Smaller Default Larger

Gelbe Augen, ganz nah.
In Zeitlupe sah sie, wie der Mann auf sie zurannte.
Pupillen, die sich im Schein einer plötzlich aufleuchtenden
Taschenlampe zu Schlitzen zusammenzogen.

Ein Fauchen, ein Knurren, ein stechender Geruch.
Das kann nicht sein, wiederholte Zoë die Beschwörung.
Das bin nicht ich und das passiert nicht mir.
Es ist alles nur ein böser Traum.

 

  Autor: Nina Blazon
Verlag: Ravensburger Buchverlag
Erschienen: 02/2010
ISBN: 978-3473353149
Seitenzahl: 480 Seiten
 

Die Grundidee der Handlung
Die 16-jährige Zoë hat es nicht leicht, gerade hat ihre beste Freundin ihr den Freund ausgespannt und ihre berufstätige Mutter nimmt sie ständig in die Pflicht, wenn es darum geht, auf ihren jüngeren Bruder aufzupassen und im Haushalt zu helfen. Dabei kommen Zoë eigenen Wünsche und Bedürfnisse vollkommen zu kurz. Den Ausgleich sucht sie beim Laufen und Tanzen in Clubs, wo sie im gleißenden Licht und der dröhnenden Musik all ihre Gedanken und Sorgen ausblenden kann. Dann beginnt Zoë, sich zu verändern – ihre Sinne schärfen sich, ihre körperliche Fitness nimmt drastisch zu und als sie eines Nachts auf der Straße angegriffen wird, hat sie einen Blackout und danach fremdes Blut an ihren Fingern kleben. Ihre Club-Bekanntschaften Irves und Gil eröffnen ihr schließlich, dass sie eine Panthera ist, genau wie die beiden, ein Mensch mit einem Raubtierschatten. Doch die Panthera leben gefährlich, denn plötzlich geschehen grausame Morde in allen Revieren der Stadt und die Opfer sind ausschließlich Katzenmenschen...

Mit Schattenauge entwirft Nina Blazon eine neuartige und doch realitätsnahe Welt, die problemlos in der unsrigen Platz finden würde und somit sehr gut vorstellbar ist. Denn die Panthera besitzen einen Katzenschatten, der sich wie eine Aura um ihre menschliche Gestalt legt, jedoch für die meisten nicht mit bloßem Auge sichtbar ist.


Stil und Sprache
Der Stil ist eher schlicht und schnörkellos, auf allzu weitschweifende Beschreibungen wird verzichtet, dennoch kann man die Sinneseindrücke der Panthera, was sie sehen, hören, riechen und spüren, sehr gut nachempfinden, da die Worte auf den Punkt geschickt und treffend gewählt wurden.

Die Geschichte erhält eine besondere Dynamik, da sie aus zwei Perspektiven erzählt wird. Zum einen gibt es die von Zoë, die in der dritten Person in der Vergangenheitsform geschildert wird. Zum anderen spricht Gil in der Ich-Perspektive, ebenfalls Vergangenheitsform. Die beiden Sichtweisen trennen sich auch optisch durch die Verwendung von verschiedenen Schriftarten, für Zoë wird eine schlicht-moderne, serifenlose Schrift und für Gil eine klassische mit Serifen verwendet. So schafft man es als Leser schnell, hin und her zu wechseln ohne störende Eingewöhnungsphasen. Auch der Kontrast zwischen Zoë als Panthera-Neuling, und Gil, der sich schon besser in der Gemeinschaft zurechtfindet, wird so gut verdeutlicht.

Die Handlung kommt eher gemächlich ins Rollen, da die Autorin sich mit der Entwicklung der Charaktere und der Welt der Panthera sehr viel Zeit lässt und den Leser lange im Unklaren hält. Die Morde sorgen zwar im Hintergrund für den Spannungs-Faktor, jedoch ist es bei weitem interessanter, die Entwicklung von Zoë und deren zarten Liebesbande zu Gil zu verfolgen, gerade weil man die Gedanken der beiden Protagonisten kennt, die sich zu Beginn noch wenig direkt austauschen.


Figuren
Zoë macht gerade eine dunkle Zeit durch – vom Freund verlassen, von der besten Freundin enttäuscht und von der Mutter, die sich beim Schichtdienst im Krankenhaus aufreibt, allein gelassen mit ihrem kleinen 5-jährigen Bruder, der ihr meistens höllisch auf die Nerven geht, kann sie nicht das Kind sein, was sie noch ist, und muss schon viel Verantwortung tragen. In dieser Grenzsituation wird sie erst zur „Läuferin" und schließlich zur Panthera, einem Menschen mit Raubtierschatten.

Gil ist die zweite Hauptfigur neben Zoë, wie sich schon anhand der Kapitel, die im Wechsel der beiden geschrieben sind, erkennen lässt. Er ist Halb-Algerier und verdient sein Geld als Lagerarbeiter. Er hat seine Vergangenheit aufgrund seines Wandels zum Panthera hinter sich lassen müssen und beschäftigt sich nun sehr mit seiner Identität und seinem Platz im Gefüge der Raubtiere. Um sich eine gewisse Sicherheit im Großstadtdschungel zu schaffen, markiert er auf einem Stadtplan die Reviere der einzelnen Panthera, fertigt Skizzen von ihnen an und hält die wichtigsten Informationen, wie zum Beispiel ihre Stärke, fest. Irves, ein Albino-Asiate, ist ein Gefährte von Gil, ähnlich einem Brüder, obwohl Gemeinschaften unter den Panthera eigentlich verpönt sind. Er hat einen besonderen Draht zu Zoë, der sich auf der gemeinsamen Vorliebe für dunkle Clubs und gute Musik gründet. Der Computer-Freak Gizmo macht das Panthera-Trio komplett, im Gegensatz zu Irves ist bei ihm aber schon klar, dass er mehr nach dem Motto "Eine Hand wäscht die andere" lebt und das Ganze eher als Nutzgemeinschaft ohne emotionale Verbindlichkeiten sieht.

In den anderen Revieren der Stadt befinden sich weitere Panthera, die aber schon länger mit ihrem Katzenschatten zusammen leben und mehr oder weniger ihre Menschlichkeit eingebüßt haben, sei es die Obdachlose Barb, der schmierige und hochgefährliche Maurice oder der Shakespear-zitierende Julian. Der alte Panthera Dr. Rubio ist die erste Gemeinsamkeit der beiden Welten, da Zoës Mutter seine Haushaltshilfe ist, er aber auch einst einer der mächtigsten Katzenmenschen war, der durch einen tragischen Unfall seine Fähigkeit zu Laufen einbüsste und nun als Ausgestoßener und Unantastbarer gilt. Durch sein hohes Alter und seine unbeeinträchtigte Intelligenz erkennt Gil in ihm schnell einen Quell des Wissens über die Geschichte und Art der Panthera und bedrängt ihn mit seinen Fragen und Unsicherheiten.

Die Figuren in Schattenauge sind vielschichtig und interessant, jedoch bedarf es einiger Zeit, um mit ihnen warm zu werden, da sie - ähnlich wie das Wesen der Panthera an sich - zunächst etwas unscharf und geheimnisvoll bleiben, und einem erst im Lauf der Seiten immer vertrauter und sympathischer werden, bis man am Schluss am liebsten noch weitere Abenteuer mit ihnen lesen möchte.


Aufmachung des Buches
Es handelt sich um ein Hardcover mit Schutzumschlag, dieser ist in einem tiefschwarzen Grundton gehalten. Der Einband des Buches unter dem Umschlag ist ebenfalls schwarz, wohingegen der Text auf dem Rücken silber geprägt ist. Auf dem Titel des Schutzumschlages sieht man rechts das Gesicht eines dunkelhaarigen, blassen Mädchens, das nach links in das Gesicht einer dunkelgrauen Raubkatze mit schwarzen Sprenkeln übergeht. Das linke Auge der beiden ist gleich und entspricht dem Raubtierauge, was noch zusätzlich lackiert ist, um es zu betonen. Auch der blassblaue Titelschriftzug auf der Front, sowie Titel und Autorin auf dem Rücken sind lackiert. Ansonsten ist die Gestaltung sehr schlicht gehalten, der Text auf der Rückseite nimmt vergleichsweise wenig Raum ein und lässt so Interpretationsspielraum offen. Die Titelgestaltung ist sehr ansprechend und lässt sich auch inhaltlich wieder finden, da die Protagonistin optisch ähnlich beschrieben und der Charakter des Schattens, der den Panthera inne wohnt, auf diese Weise gut versinnbildlicht wird. Ob das Raubtier nun genau dem von Zoë entspricht, sei dahingestellt, da ich leider trotz intensiver Recherche kein passendes Bild im Internet finden konnte. Wahrscheinlich ist es eine sehr seltene Form, die noch den speziellen Charakter der Hauptfigur unterstreicht. Insgesamt ist es ein stimmiges und optimal gestaltetes Cover, das zu Recht die Blicke auf sich ziehen wird.


Fazit
Schattenauge bewegt sich erfrischend außerhalb der ausgetretenen Gestaltwandler-Pfade – die Kombination aus Fantasy, Thriller und leichter Liebesgeschichte ist gut gelungen, spannend und unterhaltsam. Obwohl die Handlung in sich abgeschlossen ist und es ein Einzelband zu sein scheint, wäre eine Fortsetzung durchaus wünschenswert!


4 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo