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Sie will kochen. Von Kind auf an. Köchin werden, solange sie denken kann. Kochen – und lieben. Doch ihre Eltern haben anderes mit ihrer jüngsten Tochter vor. Wie ihre drei Schwestern soll sie einen ordentlichen akademischen Beruf ergreifen. Notfalls mit Prügel. Es nützt nichts. Ricarda bleibt stur. Anstatt Schulbücher liest sie Kochbücher und die Märchen der Brüder Grimm. Doch gibt es auch eine gute Fee in dieser Familienhölle. Bei ihr darf sie kochen. „Ein Wunderkind der Kochkunst“, urteilt Johanna, ihre Tante. Mit Johannas Hilfe hält Ricarda durch, bis sie schließlich ihr eigenes Restaurant eröffnet. Alles scheint sich schön einzupendeln. Doch dann meldet sich der langersehnte Märchenprinz und bringt alles durcheinander ...

 

  Autor: Renate Möhrmann
Verlag: Schenk Verlag
Erschienen: 10/2009
ISBN: 978-3-939337-50-8
Seitenzahl: 225 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Ricarda hat es von Geburt an nicht leicht. Als jüngste von vier Töchtern hätte sie der lang ersehnte Stammhalter werden sollen, doch so ist es mit der Mutterliebe von seitens ihrer Frau Mama nicht weit her und der Vater nimmt sie schlicht nicht wahr. Das ist jedoch ganz anders, wenn sie etwas macht, was so gar nicht in das verklemmte Weltbild des akademischen Hauslhalts passt. Statt einem eigenen Zimmer steht Ricardas Wiege in der Küche, statt Mutterliebe hagelt es nur Verbote, tu dies nicht und jenes, und ihr weiterer Lebensweg wird minutiös von den Eltern vorgeplant und gewaltsam durchgepeitscht. Notfalls mit Gewalt und Nahrungsentzug. So wird aus Ricarda schon früh ein Mensch, der lernt, ruhig und zurückhaltend, dafür aber umso entschlossener zu sein, und sie beginnt eine Rebellion der ganz besonderen Art gegen ihre Eltern, die Schule und die Welt im allgemeinen.
Ihr achtzehnter Geburtstag ist wie ein Befreiungsschlag für Ricarda, kann sie sich doch endlich dem ständigen Kontrollzwang der Mutter entziehen und sich ganz und gar ihrer Leidenschaft, dem Kochen, hingeben. Sie geht nach London, weil es entgegen dem Wunsch der Eltern liegt, die Paris als die Stadt der Köche sehen, und macht eine knochenharte Lehre durch, die ihr aber auch ihre eigenen Stärken und Grenzen zeigt. Ihren großen Traum von einem eigenen Restaurant hat sie dabei immer vor Augen. Doch dann passiert etwas, mit dem Ricarda nicht gerechnet, ja es nicht einmal in ihrem Leben vorgesehen hat: sie begegnet ihrem absoluten Traummann und alles gerät durcheinander ...


Stil und Sprache
Auf den ersten Blick ist „Die Frau, die kocht“ unscheinbar und wenig auffallend. Zumindest von der Optik her.
Die Autorin hat diesen Roman so geschrieben, dass man als Leser den Eindruck hat, diese von einem Erzähler (und damit meine ich nicht die Autorin) erzählt zu bekommen. Nur an einigen Stellen wird die Erzählung dann durch einen Dialog bzw. durch direktes Handeln der Figuren unterbrochen und der Leser ist dann mitten im Geschehen, anstatt nur ein Zuschauer zu sein.
Für den Leser geht es mit einem Fragezeichen im Kopf los, denn er befindet sich gleich mitten im Geschehen, und dieses Fragezeichen zieht sich dann über mehrere Kapitel fort. Sicher, als Leser weiß man, es muss etwas drastisches passiert sein, dass die Protagonistin in diese Lage brachte, aber was – darüber schweigt die Autorin. Tja, das bleibt dann leider auch für den Rest des Romanes so. Vermutungen, Schlagzeilen, Gerüchte gibt es gegen Ende viele. Durcheinander, aufmerksamkeitheischend und quotensteigend, aber erklärend? Fehlanzeige. Dabei nennt sie später so manche heftige Sache schonungslos beim Namen. An Scheu oder mangelndem Selbstbewusstsein von Seiten Renate Möhrmanns kann es also nicht gelegen haben, dass sie sich über den eigentlichen spannenden Punkt ausschweigt.

Ihre Sprache ist eine Mischung aus Moderne, Altem, Deutsch und Englisch (Übersetzungen dazu gibt es keine oder nur sehr sporadisch) und einem etwas ungewohntem Sprachschatz, den der eine oder andere mit Sicherheit erst im Wörterbuch nachschlagen muss, um den Sinn zu verstehen. Etwas, was mir persönlich nichts ausgemacht hat, aber vielleicht nicht Jedermanns Geschmack ist.
Das Innere, die Handlung, erschließt sich dem Leser erst auf den zweiten oder dritten Blick. Und dem Leser, der die Geduld hat, sich durch die ewig lange psychologische Abhandlung zu quälen (ich hatte sie beim ersten Durchlauf nicht), dem öffnet sich zum Ende hin eine vage Vorstellung davon, wie ein gelungenes Ende für diesen Roman hätte sein können.
Kein Zweifel, Renate Möhrmann ist mit diesem Roman ein herrliches Buch gelungen, das temporeich, ironisch, manchmal etwas verwirrend, aber trotzdem abwechslungsreich geschrieben ist. Doch dann, zack, der Bruch. Genau in dem Moment wo es spannend wird. Und anstatt den spannenden Bogen zu Ende zu führen, ergeht sich die Autorin in einer langen psychologischen Erklärung, die zwar viele Worte aufs Papier zaubert, den Leser aber leider auch gnadenlos hängen lässt. Diese langen Passagen erschließen sich dem Leser, wenn überhaupt, erst nach mehrmaligen Leseversuchen, und verwirren dennoch noch mehr. Ich fand es extrem schade, da der Leserfluss bis dorthin ungebrochen und fließend war. Schön, ich habe mich an einigen Stellen schon gefragt, um was geht es hier eigentlich gerade und musste mehrmals nachlesen ehe ich wusste, welche Person jetzt gerade spricht, oder wo die Handlung ist, aber ansonsten war ich doch von dem Buch gepackt und habe mit Neugier und wachsender Spannung die Seiten umgeblättert.


Figuren
Die Autorin spielt mit Extremen. Da ist zum einen eine sehr verklemmte altmodische Frau, Ricardas Mutter, die das Leben ihrer Kinder von der Zeugung bis zu deren Tode minutiös geplant und verplant hat und alles, was diesen Weg behindern oder gar gefährden könnte, mit schier brachialer Gewalt auszumerzen bestrebt ist. Liebe ist ein Fremdwort für sie und mütterliche Gefühle und Instinkte gleich dreimal. Zum anderen ist da die liebevolle und warme Tante mit dem richtigen Verständnis für Ihre Nichte und einem Herzen, das Mut hat und sich auch mal gegen die elterliche „Wir wollen doch nur das Beste für unsere Kinder“-Maxime drastisch durzusetzen, zur Not mit der Androhung, die Polizei zu holen. Es war spannend und irgendwie auch faszinierend, die Gegensätze zwischen den Figuren zu erleben und zu verfolgen. Überzeugt haben Sie alle, wenn es mir auch ab und an schwer fiel, mir dieses Verhalten in den Neunzigern noch als wirklich und real vorzustellen. Das gestrenge und sittsame Verhalten der Eltern von Ricarda hätte ich mir dann doch eher in den späten Sechzigern besser vorstellen können. Aber gut, möglich ist schließlich alles, auch in der heutigen Zeit.
Am besten gefallen hat mir die Entschlossenheit und der Wille, mit dem Ricarda ihren Weg gegangen ist und ihre Pläne, ihren großen Traum, verfolgt hat. Mit welcher Energie und Unerschütterlichkeit sie an sich und ihren Traum geglaubt hat, auch wenn ihr Umfeld oftmals alles andere als ideal war.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch ist mit als auch ohne Schutzumschlag auffallend gestaltet. Um ehrlich zu sein, mich hat das Buch zu Anfang überhaupt nicht gereizt. Die optische Gestaltung spricht mich einfach nicht an. Doch auf den zweiten Blick wird es interessant. Sehr interessant. Ganz in weiß gehalten, zeigt der Schutzumschlag in Handschellen gefesselte Frauenhände und einen blutigen Holzkochlöffel. Zusammen mit dem Buchtitel in Schwarz und Rot ergibt sich so eine interessante Kombination, die auf alles mögliche schließen lässt. Auf der Buchrückseite steht eine ziemlich ausführliche Inhaltsangabe, die viel versprechend klingt.
Nimmt man den Schutzumschlag ab, kommt darunter ein gebundenes Buch in Weiß, Grau und Schwarz zum Vorschein, dass die gleiche Optik hat wie der Schutzumschlag. Eben nur ohne das Rot und ohne die Inhaltsangabe auf der Buchrückseite. Nicht schlecht und mal was anderes.


Fazit
Ein Buch, das sich einem erst auf den zweiten bzw. dritten Blick wirklich erschließt. Ein Umstand, der mir persönlich zwar nicht so gefiel, dem Roman an sich aber nicht zum Nachteil wird, auch wenn dieser manchmal verwirrend und etwas chaotisch ist. Ein Leservergnügen war es dennoch.


3 5 Sterne


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