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Juan Diego und seine für alle anderen unverständlich sprechende Schwester Lupe sind Müllkippenkinder in Mexiko. Ihre einzige Überlebenschance: Der Glaube an die eigenen Wunderkräfte. Juan Diego kann fliegen und Geschichten erfinden. Lupe sogar die Zukunft voraussagen, insbesondere die ihres Bruders. Um ihn zu retten, riskiert sie alles.

 

Strasse der Wunder HB 

Originaltitel: Avenue of Mysteries
Autor: John Irving
Übersetzer: Hans M. Herzog
Sprecher: Johannes Steck
Verlag: Random House Audio
Erschienen: April 2016
ISBN: 978-3-8371-3516-9
Spieldauer: 1275 Minuten, 3 MP3-CDs; ungekürzte Lesung

Hier geht's zur Hörprobe


Die Grundidee der Handlung
Der bekannte Schriftsteller Juan Diego reist auf die Philippinen, um ein Versprechen, das er einst als Junge gegeben hatte, einzulösen: Er will einem gefallenen amerikanischen Soldaten die letzte Ehre erweisen, weil dessen Sohn nicht mehr dazu gekommen ist. Dass er nicht weiß, wie dieser Soldat oder dessen Sohn hießen, erschwert die Sache. Auf seiner Reise begegnet Juan Diego einem seltsamen Gespann, Mutter und Tochter. Beide zeigen lebhaftes sexuelles Interesse am alternden Schriftsteller und lassen ihn nicht nur zahlreiche Höhenflüge erleben, sondern mischen sich auch mehr und mehr in dessen Leben ein. Bald weiß Juan Diego nicht mehr, ob er nun seine Beta-Blocker genommen hat oder nur Viagra, oder gar beides. Seine Phantasie mischt sich immer mehr mit der realen Welt und lässt ihn Skurriles erleben. Unter anderem aber verleitet es Juan Diego, in Rückblenden seine Jugend nochmals zu durchleben und das Publikum auf diese Reise mitzunehmen. So begegnen die Hörer also Lupe, der wilden Schwester Juan Diegos, mit der er seine erste Lebensjahre auf einer Mülldeponie in Mexiko verbrachte. Lupe redet in einer Sprache, die nur Juan Diego versteht, kann aber Gedanken lesen und gilt dadurch fälschlicherweise als Wahrsagerin. Nach dem frühen Tod seiner Schwester verschlägt es Juan Diego nach US-Amerika, von wo aus er seinen Siegeszug als Schriftsteller antritt. Doch vieles ist für ihn noch längst nicht gelöst.

Der Autor John Irving ist immer gut für eine außergewöhnliche Betrachtungsweise, für einen Schreibstil, bei dem kein Blatt vor den Mund genommen wird und für eine sehr tolerante Denkensart. Menschen, die aus dem Rahmen fallen, sind stets Thema seiner Romane. Diesem Motto bleibt er auch bei "Straße der Wunder" treu. Die Personen sind allesamt schrill und ungewöhnlich. Also nahezu des Guten zuviel. Doch dies mag man dem Autor durchgehen lassen, macht er doch viel mit seinem unvergleichlich tiefgründig humorvollen Schreibstil wett. Nur, dass er in diesem Roman bei der gewohnten Gratwanderung öfter mal das Gleichgwicht verliert und einen Schritt daneben tappt. Die Häufigkeit, mit der Penis, Viagra, Orgasmus und ähnliches zur Sprache kommen, vertreibt den Reiz und macht schließlich einer großen gähnenden Langeweile Platz. Ja, man mag sich über kurz oder lang gar fragen, ob der Autor selber gerade eine Identitätskrise als Mann durchmacht, die ihn dazu trieb, seinen Roman sol aufzubauen. Wenig ist mehr zu erkennen von all den wunderbar tiefsinnigen Geschichten, die John Irving einst bekannt gemacht hatten. "Straße der Wunder" ist wohl eine nette Unterhaltung und kann auch mit der einen oder anderen Pointe oder Tiefgründigkeit aufwarten - im Großen und Ganzen aber schießt der Autor weit übers Ziel hinaus und serviert dadurch eine Geschichte, die man gelesen haben kann - aber keinesfalls gelesen haben muss. Dass es bei der Hörbuchversion - trotz ungekürzter Lesung - etwas besser ist, ist vor allem dem Sprecher zu verdanken.


Darstellung des Hörbuchs
Johannes Steck das Buch von John Irving lesen zu lassen, war ein ausgezeichneter Schachzug des Verlags. Der Sprecher scheint die Geschichte verinnerlicht zu haben und holt mit seiner geübten Stimme jede auch noch so kleine Pointe hervor, um sie dem Publikum genüsslich zu servieren. Ihm zuzuhören macht Spaß. Der Sprecher ist nicht nur professionell und verfügt über eine variantenreiche Stimmlage, er macht auch an den richtigen Stellen Pausen und spitzt dort zu, wo er die Spannung aufbauien will. Alleine, um die Umsetzung des Sprechers zu erleben, lohnt es sich, das Hörbuch zu kaufen. Auf musikalische Aspekte wurde verzichtet, was aber nicht ins Gewicht fällt.


Aufmachung des Hörbuchs
Wer das Erscheinungsbild von Irvings Büchern kennt, wird hier sofort zugreifen. Random House hat das bei Diogenes erschienene Buchcover zur Grundlage genommen. Die faltbare Pappbox bietet zudem genügend Platz, um alle notwendigen Informationen unterzubringen. Es braucht kein Begleitheft, das ohnehin nach kurzer Zeit zur Hülle heraus rutschen würde. Ärgerlich ist der Klappentext - er stimmt nicht mit der tatsächlichen Geschichte überein und sollte dringend von jemanden, der das Hörbuch gehört hat, angepasst werden. Bedauerlich ist auch, dass der Karton - trotz stabiler Ausführung - den CDs nicht genügend Schutz gibt. Sie rutschen schnell heraus und können dabei Schaden nehmen.


Fazit
Man sollte großer Fan von John Irving sein, um zu diesem Hörbuch zu greifen. Zwar ist die Machart des Hörbuchs über jeden Zweifel erhaben, doch beim Inhalt müssen einige Fragezeichen gesetzt werden. Alleine die Lesung von Johannes Steck macht jedoch viel aus und bietet Gewähr, dass das Hörbuch trotz allem zu einem attraktiven Hörerlebnis wird.


3 Sterne


Hinweise
Dieses Hörbuch kaufen bei: amazon.de oder deinem Buchhändler vor Ort

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