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Wenn der nette Nachbar zum Mörder wird...

Der Name Joachim Georg Kroll steht für eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Kriminalgeschichte. In mehr als zwei Jahrzehnten tötete der Serienmörder mehrere Frauen und Mädchen, bevor er von der Polizei gefasst wurde. Mit analytischer Schärfe untersucht der bekannte Kriminalist Stephan Harbort den Fall des Jahrhundertmörders. Dabei entsteht das beeindruckende Psychogramm eines Mannes, der Zeit seines Lebens von seinen Trieben gesteuert wurde.

 

Ich musste sie kaputt machen 

 

Autor: Stephan Harbort 
Verlag: Ullstein Verlag
Erschienen: 2015 (zweite Auflage)
ISBN: 978-3-548-37479-6
Seitenzahl: 384 Seiten

 


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Schon als Junge und Jugendlicher ist Joachim Kroll „anders“ als seine Geschwister oder Mitschüler. Ein steter Einzelgänger, der es vermied oder nicht schaffte, Kontakte zu knüpfen, teilweise vernachlässigt von seinen Eltern und hart erzogen, entwickelt Kroll merkwürdige Fantasien und Ideen, die sich im Laufe seiner Entwicklung manifestieren und nach außen getragen werden wollen. Schon bald kann Kroll dem Druck nicht standhalten und so startet er seine ersten „Beutezüge“ nach Frauen und jungen Mädchen, die er schließlich auch ermordet. Trotz seiner etwas „verschrobenen“ Art gelingt es ihm, als unauffälliger und uninteressanter Zeitgenosse in der Gesellschaft eher ungesehen zu leben und auch die Polizei kommt dem Täter einfach nicht auf die Spur. Nur durch einen Zufall gelingt es der Polizei, Kroll habhaft zu werden, unwissend, wen sie da eigentlich verhaftet.

Mit einem roten Faden, der sich durch das gesamte Werk von Stephan Harbort zieht, berichtet er über den Mehrfachmörder Joachim Kroll. Dabei zieht er mögliche Ursachen aus der Kindheit und der Pubertät in Betracht, sowie strenge Erziehung und fehlgeleitete Erziehungsmaßnahmen. Sachlich und ohne Wertung porträtiert er den „Werdegang“ eines Mannes, der zum Mörder wird, zurückgreifend auf zahlreiche Berichte aus der Presse sowie anderen schriftlichen Aussagen von Prozessbeteiligten usw.

Stephan Harbort skizziert detailliert die möglichen diversen Auslöser, die einen vielleicht schon kranken Geist erst so richtig aufleben lassen. Von den Jahren seiner Kindheit bis über die Jugend von Joachim Kroll und schließlich zu seinen entsetzlichen Taten im erwachsenen Alter, analysiert der Autor den eigentlich unscheinbaren Mann, der gewissenlos wirkend einen Mord nach dem anderen begeht, um sich selbst zu befriedigen. Dabei geht er auf sexuelle Aversionen und krankhafte Fantasien ein, die im Laufe der Jahre in dem Mann herangereift sind.

Sehr ausführlich und für den Leser sicherlich erschreckend beschreibt Harbort – wenn auch sehr nüchtern – die Streifzüge des Mörders durch Wälder und Parks, wobei der Kern des Beschreibens meist auf Joachim Kroll liegt. Hin und wieder werden auch kleinere Abschnitte aus der Sicht von Familienangehörigen der Opfer eingefügt, oder kleinere Passagen, in denen der Weg des vermeintlichen Opfers nachvollzogen wird.

Da das Buch eher einem Bericht oder ausführlichen Portrait über Joachim Kroll gleicht, ist es schwer, Figuren näher zu beleuchten oder mögliche Beziehungsgeflechte zu forcieren. Stephan Harbort konzentriert sich zu 90 Prozent auf Kroll und lediglich einige – wenn auch wichtige – Protagonisten wie Polizisten, Verwandte oder Zeugen werden passabel in den Bericht mit eingefügt. Die Wahl des Autors, sein Buch so aufzubauen, unterstützt den Lesefluss ungemein, da emotionale Wertungen und stimmungsgeladene Phrasendrescherei im Prinzip vermieden werden. Sicherlich gibt es einige Auszüge, die den Leser mitfühlen lassen, etwa wenn von dem Tod eines Kindes berichtet wird, allerdings verzichtet Harbort gekonnt und vermutlich auch gewollt auf großes emotionales „Drama“, um den Stil eines Berichtes beizubehalten.

Ein weiterer Aspekt, der sehr gut gelungen ist, ist die Beleuchtung der Kriminalisten und der Presse. Harbort zeigt auf, wie unter falschen Annahmen von gängigen Täterprofilen und anderen zu der Zeit teils wissenschaftlich mehr oder weniger bestätigten Maßnahmen, Polizei und Ermittler falsche Täter ins Auge fassten und Profile erstellten, aus den Kroll einfach hinaus rutschte. Ebenso geht er gekonnt distanziert, aber durchaus mit leicht ermahnenden Ton verschiedenen Pressemitteilungen, Titelblatt-Aufhängern und anderen Zeitungsartikel an den Kragen, die die vermeintliche Sensationslust des Lesers anfeuern sollten und natürlich auch den Verkauf der jeweiligen Zeitung.

Auch am Ende porträtiert Harbort den Weg des verhafteten Mörders bis hin zu seiner Gerichtsverhandlung, die sich noch einmal zu einem kleinen Schauspiel entpuppt, als der Angeklagte merkt, was ihm bevorsteht. Harbort liefert einen sachlich gut recherchierten Bericht in Buchform, der nicht nur Kriminal-Fans und Genre-Liebhabern gefallen dürfte.


Aufmachung des Buches
Das Buch erscheint im Taschenbuch-Format des Ullstein Verlages. Das Titelbild zeigt das halbe Gesicht des Täters Joachim Kroll, dessen gesamte Ausstrahlung die These des Buches unterstützt, das es undenkbar ist, dass – rein optisch – dieser Mensch solche Taten begehen kann. Mittig steht in schwarzen, etwas dickeren Lettern der Name des Autors und darunter in einem roten Balken und in weißer Schrift der Titel des Buches, welcher gleichzeitig eine Aussage von Kroll ist.

Die Rückseite ist komplett in Weiß gehalten und zeigt neben einem auf roten Grund geschriebenen Einleitungssatz den ausführlichen Buchrückentext, der einen ersten Einblick in das Buch verrät. Zu Beginn gibt es noch eine kleine Niederschrift über das Buch und den Autor sowie ein Vorwort von Stephan Harbort. Am Ende gibt der Autor alle Quellen an, die für das Buch zu Rate gezogen wurden.


Fazit
Sachlich, detailliert und gut recherchiert führt uns Stephan Harbort phasenweise durch das Leben eines Serienmörders. Gekonnt wird auf allzu große Emotionen verzichtet, so dass der Leser sich auf einen nüchternen, dennoch spannenden Bericht einlassen kann.


5 Sterne


Hinweise
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