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Hallo Frau Krouk. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben. Ich möchte direkt mit einer beliebten, aber immer wieder interessanten Frage anfangen: Wie sind Sie zum Schreiben von Romanen gekommen?

Vermutlich wie bei vielen anderen Schriftstellern: Durch das leidenschaftliche Lesen. Die Bücher haben mich schon immer durch alle Lebenslagen hindurch begleitet und meine Fantasie angeregt. Irgendwann habe ich mir Fortsetzungen zu meinen Lieblingsromanen ausgedacht oder selbst Geschichten gesponnen, die allerdings noch deutliche Fan-Fiction-Züge trugen. Es dauerte nicht lange, bis ich mit dem Schreiben anfing.

Doch wie schwer es ist, eine spannende, mitreißende Geschichte zu erzählen, habe ich erst dann begriffen, als ich nach Deutschland kam und meine ersten Geistesergüsse in deutscher Sprache in einigen Foren veröffentlichte. Ich musste einsehen: Schreiben ist Arbeit, Schreiben ist Handwerk. Ohne das große Ziel – einen Roman zu verfassen – aus den Augen zu verlieren, habe ich mich zuerst Kurzgeschichten zugewandt. Dabei habe ich nicht nur an der Sprache und dem Ausdruck gefeilt, sondern auch die Frage beantwortet, welches Genre mir nahe liegt.

 


Eigentlich wollten Sie Thriller schreiben, Ihr erster Roman „Staub zu Staub“ kommt dem auch noch recht nahe, handelt es sich dabei doch um einen Mystery-Thriller. Mit Ihrem neuen Roman „Schattenseelen“ präsentieren Sie allerdings einen Dark-Fantasy-Roman. Wie kam es zu dieser Umorientierung?

Eine allzu große Umorientierung ist es keinesfalls. Denn auch „Schattenseelen“ ist ein Roman mit vielen Thriller-Elementen.
Mir war wichtig, meinen eigenen Weg zu finden. Während meiner Kurzgeschichtenphase habe ich oft zu hören bekommen: Olga, der mystische Horror liegt dir nicht, wende dich lieber dem alltäglichen Horror zu. Doch trotz aller gut gemeinten Ratschläge habe ich gesehen, dass ich ganz ohne Mystik nicht auskommen kann. Sie stellt für mich einen ganz besonderen Reiz dar.


„Schattenseelen“ ist der Auftaktband zu der Trilogie um die Nachtwesen. Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Roman gekommen?

Es fing alles mit einer Szene an, in der ein mysteriöses Wesen jemanden aus einem Krankenhaus entführt und mit ihm aus dem 8. Stock springt, ohne sich zu verletzen.
Natürlich galt der erste Gedanke den üblichen Verdächtigen – Vampiren und Gestaltwandlern. Doch schon bald habe ich verstanden, dass diese Wesen mich nicht wirklich faszinieren. Zu viele Romane wurden bereits über sie geschrieben.
Damit ging die Suche los und ich bin in meinen Recherchen auf Nachzehrer gestoßen. Diese Wesen entstammen dem deutschen Aberglaube und ernähren sich von der Lebensenergie der Menschen. Die Leichen bleiben allerdings weiterhin im Grab. Angeblich kann man auf den Friedhöfen manchmal ein Schmatzen hören, wenn die Gier die Nachzehrer überwältigt und sie anfangen, an ihren Leichentüchern zu nagen.
Natürlich brauchten sie auch Gegenspieler – die Metamorphe. Metamorphe wandeln nicht physisch ihre Gestalt, sondern verbinden sich geistig mit ihren Seelentieren und können so in den Tierkörpern agieren. Dabei erlangen sie mit der Zeit einige tierische Fähigkeiten, müssen aber zum Teil ihr menschliches Wahrnehmen einbüßen.
In der Trilogie habe ich Mythen mit meiner eigenen Fantasie und meinen Auslegungen der Fakten vermischt. Daraus ist die Grundlage für den Roman entstanden.


„Schattenseelen“ spielt in Hamburg und zeigt die eher düstere Seite der Stadt. Was verbindet Sie mit Hamburg?

Ich wollte zeigen, dass es auch in Deutschland genügend mystische und faszinierende Orte gibt. Die Stadt präsentiert sich in der Trilogie beinahe wie eine eigenständige Figur – sie entwickelt sich. Im ersten Teil steht vor allem der Pesthof im Mittelpunkt, der einst von der französischen Armee zerstört wurde und dessen Gewölbe bis heute in einigen Kellern von St. Pauli zu finden ist. Angeblich existieren bis heute Geheimgänge und Katakomben unter diesem berühmt-berüchtigten Stadtviertel.
In weiteren Bänden offenbart Hamburg aber etwas mehr von seinem Gesicht. Dennoch handelt es sich bei der Trilogie nicht um einen Reiseführer, Touristenattraktionen sind hier kaum zu finden.


In diesem Roman gibt es die sogenannten Nachzehrer und Metamorphe, die eine – um es vorsichtig auszudrücken – auf Gegenseitigkeit beruhende Antipathie hegen. Doch wer nun die Guten und wer die Bösen sind, lässt sich meiner Meinung nach nicht sagen. Ist das Absicht?

Der Roman ist in vielerlei Hinsicht symbolisch, angefangen mit dem magischen Band zwischen Evelyn und Adrián, bis zu den Konflikten zwischen den Nachzehrern und Metamorphen. Diese beiden Parteien stellen im Grunde zwei verschiedene Völker dar. Und natürlich sind sie nicht nur „gut“ oder „böse“. Schließlich kann man auch sonst nicht behaupten: „Die Russen sind nur böse, die Deutschen sind nur gut“ und umgekehrt.
Wenn man aber genauer hinschaut, geht es immer noch um die einzelnen Menschen und ihre Entscheidungen. Aber auch da kann man nicht immer die Trennung zwischen Gut und Böse machen.


Die Hauptfigur Evelyn, aber auch Adrián und Kilian sowie die Nebenfiguren sind detailliert und liebevoll ausgearbeitet. Wie lernen Sie Ihre Figuren kennen? Erstellen Sie eine Art Checkliste? Interviewen Sie Ihre Figuren?

Ich starte mit einem „Basismodell“, je nachdem, welche Vergangenheit die Figur hatte. Danach entwickeln sich Charaktere aus den Situationen heraus. Ich möchte eine Figur nicht vorinterpretieren, sonder dem Leser eine Möglichkeit bieten, sie auf seine eigene Weise kennenzulernen und selbst die Meinung über sie zu bilden. Ich denke, dass ich dadurch das Leseerlebnis individueller gestalten kann. Für mich ist es ebenfalls sehr spannend zu beobachten, aus welchen unterschiedlichen Perspektiven über meine Figuren diskutiert wird.


Wie lange haben Sie an „Schattenseelen“ gearbeitet?

Ein halbes Jahr. Bis der Roman veröffentlicht wurde, dauerte es noch ein Jahr – so merkt man, wie lange in einem Publikumsverlag manchmal die Vorbereitungsphase dauert.


Im Juni erscheint der Folgeband, „Nachtseelen“. Verraten Sie uns schon ein wenig, worauf sich Ihre Fans freuen dürfen?

Im zweiten Band stehen zwar andere Figuren im Vordergrund – der Metamorph Finn und Alba, die Enkelin von Hermann Herzhoff, doch die Grundhandlung (Stichwort: Hexen) wird weitergeführt.
Selbstverständlich wird das, was Finn im ersten Band getan hat, nicht ohne Konsequenzen bleiben. Nun muss er um sein Leben fürchten und Hilfe bei seinen schlimmsten Feinden suchen. Dabei bringt er nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch die Frau, die er liebt.
Evelyn, Adrián und andere – aus dem 1. Teil bekannte - Charaktere bekommen aber dennoch eine tragende Rolle. Unter anderem erfährt man z. B., dass nicht alle Figuren im ersten Band aufrichtig waren.


Ich nehme an, dass Sie bereits an dem Abschlussband der Nachtwesen-Trilogie arbeiten. Wie lange müssen sich Ihre Leser bis zur Veröffentlichung gedulden?

Inzwischen schreibe ich die letzten Kapitel des 3. Bandes. Der Showdown schlechthin sozusagen, den nicht alle Figuren überleben und einige mit mehr als nur blauen Flecken davonkommen werden. Auch hier werden andere Figuren die Hauptrollen übernehmen – z. B. Conrad, der Anführer des Nachzehrer-Clans, der jede Art von Nähe kaum ertragen kann. Doch ausgerechnet eine Metamorph-Frau kann sein Herz erobern. Wer das ist, werde ich an dieser Stelle noch nicht verraten.
Der abschließende Band wird im Herbst/Winter-Programm von Heyne erscheinen.


Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach der Trilogie um die Nachtwesen?

Mit dem 3. Band wird es erstmal Schluss mit der Welt der Nachzehrer und Metamorphe sein. Dem Genre Dark-Fantasy-Thriller werde ich allerdings treu bleiben. Konkrete Pläne darf ich aber noch nicht verraten.


Nun möchte ich gerne noch auf das Handwerk des Schreibens im Allgemeinen eingehen. Haben Sie bestimmte Rituale, die Sie beim Schreiben einhalten, beispielsweise eine feste Schreibzeit oder eine festgelegte Seitenzahl pro Tag?

Rituale oder eine feste Schreibzeit kann ich mir mit meinem kleinen Sohn einfach nicht leisten. Wenn ich Zeit habe, schreibe ich. Die Kreativität muss also auf Knopfdruck funktionieren.
Jeden Tag versuche ich etwa 1000 Wörter zu schreiben, mal ist es mehr, mal weniger. Dieses Pensum ist notwendig, damit ich meine Termine einhalten kann.


Planen Sie Ihre Romane erst bis ins kleinste Detail, bevor Sie mit dem Schreiben beginnen oder schreiben Sie einfach drauflos?

Bis ins kleinste Detail plane ich sie nicht, denn ich möchte immer etwas Platz für spontane Ideen lassen (wie z. B. die Verwicklung zwischen Kilian, Sebastian, Johannes und Adrián im ersten Band. Was da zwischen denen vorgefallen war, habe ich am Anfang noch gar nicht gewusst. Sie haben es mir sozusagen selbst erzählt).
Allerdings erstelle ich immer einen Plot, bevor ich anfange zu schreiben. Zuerst entsteht das Figuren-Diagramm: Welches Personal brauche ich und in welcher Beziehung stehen sie zueinander? Danach gibt es einen groben Plot mit den wichtigsten Schwerpunkten: Was muss passieren, damit die Geschichte funktioniert und dorthin kommt, wohin ich will? Dann schreibe ich ein Exposé und schließlich erstelle ich einen Kapitel-Plan. Erst dann geht es an das eigentliche Schreiben.


Wie kann man sich einen Tag in Ihrem Leben vorstellen, wenn Sie an einem Roman arbeiten?

Die meiste Zeit ist meinem kleinen Sohn gewidmet. Am Tag kann ich zwischen Windelwechseln, Kochen, Aufräumen u. a. gar nicht schreiben, denn würde ich mich an den PC setzen, würde mein Schatz sofort ankommen und auch tippen wollen.
Während seines Mittagsschläfchens bin ich in der Lage, ein paar Mails zu beantworten.
Geschrieben wird erst abends, wenn der Kleine im Bett ist, und an den Wochenenden. Da unterstützt mich mein Mann wirklich sehr und passt auf unseren Sohn auf, während ich arbeite.

Was lesen Sie selbst gerne?

Im Prinzip bin ich keinem Genre abgeneigt, „Freche Frauen“-Literatur und „SciFi“ haben es allerdings etwas schwerer, um mich zu begeistern.
Meine absolute Lieblingsreihe ist im Moment Stadt der Finsternis von Ilona Andrews. Obwohl ich am Anfang des 1. Bandes meine Schwierigkeiten mit der beschriebenen Welt und der Heldin hatte, konnte mich der Roman dennoch begeistern. Auf den 4. Band warte ich mit großer Ungeduld.


Ich danke Ihnen für das Interview.

Vielen Dank für das Interesse und spannende Fragen!

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