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Ein dunkler, rauher Winter auf der schwedischen Insel Öland. Auf dem verlassenen Anwesen Åludden, einem mystischen, beladenen Ort, zieht die junge Familie Westin ein. Die tragische Nachricht vom Ertrinken der Tochter Livia scheint die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen.

 

  Autor: Johan Theorin
Verlag: Piper
Erschienen: 09/2009
ISBN: 978-3492050913
Seitenzahl: 446 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Ja, wenn das mal so einfach wäre…dieser Roman verweigert sich konsequent einer Einsortierung in eine Schublade und die Bezeichnung „Kriminalroman“ auf dem Titel bietet bestenfalls einen Anhaltspunkt, worum es geht. Im Vordergrund steht die Familie Westin, die nach ihrem Umzug auf den Hof Åludden wirklich vom Unglück verfolgt wird. Soviel darf man verraten, der Unfalltod der Tochter Livia entpuppt sich als tragischer Irrtum, aber das ist noch lange nicht alles, was dieser Krimi-Grusel-Geschichts-Mystery-Thriller zu bieten hat. Die Geschichte des Hofes und seiner verschiedenen Bewohner ist ebenso Thema wie der Werdegang einer Diebesbande und der Dienstantritt einer jungen Polizistin auf Öland. Alle diese Handlungsstränge laufen unaufhaltsam aufeinander zu und bilden ein stürmisches Finale, das seinesgleichen sucht.


Stil und Sprache

Es schneit viel in diesem Roman, Schnee ist das allgegenwärtige Thema, das zusammen mit dem titelgebenden Nebelsturm alles beherrscht. Wie auch schon in seinem ersten Roman „Öland“ versteht es Johan Theorin, über das Wetter auf der Insel eine ganz besondere, fast mythische Atmosphäre zu erzeugen. Dieses Mal ist es der Winter, der zum einen seine bedrückende, grausame Seite mit Kälte, Nebel und Sturm zeigt, aber auch mit strahlender Sonne und glitzerndem Schnee eine ganz andere, wunderschöne Seite zu bieten hat. Passend zum Wetter erschafft Theorin so immer wieder heitere Momente, um dann abrupt umzuschwenken zu düsteren Orten und finsteren Gedanken. Da läuft einem so manches Mal ein Schauer über den Rücken, wenn Joakim Westin in einer wirklich unheimlichen alten Scheune herumkriecht oder die Gegenwart der Toten auf dem Hof spürt. Überhaupt kommen so einige übersinnliche Dinge vor in diesem Roman, die aber immer so selbstverständlich eingebaut werden, dass man gar nicht auf die Idee kommt, sie für unrealistisch oder abgedreht zu halten. Man akzeptiert als Leser einfach, dass es auf Öland natürlich Geister gibt, Trolle und Flüstern in den Wänden eines alten Hofes.

Parallel zur eigentlichen Handlung, die in der Gegenwart spielt, wird die wechselvolle Geschichte des Hofes Åludden erzählt, der vor über hundert Jahren aus den Holzbohlen einer untergegangenen Schiffsladung erbaut wurde. Einzelne tragische Episoden der im Laufe der Jahrzehnte unterschiedlichsten Bewohner des Hofes führen langsam in die Gegenwart, um dort mit der aktuellen Handlung zusammenzufließen, das ist einfach genial gemacht!
Die Krimihandlung ist dabei insgesamt eher sparsam dosiert, es gibt weder blutige Leichen noch sonstige Effekthascherei. Dennoch schafft es Johan Theorin mit seiner unglaublich dichten Atmosphäre und leisen Andeutungen den Leser bei der Stange zu halten. Gegen Ende dann ist es nicht mehr möglich, das Buch noch aus der Hand zu legen, bevor man nicht die überraschende und dennoch schlüssige Auflösung kennt.


Figuren

Auf Öland leben im Winter nur wenige Menschen, konsequenterweise ist daher die Zahl der Figuren relativ überschaubar, dafür sind die Hauptakteure liebevoll ausgedacht und überaus authentisch dargestellt. Dabei macht Johan Theorin es sich nicht leicht mit seinen Figuren, sind sie doch alle eckig und kantig und haben insgesamt einiges zu verkraften im Leben.

Zwar bleibt etwa beim eher verschlossenen Joakim Westin eine gewisse Distanz zum Leser bis zum Ende erhalten, dennoch schafft Joakim es irgendwie doch, Mitgefühl zu erwecken und Einblicke in sein Innerstes zu gewähren. Man geht mit ihm durch die Hölle des Verlustes einer geliebten Person, fühlt seine tiefe Trauer, kämpft sich mit ihm wieder ein bisschen an die Oberfläche und kann ihn am Ende des Buches beruhigt allein lassen, weil man weiß, dass er sein Leben meistern wird. Ebenso kann man sich von Anfang an in Tilda Davidsson, die junge Polizistin, hineinversetzen. Sie kommt frisch aus der Ausbildung, geht mit Ehrgeiz an ihre Arbeit heran und scheitert bereits direkt zu Beginn an ihrem gleichgültigen und faulen Kollegen. Dennoch lässt sie sich nicht unterkriegen und gewinnt bis zum Schluss nicht nur an Erfahrung, sondern auch an Profil. Auch ein alter Bekannter, Tildas Großonkel Gerlof Davidsson, taucht am Rande der Geschichte wieder auf, leider nicht in einer Hauptrolle dieses Mal, dafür aber mit einigen entscheidenden Hinweisen und seinem untrüglichen Wetterinstinkt, womit wir dann wieder beim Thema wären…

Ein paar Nebenfiguren muss es natürlich auch im menschenleeren öländischen Winter geben, genau wie die Menschen aus den „historischen“ Abschnitten sind aber auch sie mit wenigen wohlgesetzten Worten farbig und lebendig dargestellt. Da wird einem sogar Henrik, der Einbrecher wider Willen, irgendwie sympathisch, ohne dass man sich dagegen wehren könnte.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch zeigt auf dem Cover eine weiße (Schnee-)Landschaft, eine Frauengestalt wendet dem Betrachter den Rücken zu und geht in den Nebelsturm hinein. Außerdem ist so etwas wie ein verwischter Blutfleck zu sehen, was wohl die leicht gruselige Atmosphäre des Buches unterstreichen soll. Die inneren Deckel sind ebenso rot wie das Lesebändchen.


Fazit

Auch der zweite Krimi von Johann Theorin ist etwas ganz Besonderes, mit einer packenden Geschichte, unglaublich geschickt gemachten Verstrickungen zur Vergangenheit und toller Winteratmosphäre. Wer ungewöhnliche Orte für seine Krimis mag und gern literarisch in interessante Gegenden reist, hat hier das perfekte Buch für kalte Winterabende gefunden!


5 Sterne

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