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Gwenc’hlan…

Mein Lehrmeister, um den jetzt all meine Gedanken kreisen, da ich es kaum noch erwarten kann, ihn in der Anderswelt wiederzusehen, dort, in weiter Ferne, jenseits der Nebelschwaden…
Wir Druiden dachten zu recht, dass die Schrift unser Wissen nicht erstarren lassen dürfte, dass wir es durch das Wort und nicht in Manuskripten übermitteln sollten. Doch der Untergang der Druiden vollzog sich, und nun, da die meisten von uns zur Religion des alleinigen Gottes übergetreten und die anderen verschwunden sind, müssen wir schriftlich festhalten, was sonst mangels mündlicher Überlieferung für immer verloren ginge. Es erscheint also lobenswert, dass die Verbleibenden, zu denen auch ich zähle, unser Vermächtnis auf dieses so vergängliche Papier niederschreiben, das nun jedoch unser einziges Hilfsmittel bleibt, um die bevorstehenden Zeiten zu überdauern…
Meine Erinnerungen brechen mir das Herz, wandeln sich in Tränen, und meine Tränen vermischen sich mit der Tinte…

Gwenc’hlan…

Mein Lehrmeister…

 

  Autor: Jean-Luc Istin, Thierry Jigourel
Illustration: Jacques Lamontagne
Verlag: Splitte
Erschienen: 01/2009
ISBN: 978-3-940864-42-0
Seitenzahl: 48 Seiten
Altersgruppe: ab 14 Jahren (Empfehlung des Rezensenten)


Die Grundidee der Handlung
Langsam nimmt das Motiv der Mörder christlicher Mönche Formen an. Als die Römer Britannien verließen und dem Zugriff der sächsischen Eroberer überließen, wurden die vier Talismane, welche die Walddruiden einst von den Göttern erhalten haben, zerstreut und an geheimen Orten verborgen. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen wurden von der geheimen Bruderschaft, die hinter den Mordanschlägen steckt, Mönche überredet, Texte aus dem Keltischen zu übersetzen, um an zwei der vier Talismane zu kommen, von denen sie sich Macht versprechen. Gwenc’hlan und sein Schüler Taran müssen sich beeilen, um den Mördern zuvorzukommen und die druidischen Heiligkeiten zu schützen. Währenddessen gerät die Stadt Ys immer stärker unter Druck, sich von der Heiligen Kirche bekehren zu lassen.

Die beiden Autoren beginnen den dritten Teil der „Druiden-Saga“ mit einem direkten und sehr temporeichen Einstieg, welcher sofort die Spannung der vorangegangenen Bände aufgreift und auf hohem Niveau hält. Geschickt wird die Geschichte, die ein Mix aus historischen Begebenheiten, Mythen und Legenden ist, fortgesetzt…


Beurteilung der Zeichnung
Mit kräftigen, wenn auch nicht strahlenden Farben und hohen Kontraste verleiht Jacques Lamontagne den Zeichnungen einen realistischen und nahezu dreidimensionalen Ausdruck. Die Figuren und Gesichter wurden von ihm liebevoll und hochwertig gezeichnet, Emotionen wie Hass, Zorn, Furcht oder Überraschung sind so eingeflochten, dass sie jederzeit für den Leser glaubwürdig erscheinen. Der mal sanfte, mal zornig-strenge Ausdruck von Gwenc’hlan oder die Züge der schönen Prinzessin Dahud sind daher ein Genuss für Fans grafisch hochwertiger Comics. Entsprechend der durch die Bekehrungswut der Heiligen Kirche geprägten Geschichte fallen auch die Charaktere der Mönche Korentin und besonders Gwenole aus, die verbissen, aggressiv und anmaßend auftreten und die mit hierzu passenden, bedrohlich wirkenden Gesichtszüge versehen wurden, bis hin zu der Stelle, an der Gwenole sein wahres Gesicht zeigt. Natürlich darf auch ein Minimum an nackter Haut nicht fehlen, so wird die göttergleiche, rothaarige Morrigane aus der Anderswelt wieder völlig nackt und stellenweise tätowiert gezeigt. Ihre Nacktheit wirkt jedoch natürlich und ästhetisch.

Architektonische Merkmale, Ausstattung von Schiffen und Räumen, Bekleidungen, Schmuck oder auch der schartige Stahl der Schwertklingen – bei allem merkt man die hohe Kunst des Grafikers. Natürlich lässt die Detailliertheit nach, je kleiner die einzelnen Bestandteile innerhalb eines Bildes werden. Nichtsdestotrotz hat Lamontagne viel Wert auf Genauigkeit gelegt. So präsentiert sich als großes, fein herausgearbeitetes und beeindruckendes Bild die verborgene Bibliothek der Druiden oder – auf einer Doppelseite – das Schicksal der Stadt Ys am Ende des Buches. Wettereinflüsse, wie Regen oder eine aufgewühlte und nebelverhangene See, wurden aufwendig und glaubhaft umgesetzt.

Immer wieder mal wird die alte keltische Sprache in die Texte eingeflochten, durch Fußnoten aber immer direkt übersetzt. Das Kunstwerk, denn die Bezeichnung hat sich dieser Teil der Comicreihe verdient, endet an einer sehr dramatischen Stelle, so dass der Leser begierig ist zu erfahren, wie die Geschichte wohl weitergeht.


Aufmachung des Comics
Im Stil der Comicbücher, die vom Splitter-Verlag verlegt werden, fällt auch dieser Band in einem Format größer A4 aus, dass ihn gerade so noch ausreichend handlich präsentiert, dafür aber viel Platz für die Zeichnungen lässt. Das astrein verarbeitete, gebundene Buch hinterlässt direkt einen guten Eindruck. Der vordere, innere Einband wurde mit monochrom und mit kräftig-grüner Tonung auf altertümliche Weise und im Stil des Comics gestaltet, im hinteren Inneneinband findet sich ein Glossar mit ausführlichen Erklärungen zu den alten keltischen Begriffen und Gottheiten. Das Cover des Comicbandes ist ansprechend und aufwendig gestaltet und zeigt eine Szene der Geschichte, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden soll, um den Geschehnissen nichts vorwegzunehmen.

Für die Gegenleistung, die der Leser erhält, ist der Preis von 12,80 EUR absolut angemessen, auch wenn das Werk mit gerade mal 48 Seiten sehr dünn ausfällt.


Fazit
Inhaltlich und grafisch konnte mich der dritte Teil der „Druiden-Saga“ rundum überzeugen. Spannend und flott, aber auch dramatisch wird die Geschichte von Gwenc’hlan und seinem Schüler Taran erzählt und grafisch herausragend präsentiert. Ein Muss für jede gut sortierte Comicsammlung.


5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Das Geheimnis der Oghams
Band 2: Die weiße Stadt

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