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Katharina Hofmanns bisheriges Leben gerät aus der Bahn, als sie Opfer eines Überfalls wird. Fast zeitgleich erreicht sie ein Hilferuf ihrer Schwester Sara, die dann spurlos verschwindet. Katharina begibt sich auf die Suche. In Rostock, wo Sara als Gerichtsvollzieherin arbeitete, stößt sie auf einen Hinweis, der sie weiter nach Grantzow führt. Ein Dorf, in dem scheinbar die perfekte Idylle herrscht ...

 

Die Sippe 

Autor: Marc-Oliver Bischoff
Verlag: grafit
Erschienen: 10/2016
ISBN: 978-3894254780
Seitenzahl: 317 Seiten


Die Grundidee der Handlung
… ist gar nicht so sehr das Verschwinden von Katharinas Schwester und die Suche nach ihr. Zwar ist sie der Anlass für Katharina, überhaupt nach Grantzow zu fahren, aber dort beginnt erst die eigentliche Geschichte. Grantzow ist nämlich ein richtiges Bilderbuchdorf, lauter alte, restaurierte Höfe und Werkstätten, es gibt eine Buchbinderei und eine Dorfschule, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Und doch irritieren Katharina einige Details: Warum tragen die Kinder altmodische Schuluniformen? Wieso sind Schilder und Wegweiser bewusst auf alt getrimmt? Und warum tauchen überall merkwürdige Symbole auf? Als Katharina nach einer Autopanne gezwungen ist, ein paar Tage im Ort zu bleiben, entdeckt sie noch einiges, was sie glauben lässt, dass die Bewohner von Grantzow mehr als ein Geheimnis vor ihr verbergen …

Marc-Oliver Bischoff hat mit „Die Sippe“ einen geradezu erschreckend aktuellen Krimi verfasst, der deutlich mehr ist als das. Der Inhalt wirkt lange nach und die Parallelen zur Realität (Stichwort „völkische Siedler“) sind so frappierend, dass einem beim Lesen fast pausenlos ein Schauer den Rücken hinunterläuft. Spannend ist die Geschichte außerdem noch, auch wenn man schnell ahnt, dass hier nicht alles gut ausgehen wird…


Stil und Sprache
Nach einem kurzen Prolog steigt Marc-Oliver Bischoff sofort ein in Katharinas – sagen wir mal – vielseitiges Leben und begleitet sie kurz zu einem Treffen mit ihrem Liebhaber, in ihre WG mit einer Kollegin und nicht zuletzt in eine gefährliche Situation im nächtlich dunklen Hamburg. Es ist alles etwas viel für sie (und, in meinen Augen einer der wenigen Kritikpunkte an diesem Krimi, auch zu viel für die Glaubwürdigkeit der Handlung) und so nutzt sie die Gelegenheit, sich intensiver mit dem vermeintlichen Verschwinden ihrer Schwester auseinanderzusetzen. Hier und noch lange Zeit wird ausschließlich Katharinas Perspektive geschildert, ohne ihr jedoch zu nahe zu kommen. Besonders an einem bestimmten Punkt der Geschichte weiß man als Leser nicht mehr, was Katharina denkt und beginnt dann ein bisschen zu „schwimmen“, was aber der Spannung keinen Abbruch tut, ganz im Gegenteil.

Marc-Oliver Bischoff gelingt es jederzeit, den Leser bei der Stange zu halten, er schreibt flüssig und ohne Schnörkel, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Und wenn sich dann zum Schluss der große Showdown anbahnt und man das ganze Ausmaß der Vorgänge in Grantzow begreift, dann hat er einen endgültig gepackt … grandios!


Figuren
Da man die Welt bis auf wenige kurze Abschnitte ausschließlich aus Katharinas Sicht betrachtet, bekommt man von ihr noch den besten Eindruck, allerdings fehlt mir bei ihrer Zeichnung ein bisschen Feingefühl. So intelligent sie grundsätzlich ist, so wenig überzeugend ist ihre anfängliche Naivität bezogen auf Grantzow und seine Einwohner. Natürlich weiß nicht jeder mit den Begriffen „Reichsbürger“ oder „völkische Siedler“ etwas anzufangen, aber etliche Andeutungen und sprachliche „Ausrutscher“ der Dorfbewohner sollten dann doch schneller Misstrauen hervorrufen, als es bei Katharina der Fall ist.

Davon abgesehen haben mir die Figuren aber gut gefallen, sie wirken verblüffend vielschichtig und häufig ambivalent, platte Klischees fehlen fast völlig. Wie die Dorfbewohner mit feinsten Nuancen neue Mitglieder der „Sippe“ auf ihre Seite ziehen, wie perfide ihre Methoden sind, das allein reicht aus, um einen Krimi aus der Story zu machen.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch weist die übliche Gestaltung des Verlags auf und ist im unteren Drittel schwarz; die oberen zwei Drittel des Covers zeigen ein Getreidefeld und eine ländliche Bebauung im Hintergrund. Innen gibt es mehrere große Teile, die mit dem jeweiligen Ort der Handlung (Hamburg, Rostock, Grantzow) überschrieben sind. Komplettiert wird alles von einem Epilog, der einige Wochen später spielt.


Fazit
Ein großartiger Krimi mit – leider – topaktuellem Hintergrund, der durch eine spannende Geschichte und absoluten Realitätsbezug besticht.


4 5 Sterne


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