Smaller Default Larger

Wer nicht schreiben kann, muss sterben!

Seit dreißig Jahren hat Amy Gallup keinen Roman mehr veröffentlicht. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, gibt sie Schreibseminare. Dieses Semester kommt es zu einem beunruhigenden Zwischenfall: Einer der Teilnehmer mokiert sich – anonym und auf äußerst boshafte Weise – über seine Mitschüler und beginnt, sie durch zunehmend gefährlichere Streiche zu terrorisieren. Schließlich ist einer der Schüler tot. Und Amy fragt sich: Wer aus der harmlosen kleinen Gruppe ist fähig, einen Menschen wegen eines schlechten Manuskripts zu töten?

 

  Autor: Jincy Willett
Verlag: Rowohlt
Erschienen: 01.11.2009
ISBN: 978-3-499-24914-3
Seitenzahl: 400 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der Text der Buchrückseite ist etwas missverständlich, denn es wird niemand wegen eines schlechten Manuskripts getötet. Die Gründe sind andere, doch um dem Buch nichts vorwegzunehmen, werde ich in dieser Rezension nicht weiter darauf eingehen. Ansonsten bleibt mir nur zu sagen, dass Jincy Willett eine gute Idee hatte, es an der Umsetzung jedoch leider stark hapert. Schade, denn aus dieser Geschichte wäre auf jeden Fall deutlich mehr herauszuholen gewesen …


Stil und Sprache
Dem Cover ist zu entnehmen, dass es sich um einen Kriminalroman handelt. Der Text der Buchrückseite verspricht ebenfalls Spannung und eine Leiche. Ärgerlich, dass diese - vom Leser mittlerweile sehnsüchtig erwartete - Leiche erst nach über der Hälfte des Romans auftaucht. Bis dahin tröpfelt das Geschehen mehr vor sich hin, bis man sich sogar fragt, was das Ganze eigentlich soll. Für einen Krimi ist die Einleitung, das ganze Vorgeplänkel, einfach zu lang. Zwar deuten kleinere Details in Kombination mit dem Buchrückseitentext an, dass noch etwas passieren wird, aber so richtig in Schwung kommt die Geschichte zunächst nicht. Bis zur ersten spannenden Szene muss der Leser sich gedulden, taucht diese doch erst auf Seite 126 auf und ist ebenso schnell auch wieder vorbei. Doch der Leser wird für seine Geduld von nun an immer wieder mal mit spannenden Situationen belohnt, die endlich etwas mehr Tempo in den Text bringen. Bis Amy sich endlich ernsthaft mit der Enttarnung des Mörders auseinandersetzt, dauert es jedoch noch eine ganze Weile …

Sehr gut ist der Autorin jedoch der ‚Who done it?‘-Effekt gelungen, denn im Verlauf der Handlung springt der Verdacht des Lesers von einer Figur zur anderen – ohne richtige Beweise, sondern einfach aus der Situation, aus dem Verhalten der Figuren heraus. Doch kaum ist man sich nahezu sicher, dass es nur Figur A sein kann, schmeißt eine andere Szene alle Vorurteile über Bord und das muntere Raten geht von vorne los. Sehr schade ist, dass die Autorin das Ratespiel zum Ende hin ein Stück weit kaputt macht, ja dem Leser die Lust daran raubt, indem sie ihn hintergeht. Plötzlich tauchen in einem Gespräch wichtige Informationen auf, die zuvor keinerlei Erwähnung finden. So errät beispielsweise Syl Amys Passwort für ihr eMail-Postfach, indem sie den Namen ihres Hundes, Alphonse, nennt:
„Haustiernamen. Der älteste Trick der Welt. Hätte ich gleich als Erstes sagen sollen.“
„Über Alphonse rede ich nie.“
„In einer der ersten Stunden haben Sie über ihn geredet. […]“
Ach ja? Schade, dass dem Leser das in der entsprechenden Unterrichtsstunde vorenthalten wurde. Dadurch fühlt man sich ein Stück weit von der Geschichte ausgeschlossen.

Das Ende, die Auflösung des ‚Falls‘, finde ich ebenfalls nicht richtig überzeugend, wenn auch nicht direkt schlecht. Doch nach all der Raffinesse des Mörders wirkte diese Szene einfach zu unausgegoren, zu platt. Wobei ich anmerken muss, dass die Handlung teilweise eh ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit vermissen lässt.


Figuren
Die Figuren bleiben zunächst sehr blass und unscheinbar. Selbst zum Ende des Romans hin sind mir die meisten Kursteilnehmer noch fremd, sodass es schwer fällt – wenn nicht sogar unmöglich ist -, sich mit ihnen zu identifizieren. Lediglich Amy, aus deren Sicht die Geschichte in der dritten Person erzählt wird, nimmt mit der Zeit immer deutlicher Gestalt an. Das liegt sicherlich daran, dass der Leser Einblick in ihre Gedanken und Gefühle erhält und Rückblicke in ihre Vergangenheit die Figur authentisch und dreidimensional machen.
Amy ist vor allem seltsam. Sie wirkt völlig desinteresseiert und lustlos und kommt zunächst unsympathisch rüber. Auf der anderen Seite erregt sie aber auch Mitleid. Sie ist eine Einzelgängerin, die es jedoch hasst, allein zu sein. Mit der Zeit wird sie dem Leser immer sympathischer, wenn auch keine richtiggehende Sympathieträgerin. Leider fällt es nicht immer leicht, ihr Handeln nachzuvollziehen, was auch hier eine Identifikation erheblich erschwert.


Aufmachung des Buches
Die Covergestaltung hat mir sofort zugesagt und passt gut zum Inhalt des Buches. Vor allem die Rückseite ist raffiniert gestaltet: In Schreibmaschinenschrift ist die Kurzbeschreibung abgedruckt, mit rot und handschriftlich sind Wörter unter- oder durchgestrichen und andere Worte wurden darüber geschrieben. Wie eine überarbeitete Manuskriptseite wirkt dies. Sehr gelungen!

Im Verlauf der Geschichte trifft der Leser zudem auf Tagebucheinträge aus Sicht des Mörders, die sich vom Schriftbild deutlich vom restlichen Text abheben. Ebenso sind die Auszüge aus den Texten der Kursteilnehmer in anderen Schriftarten abgedruckt, sodass gleich deutlich wird, dass es sich nicht um den Roman als solches handelt.


Fazit
Nachdem ich den Text auf der Buchrückseite gelesen hatte, war ich auf den Krimi sehr gespannt – und wurde enttäuscht. Blasse Charaktere, viel zu wenig Spannung und ein unbefriedigendes Ende. Dieses Buch kann ich leider nicht weiterempfehlen.


1 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo