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Wenn man fünfzehn ist, sind sieben Jahre fast das halbe Leben. So lange ist es her, dass Bolota Kindheit jäh endete. Dass in jenem Sommer alles außer Kontrolle geriet, weiß Bolota mit Sicherheit, warum und wie genau das passierte, jedoch nicht. Ihre Erinnerungen sind Bruchstücke. Da war die Autofahrt mit ihrem Vater zum Haus der Großeltern. Die Rückfahrt durch den Wald. Das Feuer, das immer näher kam. Der Vater, der Hilferufe hörte und in die Flammen lief. Und da war plötzlich ihr Hund, der aus dem Nichts neben dem Wagen auftauchte und ihr beistand – ihr Bruder Wolf.

 

Bruder Wolf 

Originaltitel: Irmao Lobo
Autor: Carla Maia de Almeida
Übersetzer: Claudia Stein
Verlag: Sauerländer
Erschienen: Februar 2016
ISBN: 978-3737353601
Seitenzahl: 176 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Bei einem so dünnen Büchlein verrät jede Inhaltsangabe ja fast schon zu viel, deswegen möchte ich der obenstehenden Verlagszusammenfassung auch nichts hinzufügen. Lediglich, dass es im Großen und Ganzen gar nicht vorrangig um die Nacht mit dem Feuer geht, sei hier gesagt. Vielmehr beschreibt Bolota, wie ihre Familie nach und nach zerbrach und wie eine Autofahrt in jenem schicksalshaften Sommer endgültig alles zerstörte. Der Autorin ist dank ihres besonderen Erzählstils dabei ein geradezu künstlerisch-kindischer Blick auf das Ende einer heilen Familie gelungen und zwischen den Zeilen findet man viele Hinweise auf die politische und familiäre Situation in der Zeit. Das macht „Bruder Wolf“ zu einem wirklich interessanten, empfehlenswerten Buch, auch wenn ich bezweifele, dass alle Jugendlichen der Zielgruppe den Inhalt  in dieser verschachtelten Form schon voll erfassen können.


Stil und Sprache
Der Einstieg in „Bruder Wolf“ war für mich nicht ganz einfach. Carla Maia de Almeida lässt ihre Protagonistin Bolota die Handlung erzählen und die schildert sehr kindlich und bildreich, was mit ihrer Familie geschehen ist. Dabei werden alle Figuren nur mit mehr oder weniger einleuchtenden Spitznamen bedacht und es braucht ein bisschen, bis man die Zusammenhänge der Familie versteht. Carla Maia de Almeida schreibt dabei tatsächlich so, wie ein junges Mädchen auch sprechen würde. Die Welt wird entsprechend mit vielen Bildern erzählt und man muss zwischen den Zeilen lesen, um zu erfassen, was eigentlich hinter den Bildern steht. Wenn man sich an diesen Stil aber erstmal gewöhnt hat, taucht man ganz in den Zauber der Geschichte ein. Bolota ist eine so ehrliche Erzählerin, dass man sie einfach gern haben muss und unglaublich neugierig ist, was nun genau passiert ist. Die knapp 170 Seiten sind entsprechend schnell gelesen und bieten kombiniert mit den Illustrationen von António Jorge Gonçalves beste Leseunterhaltung.


Figuren
Die Ich-Erzählerin und Protagonistin von „Bruder Wolf“ ist wie bereits erwähnt Bolota. Sie ist mittlerweile eine Jugendliche, schildert aber größtenteils die Handlung, wie sie sie mit acht Jahren erlebt hat. Ihr fantasievoller Blick auf die Welt macht das Buch so interessant und auch wenn sie vieles, was um sie herum geschieht, noch nicht so ganz versteht, liefert sie doch ein tiefgründiges Bild der Zeit und ihrer Probleme. Das man sie einfach gern haben muss, so wie sie beschrieben ist, tut ihr übrigens, sodass man ihr gerne durch die Handlung folgt.

Der Kreis der Nebenfiguren ist begrenzt. Neben den direkten Verwandten von Bolota sind da nur noch einige wenige Freunde der Familienmitglieder und ein paar Zufallsbekanntschaften auf dem Weg. Der Fokus liegt ganz klar auf der Familie und hier auch hauptsächlich auf Bolota Vater. Trotz bzw. gerade wegen des kindlichen Blicks auf die Welt erfasst Bolota ihren Vater ganz genau und erkennt, wie sehr er sich im Rahmen der geschilderten Zeit verändert hat. Durch all die verwendeten Bilder entsteht auch beim Leser ein sehr greifbares Bild der Figuren und wenn man aufmerksam liest, kann man viel mehr über sie erfahren, als es bei einem klaren, sachlichen Stil möglich gewesen wäre.


Aufmachung des Buches
„Bruder Wolf“ ist als Hardcover im Sauerländer Verlag erschienen. Das Covermotiv ist eine der Illustrationen, die man auch im Buchinneren wiederfindet und bezieht sich auf eine der entscheidenden Szenen des Romans. Die zurückhaltende, relativ detailarme Darstellung ist ungewöhnlich für Jugendbücher, passt aber sehr gut zum Inhalt.

Das Buchinnere besticht durch eine Vielzahl von zweifarbigen Illustrationen, die die Handlung untermauern. António Jorge Gonçalves ist der Illustrator gewesen und hat wirklich einen wunderschönen Stil, um den Inhalt umzusetzen. Die blau-schwarze Farbwahl unterstützt die Stimmung zusätzlich.


Fazit
Carla Maia de Almeidas Roman ist ein ganz besonderes Jugendbuch, das auf einzigartige, bewegende Art die Geschichte von Bolota und ihrer Familie erzählt. Wenn man sich auf den ungewöhnlichen Erzählstil einlässt, wird man mit einer bildreichen Handlung belohnt, die mit den wunderschönen Illustrationen von António Jorge Gonçalves perfekt in Szene gesetzt wurde.


4 Sterne


Hinweise
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