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Gottesbilder sind immer auch Menschenbilder. Ihre Vielfalt prägt die Moderne, beschwört aber zugleich Konkurrenz und Streit herauf. Denn Menschenbilder sind zum Begründungsjoker im Streit um ethische und rechtliche Positionen geworden. Friedrich Wilhelm Graf geht in seinem meisterhaften Essay diesen Bildkonflikten nach und legt die religiösen Tiefenschichten aktueller Debatten um Menschenbilder und Menschenwürde frei. Ein Buch, das hellhörig macht - damit der Mensch das Wissen um seine Würde schärft und sie nicht zur Phrase verkommt.

 

  Autor: Friedrich Wilhelm Graf
Verlag: Beck
Erschienen: 2009
ISBN: 9783406584787
Seitenzahl: 208 Seiten


Stil und Sprache
Friedrich Wilhelm Graf hat eine Professur für Systematische Theologie an der LMU München inne und bereits mehrere theologische Bücher verfasst. In diesem Buch widmet er sich in vier Essays einem besonders interessanten theologischen Thema: Gottes- und damit auch Menschenbildern.
Graf schreibt mit spitzer Feder und argumentiert messerscharf. Nicht die geringste Spur von Verschnarchtheit oder Rührseligkeit, die man einem Theologen vielleicht klischeehaft unterstellen könnte. Hier argumentiert ein kritischer Geist, der genau hinsieht und damit zahlreiche Missverständnisse aufklärt. Durch die sprachlich-stilistische Brillanz lesen sich die Essays auch durchweg spannend. Man möchte stets wissen, welches tabuisierte Terrain Graf als nächstes betritt, um es rigoros auszuleuchten und aufzuräumen.


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Das Buch besteht im Wesentlichen aus fünf Texten. Der erste Text, "Sehepunkte", ist eine Einleitung, die zum Thema hinführt. Der Essay "Gottesbilder" hat schließlich zum Thema, wie Gott in Vergangenheit und Gegenwart wahrgenommen wird. Der inflationäre Gebrauch des "Göttlichen" ist uns gar nicht mehr bewusst - nicht selten ist die Rede von einem Modegott, einem Gitarrengott etc. Wie kommt das? Wie wird Gott gesehen und warum?
Im zweiten Essay geht es um die Ebenbildlichkeit des Menschen. Wie ist die Bibelstelle Genesis 1, Vers 27 im AT zu deuten? Wie ist sie früher gedeutet worden?
Im Text "Menschenbilder" zeigt sich, dass Gottesbilder auch immer Menschenbilder sind. Auch hier zeigt Graf eindrucksvoll auf, wie unterschiedlich der Begriff im Laufe der Zeit interpretiert wurde. Im Vormärz (z.B. bei Heinrich Heine) nimmt der Begriff "Menschenbild" z.B. einfach Bezug auf die "menschliche Gattung" im Allgemeinen.
Im abschließenden Essay, "Gottesgnadenwürde" (dieses Wort hat Graf geprägt), erörtert der Autor schließlich den Begriff der Menschenwürde. Dieser ist - entgegen landläufiger Meinung - durchaus kein traditioneller christlicher Begriff, sondern wurde maßgeblich durch die Verfassung (Artikel 1, Absatz 1: "Die Würde des Menschen ist unantastbar.") geprägt.

Alles in allem lässt sich festhalten: Grafs Essays sind kritisch und durchdacht. Er demonstriert eindrucksvoll, wie innovativ und reflektiert theologische Literatur sein kann.

Das Buch ist für Leser, die sich etwas mit Theologie auskennen gut verständlich. Einen Laien auf diesem Gebiet würde es wahrscheinlich aber auch nicht interessieren. Das Buch eignet sich damit für theologisch und politisch interessierte Leser, die bereit sind, überkommene Denkweisen kritisch zu hinterfragen.


Aufmachung des Buches
Das Buch ist klappenbroschiert. Auf dem Cover ist eine Zeichnung von Augustin Dupré zu sehen, die Herkules zeigt. Im Innenteil findet man viele verschiedene Abbildungen (Fotos, Gemälde etc.), die den Text sinnvoll ergänzen. Zahlreiche Beispiele aus der Kunst (z.B. "Der gekreuzigte Frosch", Votivbilder usw.) vermitteln dem Betrachter einen Eindruck von den Gottes- und Menschenbildern, die auch in den Texten Thema sind. Die Gestaltung finde ich ansprechend, zumal Text und Bild eine sinnvolle Einheit bilden.


Fazit
Friedrich Wilhelm Grafs Essays sind durchweg spannend und interessant und nicht selten auch amüsant. Der Theologe klärt den Leser über viele Missverständnisse auf. Die Lektüre habe ich auf alle Fälle als große Bereicherung empfunden.



Hinweise
Rezension von Sigrid Grün


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