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Es ist ruhig geworden um den berüchtigten Piraten Long John Silver. Nach seiner Rückkehr von der Schatzinsel hat er in Bristol ein Wirtshaus eröffnet, doch für einen Mann wie Silver ist das kein Weg, um alt zu werden.

Als ihn die schöne Lady Hastings aufsucht, um ihn für die Suche nach den sagenhaften Reichtümern der verschollenen Stadt Guyanacapac anzuwerben, kann er nicht ablehnen. Er begibt sich auf eine Fahrt über den Atlantik, auf der sich die Spirale der Gewalt immer schneller zu drehen beginnt...

 

  Autor: Xavier Dorison
Illustration: Mathieu Lauffray
Verlag: Carlsen Comics
Erschienen: 12/2009
ISBN: 978-3-551-77786-7
Seitenzahl: 45 Seiten
Altersgruppe: ab 15 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Die „Neptune“ befindet sich seit fast 4 Wochen auf dem Atlantik, noch ist von Land keine Sicht. Die Mannschaft wird langsam unruhig, doch John Silver weiß sie zu bändigen. Als Lady Hastings Zofe Elsie den Captain von den Piraten an Bord berichten will, passiert ein bedauerlicher „Unfall“. Lord Hastings lässt den Unfall brutal an dem für ihn Verantwortlichen bestrafen und löst damit nach und nach Ereignisse aus, die nicht mehr aufzuhalten sind...

„Long John Silver“ ist weniger eine Fortsetzung als eine Hommage an den berüchtigten Piraten, der eine der Hauptrollen in „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson spielte. Und diese Hommage ist Dorison gelungen – dramatisch, spannend und mitreißend erzählt sie ein Abenteur, dessen ungewisser Ausgang den Leser schon auf das baldige Erscheinen des nächsten Bandes hoffen lässt. Eine faszinierende und fesselnde Story um Helden oder auch Schurken zur See, dem Traum von Freiheit und Gold, aber auch von Intrigen und Plänen, die im Dunkeln geschmiedet werden.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Einige wohlformulierte Worte und eine schöne, doppelseitige Grafik der „Neptune“ auf einer ruhigen, aber von riesigen Nebelbänken verhangenen See führen den Leser zurück in die Szenerie. Die Zeichnungen des Comics haben überwiegend einen künstlerischen Charakter, statt mit hoher Exaktheit  fallen sie – wie man das bereits aus dem ersten Band kennt – eher einfacher und rauer gestaltet aus. Figuren – besonders Statisten oder die in den Hintergrund Gerückten – wurden mit wenigen Strichen mehr angedeutet als stark ausgearbeitet. Selbst bei dem ersten Portrait Silvers auf der vierten Seite gebraucht der Illustrator gerade so viele Einzelheiten wie nötig, um das Gesicht um die Augenpartie herum darzustellen. Zwar deutet er dabei auch die Falten und Grübchen an, allerdings unterstreichen deren Doppelkonturen den eher skizzenhaften Charakter. Damit ist diese Comicserie für Fans grafisch anspruchsvoller Werke wohl weniger geeignet. Natürlich sind nicht alle Portraits auf diese Weise erstellt, der Zeichner vermag auch einiges deutlicher zu arbeiten, seinen groben Stil verlässt er jedoch nie. Die Bildinhalte betonen indes die faszinierenden Ereignisse um die rauen Burschen zur See und Long John. Eine nach wie vor völlig undurchschaubare Figur ist der Indianer Moxtechica, bei dem weder die Verhaltensweisen nachvollzogen werden können, noch klar ist, auf wessen Seite er überhaupt steht.
Ähnlich wie bei den Figuren sieht es mit der Wiedergabe von Schiffen aus, die immer klar zu erkennen sind, deren Takelage, Mastwerk und Laderäume jedoch immer ein eher skizziertes, denn in alle Feinheiten erstelltes Äußeres haben. Dennoch überrascht, wie viele Einzelheiten Lauffray trotz seines eigenwilligen Stils in die Bilder einbringt. Erstaunlich ist, dass die zeichnerische Qualität manchmal deutlich schwankt: auf einer Seite sind sie – besonders in den dunklen Schatten – noch recht rauschig und unruhig, blättert man um, wirken sie stellenweise deutlich glatter.

Bis auf wenige Szenen spielen sich die meisten Handlungen Nachts ab, was den düsteren Charakter unterstreicht, den die Ereignisse im Laufe der Handlungen aufbauen. Entsprechend fällt zumeist die Wahl der Farben aus. Ein Traum – oder vielleicht eine Vorausschau auf ihre Zukunft? – von Lady Hastings, die im Flüssigen Gold von Guyanacapac badet, ist in hellen Gelbtönen, aber auf die gleiche, schemenhafte Art dargestellt, die den gesamten Comic kennzeichnet. In einer schön gestalteten, halbseitigen Zeichnung wird die Hommage an eine der Hauptfiguren aus „Die Schatzinsel“ dann perfekt, zeigt sie in einer Erinnerung – farblich vom restlichen Stil durch reduzierte Farbsättigung differenziert – Silver und Jim Hawkins auf eben dieser Insel.

Die Handlungen werden langsam, aber zunehmend blutiger und brutaler, sei es der Mord an Elsie oder die gnadenlose Auspeitschung von Jack O`Kief. Mit spektakulären Bildern und reichlich Tempo nehmen schließlich die Ereignisse (mehr soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden) auf dem vom Sturm gepeitschten Schiff ihren Lauf. Mit einem Cliffhanger, also einem bewusst offenen Ende, entlässt der Autor schließlich den Leser, der sich gedulden muss, um zu erfahren, wie es mit der Fahrt der Neptune und ihrer Besatzung wohl weiter gehen wird ...


Aufmachung des Comics
Wie von Carlsen Comics bekannt, ist auch dieser Band als A4 großer, mit einer Softbroschur eingeschlagener Comic aufgemacht und – sowohl bei den Materialien als auch bei der Verleimung -  einwandfrei verarbeitet. Allerdings sind die Kanten trotz eines pfleglichen Umgangs nach dem ersten Lesen bereits etwas abgerieben.
Die Gestaltung der Vorderseite ist gelungen und spricht sofort an, zeigt sie die Neptune im Kampf mit der stürmischen See, hinterlegt von einem mächtigen Blitz. Auf der Neptune steht einsam Lady Hastings mit einer hoch erhobenen Laterne, als warte sie auf das lang ersehnte Land des amerikanischen Kontinents. Diese Szene findet sich allerdings nicht eins zu eins in der Geschichte wieder. Indes vermittelt die Darstellung dem Leser einen guten Eindruck über den Zeichenstil, den er auf den folgenden Seiten finden wird.

Zu Beginn des Comicbandes findet sich eine umfassende Zusammenfassung des ersten Teils und erleichtert so den Wiedereinstieg in die Szenerie. Im Anhang gibt es erneut das bereits aus Band 1 bekannte, ganzseitige Portrait von Long John Silver.


Fazit
Die Fortsetzung der Comicreihe „Long John Silver“ bringt zunehmend Dynamik und Spannung mit ein, der Verlauf der Ereignisse packt den Leser und lässt ihn nicht mehr los – der Plot ist wirklich gelungen. Eher Geschmackssache, weil sehr speziell, ist dabei der Zeichenstil von Mathieu Lauffray, mit dem die Szenerie ausgestaltet wird – er arbeitet einerseits verhältnismäßig detailreich, andererseits aber ziemlich grob und mehr andeutend als allzu feingliedrig.


3 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Lady Vivian Hastings

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