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„Seit Urzeiten fasziniert die Menschen das, was in den Tiefen der Ozeane liegt … Das Meer ist groß, viel zu groß für uns kleine Menschen. Selbst wenn ihm einer sein ganzes Leben weiht, wird er nur einen winzigen Bruchteil davon zu sehen bekommen. Und wie im oberirdischen Dschungel sind die existierenden Lebensformen noch überraschender als die kühnsten Fantasien von Science Fiction-Autoren.“

 

  Autor: Christophe Bec
Illustration: Eric Henninot
Verlag: Splitter
Erschienen: 02/2010
ISBN: 978-3-86869-100-9
Seitenzahl: 56 Seiten
Altersgruppe: ab 12 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Ein streng gehütetes Geheimnis – das schnell keines mehr ist – von enormer Tragweite …

Carthago, ein Multi-Milliarden-Konzern, der im Südpazifik Erdgas und Erdöl abbaut, stößt 1993 bei Bohrungen auf ein gewaltiges System miteinander vernetzter Unterwasserhöhlen, in denen prähistorische Meeresbewohner überlebt haben, die längst als ausgestorben galten – unter anderem der Megalodon, ein gigantischer Vorfahr des Weißen Haies. Eine wissenschaftliche Sensation, die aber den Konzern in den Ruin stürzen könnte. Die Entdeckung wird vertuscht ...
Doch die Taucher von Carthago sind nicht die einzigen, die von dem Megalodon erfahren haben. Ein Meeresbiologe, ein fanatischer Sammler von Fossilien und eine Zelle von Umweltaktivisten wissen ebenfalls hiervon. Während die einen Forschungen aufnehmen, die sich als sehr gefährlich erweisen, strebt der Sammler nach anderem …

Eine spannende Story, in der Grundidee – der Entdeckung eines bisher unangetasteten Ökosystems – zwar nicht ganz neu, dafür mit einem eindeutigen ökologischen Appell. Der Aufbau des Plots kann fast durchgehend überzeugen, als unlogisch empfinde ich nur, wie blauäugig und schutzlos sich die Meeresbiologen an die Erforschung des gefährlichsten Unterwasserraubtieres machen, das je auf diesem Planeten gelebt hat.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Etwas verwirrend starten die Handlungen zunächst mit einer Reihe von Szenen, beginnend 24 Millionen Jahre v. Chr. und einer Jagdszene im Eis, 2.300 Jahre v. Chr. Allerdings wird dem Leser recht schnell klar, was ihm diese Einschübe vermitteln. Die in diesen Szenen vorkommenden Tiere sind mit hoher Sorgfalt und Genauigkeit aufs Papier gebracht worden. Im ewigen Eis findet der Leser zudem eine mysteriöse, wie auch sehr gut ausgeführte Zeichnung der zerklüfteten Landschaft. Sowohl die Menschen als solche, wie auch ihre Mimik und Gestik sind immer passend, besonders das pure Entsetzen und der Schrecken, der sich in den Gesichtszügen und Augen ausbreitet, wird sehr gut transportiert. Aber auch andere Gefühle regen sich gekonnt. Zudem ist die Bandbreite, mit der die jeweiligen Charaktere erstellt wurden, enorm – ob nun Statisten oder Protagonisten, keine Figur gleicht der anderen. Augen, aber auch andere Partien sind detailreich wiedergegeben, auch wenn die Zeichnungen ein bisschen dünn erscheinen, was einerseits an feinen Konturen, aber auch an stellenweise nicht ganz so hoher Plastizität liegt. Zwar sind die Bilder als solche dreidimensional aufgebaut, weniger aber die Gesichter. Treten die Figuren in den Hintergründen des Bildes auf, nimmt die Genauigkeit naturgemäß ab. In den meisten Fällen hat der Zeichner für die entsprechenden Bildhintergründe gesorgt, in einem Teil der Bilder gibt’s hinter den Figuren allerdings nur Farbverläufe, auch wenn deren Kolorierung grundsätzlich zur Umgebung passen.

Mit ebenfalls großem Aufwand und auf hohem Niveau hat sich der Zeichner sämtlichen technischen wie architektonischen Motiven angenommen und sie auf exzellente Weise ausgeführt, was auch für eine gute Recherche spricht. So wirken Schiffe, Bohrinseln, Helikopter, Tauchausrüstungen und anderes realistisch und authentisch, beeindruckend ist z.B. die Zeichnung der Staumauer in Sarrans. In den enormen Tiefen der unerforschten See trägt die realistische Färbung der Umgebung genauso wie die Handlungen viel zu dem bedrohlichen, klaustrophobischen Gefühl bei, das sich beim Betrachten der Taucher und besonders der Tiefsee-Uboote beim Leser einstellt. Auch die ganzseitige Zeichnung des unter der Meeresoberfläche liegenden Vulkankraters in der Lagune von Fortuna unterstreicht gekonnt diesen Eindruck, stellt sie doch eindrucksvoll dar, wie klein und unbedeutend die Forscher in der Unterwasserwelt sind. Derweil wandert der Blick des Betrachters über die reichhaltige Landschaft der Tiefe und nimmt die vielen Einzelheiten wahr, die der Grafiker hier eingebracht hat.

Vor jedem neuen Abschnitt sorgen Kästchen mit Angaben zu Gegenden und teils mit Jahres- und Uhrzeitangaben dafür, dass der Leser jederzeit den Überblick behält. Für einen Comic europäischer Machart sind erstaunlich häufig Geräusche in Form von Schriftzügen, die sich über das Bild erstrecken, dargestellt, das kennt man so sonst eher von amerikanischen Produktionen. Bei der Textgestaltung der Dialoge wird sich an das übliche Muster – durchweg großgeschrieben – gehalten, Tagebucheinträge differenzieren sich in einer abweichenden Schriftart und mit Groß- und Kleinschreibung.


Aufmachung des Comics
Der Comicband ist fest gebunden, die harten Umschlagdeckel sind hochglänzend ausgeführt. Bereits das Cover vermittelt einen guten Einblick – sowohl inhaltlich als auch zeichnerisch – was einen hier erwartet. Zu sehen ist das Tiefseetauchboot der Meeresbiologen, welches auf einem Felsvorsprung liegt, die Farben und die Schwärze außerhalb der Reichweite der Scheinwerfer sorgen für den Eindruck der Gefahr, der auch die Szenerie des Comics wiederspiegelt. Auf den Vorsatzpapieren ist in spartanischen Farben das enorme Maul eines der Meeresbewohner, vermutlich dem Megalodon, wiedergegeben.


Fazit
Der erste Band von „Carthago“ kann den Leser mit einer Mischung aus Science-Fiction und Thriller gleich für sich gewinnen, der Wettlauf zwischen dem Gas- und Ölkonzern auf der einen und den Meeresbiologen auf der anderen Seite kommt mit spannenden Handlungen und eindrucksvollen Bildern daher. Dem Zeichner ist es hervorragend gelungen, das Gefühl der Enge und Hilflosigkeit der Besatzung eines Forschungs-Ubootes in unvorstellbarer Tiefe auf den Leser zu übertragen. Man darf gespannt sein, was einen im Folgenden erwartet. Pflicht in jeder europäischen Comicsammlung!


4 5 Sterne


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