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Foto: Privat


Hallo, Frau Renk. Schön, dass Sie bei all Ihren Verpflichtungen ein wenig Zeit für uns haben. Sie sind  Autorin, freie Lektorin, Herausgeberin, Betreiberin eines Internetforums für AutorInnen, Mutter von vier Kindern. Wie finden Sie da überhaupt noch Zeit zum Schreiben?

Die muss man sich nehmen. Ich habe keine Zeit mehr, fernzusehen. 


Sie haben ja in den USA und in Deutschland Literatur- und Medienwirtschaft studiert. War es damals schon eine beschlossene Sache für Sie, dass Sie eine erfolgreiche Schriftstellerin werden würden?

Das mit dem „erfolgreich“ ist ja so eine Sache, ich arbeite daran. Doch das ist nichts, was man wirklich beschließen kann. Erfolg auf dem Buchmarkt hängt von vielen Faktoren ab. 


Von welchen Faktoren denn zum Beispiel?

Da scheiden sich die Geister. Manch ein Buch, dass einen sicheren Programmplatz hat, das laut Umfragen vom Zeitgeist her passt, das ordentlich beworben wird, endet als Flop.
Andere Bücher, die der Verlag als Lückenfüller ins Programm genommen hat, werden Bestseller.
Es kommt auf die Buchhändler an. Wie wird das Buch positioniert? Wie wird es beworben? Bekommt es gute Rezensionen? Letztendlich aber entscheidet der Kunde. Und Mundpropaganda ist weitaus effektiver als jede Anzeige.


Warum haben Sie sich gerade für das Krimi-Genre entschieden?

Das war eigentlich eher Zufall. Mein Kollege Robert Herbig und ich brachten 2004 und 2005 gemeinsam einige Anthologien der Reihe AdA heraus. Unter anderem das Buch „Mörderisch“. Für die Ausschreibung setzten wir uns mit dem Syndikat, der Vereinigung deutscher Krimiautoren (www.syndikat.com) und den „Mörderischen Schwestern“, die Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen (www.moerderische-schwestern.de) in Verbindung.
So kam ich mit dem Leporello Verlag in Kontakt. Von da bis zu dem Gedanken, selbst einen Krimi zu versuchen, war es nicht weit. 


Falls Sie irgendwann Krimis leid wären, in welches Genre würden Sie dann wechseln wollen?

Ich schreibe gerade an einem Thriller. Das ist kein großer Genrewechsel, aber schon ein anderer Bereich im Suspense.
Ich arbeite aber auch an einem historischen Roman. 


An welchen Vorbildern orientieren Sie sich bei Ihrer Arbeit?

Was sind Vorbilder? Gibt es einen Autor, von dem ich sagen würde: so möchte ich auch schreiben können? Ja, gibt es. Jede Menge.
Letztendlich kann ich aber nur so schreiben wie ich schreibe. 


Noch einmal zurück zu Ihren Studien in den USA: Wie unterscheidet sich der amerikanische Literatur-Markt vom deutschen?

Der amerikanische Markt ist wesentlich größer, er lebt von sich selbst, während in Deutschland mehr Lizenzen gekauft werden.
Die Werbung in den Staaten ist aggressiver. Dort läuft nichts ohne Agenten. 


Einige Schriftsteller stehen ja morgens besonders früh auf, andere schreiben 12 Seiten pro Tag, wieder andere schließen sich für Wochen ein – Welche Rituale helfen Ihnen beim Schreiben?

Grundsätzlich schreibe ich 1000 Worte pro Tag. Wenn der Schreibfluss gut läuft, werden es schon mal wesentlich mehr, aber nie weniger.


Wie gehen Sie bei der Arbeit an einem neuen Roman vor? Recherchieren Sie erst alle notwendigen Fakten? Machen Sie sich erst einmal Gedanken zu Ihren Figuren? Oder steht der Plot Ihrer Geschichte im Vordergrund?

Das ist unterschiedlich. Für meinen ersten Krimi, die „Seidenstadt Leichen“, hab ich zuerst das Personal entworfen. Dann hab ich mich mit einem Freund zusammen gesetzt, er ist Hauptkommissar bei der Kripo in Wuppertal, und habe Fakten zur Polizeiarbeit recherchiert.
Und dann kam der Plot.
Jetzt hab ich das Personal schon und brauch nur neue Fälle.
Bei meiner zweiten Serie, die voraussichtlich nächstes Jahr erscheinen wird, hab ich zusammen mit meinem Agenten das Projekt entworfen.


Wie gehen Sie bei der Recherche zu einer neuen Geschichte vor? Welche Hilfsmittel benutzen Sie dabei?

Alles, was ich kriegen kann. Ich frage Fachleute, lese viel zu den Themen, recherchiere im Internet. 


Warum haben Sie sich bei Ihrer „Seidenstadt“-Reihe gerade für Krefeld als lokalen Hintergrund entschieden?

Ganz einfach: weil ich hier wohne. 


War es schwer, einen Verleger für Ihr erstes Buch zu finden? Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Ich habe den Verlag angesprochen und gemeinsam haben wir überlegt, ob ein Roman von mir in das Verlagsprofil passen würde. Dann hab ich ein Exposé geschrieben und es vorgelegt. 


Sie haben ja schon vorher mit Verlagen zusammengearbeitet, waren also keine gänzlich Unbekannte. Offensichtlich ist so ein Vorgehen aber nicht für jeden zukünftigen Schriftsteller empfehlenswert. Welche Ratschläge würden Sie einem Jungautor denn für die Suche nach einem Verlag für sein Erstlingswerk geben?

Jeder Autor sollte sich sicher sein, wer sein Zielpublikum ist. Er sollte herausfinden, welche Verlage ähnliche Bücher anbieten, das Verlagsprogramm gründlich prüfen. Man kann den Buchhändler seines Vertrauens fragen.
Dann heißt es ganz klar: anrufen, nachfragen, ob eventuell Interesse besteht. 


Werden wir bald wieder etwas von Hauptkommissar Jürgen Fischer hören?

Aber sicher, wie immer im Oktober, passend zu den Krefelder Krimi Tagen, die ich zusammen mit Ina Coelen organisiere. 


Erzählen Sie uns doch bitte ein wenig mehr über die neue Geschichte.

Den Teufel werde ich tun. Wer wissen will, wie es mit Hauptkommissar Jürgen Fischer weitergeht, dem kann ich empfehlen, das Buch im Herbst zu kaufen. 


In den beiden Romanen „Tödliches Dinner“ und „Killer, Küche, Knast“, die Sie mit Ihrer Kollegin Ina Coelen zusammen geschrieben haben, steht die Köchin Katharina Lintfort im Mittelpunkt. Sie kochen ja bekannterweise auch recht gut. Was haben Sie denn gerade so im Kühlschrank?

Milch, Butter, Jogurt, Aufschnitt und Käse. 


Und wieviel Ulrike Renk steckt denn in Katharina Lintfort?

Gar nichts. Die beiden Bücher „Killer, Küche, Knast“ und „Tödliches Dinner“ haben zwei Hauptfiguren. Katharina Lintfort und Claudia Neukirchen. Jede von uns hat aus der Perspektive einer der beiden Frauen geschrieben, in der ersten Person. Meine Figur ist die Privatdetektivin Claudia Neukirchen.
Für Katharina habe ich nur die Rezepte geschrieben. 


Bringen Sie auch in andere Figuren eigene Charaktereigenschaften ein?

Es sind immer Kleinigkeiten, die ich so einbaue. So teile ich mit Hauptkommissar Fischer das Laster zu Rauchen.
Ansonsten sind die Charaktere frei erfunden. 


Öffentliches Rauchen gilt ja immer mehr als verpönt, nicht zuletzt auf Grund strengerer Gesetzgebungen. Wird Fischer vielleicht doch noch Nichtraucher irgendwann?

Er wird wohl weiterhin mit seiner Sucht leben müssen. Immerhin hat der Polizeichef Guido Ermter das Rauchen aufgegeben und ist jetzt Gummibärensüchtig. Ein kleines Zeichen von Political Correctness. 


Wie gehen Sie mit Kritik an Ihren Werken um?

Berechtigte Kritik höre ich mir gerne an und versuche, daraus zu lernen.


Über welche Eigenschaften muss ein zukünftiger Schriftsteller Ihrer Meinung nach verfügen?

Er muss lesen können. Schreiben lernt man durch lesen und schreiben.
Andreas Eschbach hat mal gesagt: Bei jedem 100 000 Wort macht man einen Quantensprung. Da ist etwas dran.
Außerdem muss man es wirklich wollen. Man muss sich Zeit frei schaufeln, sich hinsetzen und es tun. Schreiben!


Also sollte man – zumindest am Anfang einer schriftstellerischen Karriere – gar nicht auf irgendwelche Schreibregeln achten?

Doch sicher. Man darf nur nie den Fehler begehen, zu theoretisch zu werden. Wenn ich mir tausend Bücher zum Thema „Wie lerne ich schreiben“ durchlese statt zu schreiben, werde ich nie Schriftsteller, sondern bleibe Leser. 


Abschließend noch die obligatorische Inselfrage: Was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?

Kommt darauf an, wie lange ich dort bleiben müsste. Für einen Tagesausflug reicht ein gutes Buch, Wasser und natürlich Zigaretten. 


Frau Renk, herzlichen Dank für das Interview.

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