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Hazel Micallef, Polizeichefin in einem kleinen Ort in Kanada, erinnert sich an das, was sie soeben mit eigenen Augen sieht, nur zu gut – eine Leiche, die aus dem Wasser geborgen wird. In allen Details hat sie zum Frühstück in der Lokalzeitung davon gelesen: in einer Fortsetzungsgeschichte. Im ersten Kapitel. Allein der Autor weiß, wie es weitergeht. Doch wer ist der Autor? Und warum verschwindet plötzlich ein Zeuge nach dem anderen spurlos von der Bildfläche?

 

 

Originaltitel: The Taken 
Autor: Inger Ash Wolfe
Übersetzer: Fred Kinzel
Verlag: blanvalet
Erschienen: 05/2010 
ISBN: 978-3442370696
Seitenzahl: 448 Seiten 

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Die Grundidee der Handlung
Hazel Micallef ist nach einer Rückenoperation eigentlich krankgeschrieben, als ihr Vertreter in der Kleinstadt Port Dundas um ihre Hilfe bittet: Zwei Angler haben angeblich eine Leiche aus dem See gezogen. Die Leiche entpuppt sich als Torso einer Schaufensterpuppe, aber Hazel spürt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Die beiden Angler sind plötzlich tagelang nicht zu erreichen und außerdem beschreibt der aktuelle Fortsetzungsroman in der örtlichen Wochenzeitung exakt den Fund der „Leiche“. Als weitere Kapitel dieses Romans auftauchen, der angebliche Autor aber ebenfalls verschwindet, beginnt Hazel zusammen mit ihrem Kollegen James Wingate zu ermitteln und stößt auf eine Internetseite, die einen Keller zeigt, in dem offenbar jemand gefangen gehalten wird. Als dann noch Körperteile auftauchen, weiß Hazel, dass ihr die Zeit davonläuft, und findet sich mitten in einem perfiden Spiel mit einem Killer wieder.


Stil und Sprache
Inger Ash Wolfe ist das Pseudonym „einer weltweit renommierten und preisgekrönten kanadischen Autorin“ (Amazon), deren Identität bisher nicht bekannt ist. Dass sie keine Anfängerin ist, merkt man in diesem Thriller von der ersten Seite an. Ohne Vorwarnung wird man als Leser in einen Fall gezogen, der zuerst wie eine makabre Schnitzeljagd wirkt, dann aber immer mysteriöser wird und am Ende in einem dramatischen Finale gipfelt. Bis dahin geht man ausschließlich aus Hazels Sicht auf die Jagd nach einem Phantom und ist durch ihre ausführlich geschilderten Gedankengänge so nah dran, wie es irgend geht. Trotzdem gibt es aber immer wieder Überraschungen, wenn Hazel zum Beispiel ihren Untergebenen nicht ihre ganzen Pläne verrät. Das bringt noch mehr Spannung in die Handlung und erhöht deutlich den Reiz der Geschichte.

Besonders gelungen sind außerdem die knochentrockenen Dialoge voller schwarzem Humor, da werden die Bälle hin und her gespielt, dass es nur so kracht … hier hat sich jemand richtig Mühe gegeben, keinen Mainstream-Thriller abzuliefern – und es hat hervorragend funktioniert!


Figuren
Hazel Micallef ist so gar nicht der Prototyp einer Ermittlerin: mit fast 62 Jahren ist sie schon ein wenig müde, dafür aber sehr erfahren und pragmatisch. Sie lässt sich nichts bieten, ist eher barsch als freundlich zu Zeugen und Verdächtigen und weiß sich in (fast) jeder Situation durchzusetzen. Privat sieht es dagegen anders aus: Nach der schmerzlichen Scheidung lebt sie mit ihrer Mutter zusammen, muss aber nach einer Rückenoperation vorübergehend bei ihrem Exmann und deren Frau einziehen. In Selbstmitleid versunken und abhängig von ihren Schmerzmitteln droht ihr der völlige Absturz, vor dem nur der aktuelle Fall sie bewahrt. Trotz Hazels auf den ersten Blick gar nicht sonderlich sympathischen Ausstrahlung ist Inger Ash Wolfe mit ihr eine absolut charismatische Figur gelungen, voller Widersprüche und gerade dadurch so lebendig. Wie sie kämpfen muss, um ihr Leben in den Griff zu bekommen, das bestimmt diesen Roman auch mit und ist wichtiger Teil der Handlung.

Auch sonst wird dieser Thriller angenehmerweise nicht wie viele andere von Stereotypen bestimmt, sondern bis in die letzte Nebenrolle hinein hat die Autorin sich ungeheure Mühe gegeben, ihre Figuren authentisch darzustellen. Besonders gut ist ihr dies bei Hazels „Familie“ gelungen, ihr Exmann und seine Frau zum Beispiel treten nur am Rande auf, sind aber dennoch extrem wichtig für die Geschichte um Hazel. Hier will man einfach dringend wissen, wie es weitergeht, auch mit James Wingate, dem Kollegen aus Toronto, dessen gebrochene Biographie eine wichtige Rolle spielt. In üblichen Thrillern sind gute Charaktere oft Mangelware, hier platzen sie fast aus den Buchdeckeln, so prall voll ist diese Geschichte von ihnen.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt rundherum einen dunkelblauen Seidenstoff, der auf der Vorderseite des Buches an einer Stelle eingerissen ist. Aus dem Riss krabbelt eine Spinne heraus. Der Titel ist ebenso wie die Spinne erhaben und in Spotlack ausgeführt, rote Buchstaben wirken als Kontrast zum Blau des Hintergrundes. Innen gibt es nach einem kurzen Prolog 37 durchnummerierte Kapitel. Zwar gefällt mir die Aufmachung des Buches gut, dennoch passt sie nicht wirklich zum Inhalt. Vermutlich wurde das Cover nur gewählt, um das Motiv des Vorgängers „Todesgebet“ aufzugreifen.


Fazit
Ein Thriller, der einfach alles hat: einen aufregenden, intelligent ausgedachten Fall, der einen nicht mehr loslässt und ganz ohne Serienmörder auskommt, dazu eine charismatische Ermittlerin mit ihrer ganz eigenen Geschichte und auch noch einen fantastischen Schreibstil. „Der Herzsammler“ ist ein absolutes Highlight, das wohltuend aus der Masse herausragt.


5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Todesgebet

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