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Luciani sucht die Göttin der Gerechtigkeit

Luciani grollt: Er hat keine Wohnung mehr, keine Freundin und nicht mal einen spannenden Mordfall auf dem Tisch – dafür einen nervtötenden neuen Vize und eine Allergie. Doch dann wird bei Genua die Leiche eines alten Fischers an Land gespült, in der Faust ein Häufchen bunter Kiesel, wie man sie an der gesamten ligurischen Küste nicht findet. Sie führen Luciani auf eine scheinbar abwegige Spur und mitten in einen spektakulären Kunstbetrug.

 

 

Originaltitel: La cacciatrice di teste 
Autor: Claudio Paglieri
Übersetzer: Christian Försch
Verlag: Aufbau-Verlag
Erschienen: 06/2010
ISBN: 978-3746626079
Seitenzahl: 406 Seiten 

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Die Grundidee der Handlung
Commissario Luciani hat seinen letzten Fall noch nicht verarbeitet, da langweilt er sich schon wieder. Keine aufregende Ermittlung in Sicht, die Kollegen nerven, seine vor kurzem verwitwete Mutter verlangt seine ganze Aufmerksamkeit, außerdem hat seine große Liebe ihn sitzenlassen. Als da die Leiche eines alten Fischers am Strand gefunden wird, stürzt er sich voller Eifer in die Ermittlungen und wird wiederum enttäuscht, als der Fall als tragischer Selbstmord abgehakt wird. Auf eigene Faust ermittelt er weiter und entdeckt bald eine heiße Spur.

Parallel zu Lucianis Ermittlungen wird die Geschichte einer Statue erzählt, die der Politiker Ludovico Ranieri nach dem Tod seines Vaters in einem Versteck findet. Er macht sich auf die Suche nach ihrer Herkunft und stößt auf ein Jahrzehnte zurückliegendes Verbrechen … was diese beiden Geschichten miteinander zu tun haben, erschließt sich erst im Laufe des Buches und ist meisterhaft erzählt!


Stil und Sprache
Anders als der übliche Krimi beginnt dieser hier nicht mit einem Verbrechen und dem Auftritt des Ermittlers, hier steigt der Leser, wie die Kapitelüberschrift verrät, sechzehn Monate früher und an einem anderen Ort in die Handlung ein. Seltsam, aber notwendig, wird zunächst erzählt, wie Ludovico Ranieri von seinem Vater an dessen Sterbebett das Versteck einer wertvollen antiken Statue erfährt und was er aus diesem Wissen macht. Dank einer sehr flüssigen Erzählweise, die mit vielen Details gespickt und den Gedanken der handelnden Figuren angereichert ist, steckt man als Leser sofort tief drin in einer mehrere Jahrzehnte umspannenden, schier unglaublichen Verschwörung, mit der Commissario Luciani konfrontiert wird. Fesselnd erzählt, wird aus einer äußerst interessanten Grundidee eine runde Geschichte mit einigen überraschenden Wendungen. Anfangs ist es allerdings etwas störend, dass relativ viel auf die beiden vorhergehenden Fälle eingegangen wird und Zusammenhänge damit in Fußnoten erläutert werden. Das hätte man sicher eleganter lösen können, betrifft aber zum Glück nur die ersten Kapitel.

In zeitlich versetzten Erzählsträngen wird einerseits die Geschichte eines spektakulären Kunstdiebstahls und seiner Vertuschung aufgearbeitet, andererseits müht sich Luciani mit schier aussichtslosen Ermittlungen ab, bevor er das entscheidende Detail findet. Nach und nach werden beide Handlungsfäden immer enger verwoben, bis schließlich ein filmreifes Finale die Geschichte zu einem würdigen Abschluss bringt. Das ist perfekt gemacht und macht diesen Krimi zu einem wunderbaren Urlaubsschmöker, auch wenn man diesen vielleicht nicht in Italien verbringt …


Figuren
Commissario Lucianis Vorname wird zwar genannt, aber ist eigentlich überflüssig. Er ist einfach „Luciani“, was sein Wesen ziemlich gut charakterisiert: Er selbst reduziert sich auf ein Minimum, lebt in einer spartanisch eingerichteten Wohnung, kennt neben der Arbeit nur sein Training und die Vorbereitung auf den Marathon, den er laufen möchte. Das geht soweit, dass er seine Focaccia beim Bäcker grammweise abwiegen lässt und sich ansonsten mit halben Portionen Spaghetti begnügt. Da ist seine Weizenmehlallergie allerdings eher hinderlich, wie er feststellen muss, und macht ihn noch grantiger, als er sowieso schon ist. Genauso hartnäckig wie beim Lauftraining ist er bei der Arbeit, schreckt auch vor nächtlichen Bootsfahrten nicht zurück und findet sich am Ende auf einer Gefängnisinsel wieder. Wie es dazu kommt, wird hier natürlich nicht verraten, aber der Mann ist einfach ein Original.

Zweite große Figur dieses Romans ist Ludovico Ranieri, ein Emporkömmling, wie er im Buche steht. Finanziell abgesichert durch seinen reichen Schwiegervater, macht er erst an der Universität und später als Kulturminister Karriere, dabei lässt er keine Gelegenheit aus, seine Frau mit willigen Studentinnen zu betrügen, Schwächen anderer zu seinem Vorteil zu nutzen und Untergebene für sich die Drecksarbeit machen zu lassen. Als Gegenpart zum aufrechten Commissario Luciani ist er perfekt – und außerdem so einfühlsam und lebensnah beschrieben, dass man seine Handlungen teilweise sogar nachvollziehen kann.

Genauso authentisch wie die beiden Hauptakteure sind auch die Nebenfiguren dargestellt, bis hin zum Inhaber eines kleinen Buchladens haben alle Figuren ein Eigenleben und eine Geschichte, einfach klasse! Einziger Schwachpunkt: Es gibt eine Gruppe von Personen, die in der Vergangenheit eine Rolle spielt, deren Zuordnung mir sehr schwer fiel, einfach deshalb, weil sie teilweise mit Namen, dann wieder mit Bezeichnungen wie „Der Genueser“ benannt werden, da verliert man schon mal den Überblick.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch zeigt auf dem Cover eine orange-gelbe Hauswand mit einem geöffneten Fenster mit grünen Läden und einer Wäscheleine darunter, auf der ein rotes Hemd zum Trocknen hängt. Die Sonne scheint und so ergibt sich eine typisch südländische Szene, die den Charakter des Buches gut unterstreicht. Buchrücken und Rückseite sind im gleichen Farbton gehalten. Innen ist das Buch in vier Teile gegliedert, die Kapitelüberschriften nennen jeweils Ort und Zeit der Handlung sowie die handelnden Personen.


Fazit
Commissario Luciani hat durchaus das Zeug zu ernsthafter Konkurrenz mit diversen anderen Italienern wie Brunetti, Montalbano und Co. Eine fesselnde Geschichte und viel südliches Flair bilden zusammen mit diesem originellen Eigenbrötler ein echtes Lesevergnügen für alle Freunde besonderer Krimiunterhaltung. Mehr davon!


4 5 Sterne


Hinweise

Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Kein Espresso für Commissario Luciani
Band 2: Kein Schlaf für Commissario Luciani

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