Biolek dagegen wird wirklich gut in Szene gesetzt, hier versteht Vitus sein Handwerk. Bei Lopez bin ich mir da unsicher, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Ist das Buch eine Biographie, ein Reiseführer oder eine Mischung aus beidem? Ein Porträt des beliebten Moderators? Alles und doch auch wieder nicht. Lopez kommt vom Fernsehen, und so wirkt das Buch auch auf mich, der Leser ist eigentlich Zuschauer - eine schriftlich abgelieferte 6teilige Dokusoap mit Biolek als Zugpferd. Die Berichte von den Städtereisen ähneln sich und langweilen dadurch auf die Dauer. Man kommt an, fährt ins Hotel, trifft Freunde von Alfred Biolek, oder hat Karten fürs Theater. Geht essen, trinkt Kaffee oder schon mal am Nachmittag Wein. Biolek liest Zeitung und man streift ein wenig durch die Straßen, manchmal auf der Suche nach einem bestimmten Lokal oder Geschäft. Adressen inklusive. "Geheimtipps", die dann keine mehr sind. Gut lesbar, und die Lektüre macht zunächst auch Spaß  - humorvoll, mit bildhaften und ungewöhnlichen (Orts-) Beschreibungen. Aber das trifft fast nur auf den Besuch in Wien zu. Der Rest ist Reiseführerstil.

Überhaupt nicht einordnen kann ich darüber hinaus, wieso Lopez von Biolek das Bild eines ungeduldigen, mäkeligen alten Mannes, der Zahnstocher klaut und zu cholerischen Anfällen neigt, zeichnet. Gibt es da ein Hühnchen zu rupfen oder fehlt es dem Autor schlicht an Einfühlungsvermögen? Und es stellt sich die Frage, warum Biolek das zulässt. Die kann ich natürlich auch nicht beantworten, aber im letzten Kapitel über Athen spürt man dann deutlich die Melancholie, die eigentlich das ganze Buch durchzieht, das Abschied-nehmen von einem Leben auf der Überholspur, das der 75 jährige bisher geführt hat und das Noch-nicht-wissen, wie es in ruhigere Bahnen gelenkt werden kann. Die Angst, das jetzt nichts mehr kommt - "Ich habe ja alles gehabt" (S.207). Jetzt begreift man als Leser, dass das ganze Gehetze durch die Städte, die vielen Aktivitäten, nicht der Spurensuche dienten, sondern dem Finden einer Antwort. Andererseits erfährt man aber doch noch manches über den "alten" Biolek, der sich spontan mit Zufallsbekanntschaften zum Essen verabredet, zu genießen weiß oder sich lobend über ein sehr experimentelles Konzert äußert. Das versöhnt dann wieder.


Aufmachung des Buches
Das Buch überrascht in zweierlei Hinsicht – durch ein ungewöhnliches Format (25,4 x 20,3 x 2,3 cm) und sein Gewicht (knapp 1000 Gramm). Man sollte sich also auf eine "schwergewichtige" Lektüre einstellen. Das gebundene Buch verfügt über einen Schutzumschlag, der Alfred Biolek in einem Zugabteil zeigt. Dezent in dunklen Farben gehalten, wird so das Gesicht Bioleks in den Mittelpunkt gerückt. Entfernt man den Umschlag, dann ziert die Vorderseite das nämliche Foto. Im Inneren dann schönes, weißes Hochglanzpapier und viele, viele Fotos des Moderators, und schließlich natürlich auch ein paar Städteansichten, die auf Biolek verzichten müssen. Soweit so gut, gestört hat mich die große Schrift und der anderthalbfache Zeilenabstand. Beides stört den Lesefluss und wirkt, als sei das Buch an Leser jenseits der Hundert gerichtet, die zum Lesen eine Lupe brauchen, oder dem  Autor ist nicht genug eingefallen, um das Buch damit zu füllen. Abgeschlossen wird es durch einen Hinweis auf die Alfred Biolek Stiftung für Afrika.


Fazit
Eigentlich ist das Buch eine Mogelpackung, weder ist Alfred Biolek der Autor, noch erfährt man viel über seine "Wurzeln", und wer Anekdotisches erwartet wird auch enttäuscht. Als Reiseführer taugt es ebensowenig. Warum dann doch 3 1/2 Sterne? Weil es ein Buch über einen authentischen Menschen in einer Krise ist. Er lässt den Leser daran teilhaben und das macht ihn so sympathisch. Also in erster Linie ein Buch für seine Fans, zu denen ich mich auch zähle.


3 5 Sterne


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