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Kategorie: Geschichte

Die Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern sind seit Jahren blockiert. Moshe Zimmermann zeigt auf, dass die israelische Gesellschaft mehr Angst vor jenen Kräften hat, die prinzipiell gegen jeden Verzicht auf besetztes palästinensisches Gebiet sind, als vor dem katastrophalen Zustand des Unfriedens. Er erklärt die historischen Hintergründe und aktuellen Folgen einer Politik, die den Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt nicht durchbrechen kann.

 

  Autor: Moshe Zimemrmann
Verlag: Aufbau Verlag
Erschienen: 31.Mai 2010
ISBN: 978-3351027179
Seitenzahl: 152 Seiten
 


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Die Kernthese dieser Diatribe lautet: Israel verhindert mit allen Mitteln den Frieden im Nahen Osten. Ist dem aber tatsächlich so? Als Westeuropäer ist dieser Gedanke nicht nur provokant, sondern auch absurd. Der Historiker Zimmermann legt uns mit diesem Buch eine stringente Beweisführung vor, dass die Angst vor dem Frieden de facto vorhanden ist.

Theodor Herzl, der Begründer der zionistischen Bewegung, hatte nur einen Wunsch: eine Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina. Ende des 19. Jahrhunderts war dieser Gedanke noch reine Utopie, aber sein Wirken war eine wichtige Voraussetzung für die Gründung Israels 1948. Herzl entwickelte ein idealistisches Bild eines modernen Staates und konzipierte ein Modell zur sozialen und politischen Ordnung, in der die in einem künftigen Judenstaat lebenden Araber und Juden friedlich koexistieren.
Was ist aus dieser Anschauung geworden? Benjamin Netanyahu, derzeitiger Ministerpräsident Israels, griff in einer Rede diesen Gedanken auf und nannte den Wunsch Herzls 'eine scharfe Lösung der bestehenden Gefahr des Antisemitismus‘. Was er dabei nicht erwähnte, war, Herzl bevorzugte einen gewaltfreien Staat. Netanyahus Fazit für Israel lautet: „Frieden im Nahen Osten ist ein über Abschreckung oder Gewaltanwendung zu erreichender Frieden.“ (S. 13). Das impliziert, Frieden bedeute für Israel, Krieg zu führen, denn man finde nur Frieden, indem man seine Feinde in Schach halte.
Zimmermann kritisiert die schizoide israelische Denkweise: Kompromissbereitschaft wird als Schwäche ausgelegt. Die Ermordung des Friedenspolitikers Jitzak Rabin durch einen rechtsnationalistischen Attentäter beweist dies nur allzu deutlich. Die Politik, die weiterhin die Angst vor dem trügerischen Frieden schürt, das Militär, für die Frieden der Verlust ihres Status‘ bedeutet und die nationalreligiösen Siedler, sind die Triga einer aggressiven Polemik. Demgegenüber steht das junge, aufgeklärte israelische Volk. Ein Volk, das demokratisch denkt, das Wert auf Bildung legt und auf Prosperität setzt. Aber solange die minoritären Kräfte den wandelbaren Zeitgeist der Mehrheit der Bevölkerung von der Bedrohung des „Un“-Friedens überzeugen, wird sich die Lage in Israel nicht entspannen. Der Historiker versäumt aber auch nicht, die realen Gefahren, denen Israel ausgesetzt ist, zu erwähnen. Allen voran der Iran, dessen Präsident Ahmadinedschad den Holocaust leugnet und das Existenzrecht Israels abspricht; umso wichtiger erscheint es, Frieden zu stiften.

Das Buch, das uns der Historiker Moshe Zimmermann vorlegt, ist keine leichte Kost. Seine kompromisslosen Analysen geben diffizile Antworten darauf, warum in Israel der Frieden ein schier unmögliches Unterfangen ist. Die klar strukturierten Sätze und die Prägnanz seiner Axiome ermöglichen es zwar, die politisch-soziologische Biografie Israels zu verstehen, dennoch bedarf es durch die Komplexität des Werkes eines vorgebildeten und kenntnisreichen Publikums.


Aufmachung des Buches
Die Abbildung des schlichten Taschenbuches spiegelt sehr gut die widersprüchliche Haltung des Landes wider. Ein Zivilist mit einem Maschinengewehr führt einen kleinen Jungen an der Hand. Die Gliederung des Buches in vier Hauptkapitel mit entsprechenden Unterkapiteln ist logisch aufeinander abgestimmt und erleichtern die Lektüre. 


Fazit
Zimmermanns Buch ist ein Buch über Juden und Araber, über die Diaspora, über die Schuld von gestern und die Fragwürdigkeit von heute, über die Staatsgründung 1948 und deren Folgen, über Gesellschaft, Politik und Moral. Über Krieg oder Frieden. Und es ist eine monumentale Anthologie von irrationalen Einsichten. Der Historiker Rudolf Walter bezeichnete in der Süddeutschen Zeitung das Buch als „ein wichtiges Buch, ein starkes Stück Aufklärung.“ Eine Streitschrift par excellence, denn dieses Buch ruft Beklommenheit hervor, denkt man an den Zynismus in der Hand eines Staates.


5 Sterne


Hinweise
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