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Mainz 1330: Die Hebamme Rachel ist auf dem Weg zu einer Entbindung, als sie auf der Straße eine junge Mutter findet, die gerade ein Kind bekommt. Die Mutter stirbt nach der schweren Geburt, und so nimmt Rachel das Kind mit zur wohlhabenden Familie von Speyer, wo Lucia mit Lea, die in der gleichen Nacht geboren wurde, großgezogen wird.

Als Jahre später in Mainz die Pest ausbricht, eröffnet Lucia, die im Hause der von Speyers in die Lehren der arabischen Medizin eingewiesen wurde, zusammen mit dem Pestarzt Clemens von Treist ein Pesthaus, in dem sie die Erkrankten behandeln. Schon bald wird Lucia ehrfurchtsvoll die „Pestärztin“ genannt, doch als die Stimmung in der Stadt kippt, muss Lucia ohne ihren geliebten Clemens aus Mainz fliehen. Werden sie und Clemens sich je wieder finden?

 

  Autor: Ricarda Jordan
Verlag: Weltbild
Erschienen: 08/2008
ISBN: 978-3-8289-8906-1
Seitenzahl: 591 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Lucia wird gemeinsam mit Lea, der Tochter der reichen jüdischen Familie Speyer, aufgezogen. Auch wenn Lucia Lea liebt wie eine Schwester und sie auch am selben Unterricht teilnehmen darf, so weiß sie aber, dass sie keine leiblichen Eltern hat und somit niemals denselben Status wie Lea haben wird. Die Sklavin Al Shifa, die den Haushalt der Speyers führt, hat Lucia besonders ins Herz geschlossen und bringt ihr vieles bei. Als die Mädchen älter werden und sich ein Bruder Leas für Lucia zu interessieren beginnt, muss sie die Speyers verlassen. Nach vielen Demütigungen lernt sie Clemens von Treist, einen jungen Medicus, kennen und lieben und baut mit ihm ein Pesthaus auf, als Mainz von der schrecklichen Krankheit heimgesucht wird. Als die Juden angefeindet werden, muss Lucia flüchten und ihren todkranken Mann zurücklassen.
Auf der Flucht kommt sie schließlich nach Landshut und dort bei Verwandten der Speyers unter. Nach langen Irrwegen gewinnt sie eine junge Herzogin als Freundin, der sie in der Not beisteht, nicht ahnend, dass das Schicksal noch Unglaubliches mit ihr vorhat.


Stil und Sprache
Ricarda Jordan erzählt in flottem und kurzweiligem Stil. Anschaulich, farbig und plastisch lässt die Autorin das einstige Mainz wieder auferstehen und nimmt den Leser mit in die Welt des Mittelalters. Die schönen Patrizierhäuser, das Judenvietel, die Plätze und Märkte erscheinen einem ebenso vor dem geistigen Auge, wie die schmutzigen Hintergassen und das Leben der armen Bevölkerung. Die Autorin versteht es mit einfachen aber nicht banalen Sätzen, der Geschichte Leben einzuhauchen.
Viel erfährt man nicht nur über das damalige Leben an sich, sondern auch über die Unterschiede des Judentums und der Christen. Wie selten ein Autor schafft es R. Jordan, durch die Welt des Mittelalters zu führen, die Standesunterschiede aufzuzeigen, die Sitten und Gebräuche der Christen und der Juden zu beschreiben, ohne dem Leser jemals das Gefühl zu geben, ihm Meinungen oder Ansichten aufdrängen zu wollen.
Die Geschichte ist mitreißend, nachvollziehbar und vor allem glaubhaft erzählt. Von Beginn an versteht es die Autorin immer wieder mit Wendungen zu überraschen und damit dem Buch bleibende Spannung zu verleihen.


Figuren
Beginnend bei der Protagonistin Lucia, über die Familie Speyer, die sie aufzieht, bis hin zur Sklavin Al Shifa, die sie wie eine Mutter liebt, dem Medikus Clemens und die vielleicht auch unwichtig erscheinenden Figuren, sind alle lebendig und mit allen Stärken und Schwächen des menschlichen Charakters ausgestattet, sodass keine Figur blass und nebensächlich erscheint. Die Autorin hat eine Fülle an Charakteren mit eingebaut, aber alles so fein und geschickt verwoben, dass beim Leser nie Verwirrung ob der vielen Darsteller aufkommt. Die Figuren sind nicht extra lang und ermüdend beschrieben, aber dennoch so umrissen, dass man sich ein gutes Bild von ihnen machen kann.
Lucia erscheint als starke junge Frau, die versucht, ihr Leben als geprägtes „Hurenkind“ in die richtige Bahn zu bekommen. Nicht unglaubwürdig glatt verlaufen die Erlebnisse Lucias, sondern es wird realistisch zugelassen, dass sie sich nicht aus allen brenzligen Situationen retten kann. Überhaupt wirken die Figuren sehr aus dem Leben gegriffen und sind vielleicht der Hauptgrund, weshalb man nie hinterfragt, ob sich dies wirklich alles so abgespielt haben könnte.


Aufmachung des Buches
Bei Weltbild ist das Buch als Hardcover mit Schutzumschlag erschienen. Schön an diesem Buch ist, dass, wenn man den Schutzumschlag herunter gibt, auch direkt vorne auf dem Hardcover der Autor und der Titel des Buches, so wie Blätter eines Baumes, in gold geprägt sind, was auf dem satten, olivgrünen Untergrund besonders schön zur Geltung kommt. Am Umschlag selbst sieht man eine Frau mit einem Mörser hantieren, was gut zu dem Titel des Buches passt.
Schade bei diesem Buch ist, dass bei dieser Qualität ein Lesebändchen fehlt und ebenso als Manko empfindet man das Fehlen eines Nachwortes, einer Danksagung oder eine Erklärung über das damalige Mainz von der Autorin.


Fazit
Ein schnell zu lesendes, spannendes und interessantes Buch, ohne große Anforderungen an den Leser. Plastischer, exakter und bunter Schreibstil, der den Leser neugierig auf mehr macht.
Kein Roman mit sonderlichem Tiefgang, aber unterhaltsame und kurzweilige Lektüre, die für Liebhaber dieses Genres vorbehaltlos zu empfehlen ist, wenn man etwas Anspruchsloses sucht.


4 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de
Anmerkung: Das Buch hat bei amazon eine andere Optik, als die hier rezensierte Ausgabe von Weltbild.

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