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England, Mitte des 19. Jahrhunderts

Unfreiwillig gerät Richard Winters in die Hände des berüchtigsten Henkers von ganz England. An der Seite von William Calcraft führt er fortan das finstere Leben eines Henkerslehrlings. Rasch merkt er, dass sein strenger Meister ein Geheimnis verbirgt, das seine Welt für immer aus den Angeln heben wird. Richard muss beweisen, dass er dieser Aufgabe gewachsen ist. Doch als er in London ausgerechnet seine große Liebe wiedertrifft, steht urplötzlich noch viel mehr auf dem Spiel …

 

Der Ruf des Henkers 

Autor: Björn Springorum
Verlag: Thienemann
Erschienen: Februar 2016
ISBN: 978-3522202169
Seitenzahl: 352 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der obenstehenden Verlagszusammenfassung gibt es nichts hinzuzufügen, denn sie gibt einen guten ersten Einblick in „Der Ruf des Henkers“. Björn Springorums neustes Jugendbuch entführt den Leser ins England des 19. Jahrhunderts und damit in eine aufregende Zeit, die den düsteren Gewohnheiten des Mittelalters noch nicht endgültig entwachsen ist und doch schon mitten in der Industrialisierung und der Neuzeit. Der Autor verknüpft diese interessante historische Epoche geschickt mit einigen Fantasy-Elementen und bietet den Lesern damit spannende Unterhaltung, die sicher nicht nur Jugendliche ansprechen wird.


Stil und Sprache
Die Handlung von „Der Ruf des Henkers“ wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Hauptsächlich erzählt der Protagonist Richard in der ersten Person. Immer wieder gibt es jedoch auch kurze Abschnitte aus der Sicht des Henkers William Calcraft zu lesen und im Verlauf des Buches wird noch eine dritte Perspektive in Form von Tagebucheinträgen ergänzt. Durch diese Perspektivenvielfalt gelingt es dem Autor, alle Seiten der Handlung zu beleuchten bzw. so manche Entwicklung ins richtige Licht zu rücken. Zusätzlich tragen die durch die Perspektivenwechsel deutlichen Missverständnisse einiges zum Humor des Romans bei.

Dieser wird auch durch den großartigen Schreibstil des Autors übertragen. Speziell die Passagen aus William Calcrafts Sicht sind herrlich sarkastisch und ich habe bei der einen oder anderen Szene laut gelacht. Das ist auch nötig, denn ansonsten ist der Grundton dem Thema entsprechend eher düster und stellenweise beinahe melancholisch-philosophisch. Auch diese Passagen bringt Björn Springorum gut rüber und seinen Beschreibung von London merkt man die Begeisterung für die Stadt in jeder Zeile an. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts war London auf der einen Seite ein stinkender Moloch voller Unrat und dunkler Ecken. Auf der anderen Seite war es jedoch auch einer der spannendsten Orte der Welt und an jeder Ecke wurde etwas Neues geboten. Diese Aufbruchsstimmung fängt Björn Springorum ein und zieht den Leser geradezu in diese faszinierende Zeit hinein.

Der einzige kleine Kritikpunkt, den ich an „Der Ruf des Henkers“ habe, betrifft den Spannungsaufbau. Hier hat der Autor meiner Meinung nach ein wenig Potential verschenkt, denn nach der fesselnden Eröffnung flacht der Spannungsbogen erst mal spürbar ab und es dauert eine Weile, bis er wieder Fahrt aufnimmt. Dank des oben beschriebenen großartigen Schreibstils bleibt das Buch auch in dieser Phase interessant, sodass es sich hier um Kritik auf höchstem Niveau handelt. Sobald Richard und Calcraft in London angekommen sind, wird die Bedrohung der beiden zunehmend spürbar und alles läuft auf das spannende Finale zu. Dieses bietet dann noch einige überraschende Wendungen und bringt das Buch zu einem überzeugenden Ende.


Figuren
Der Protagonist von Björn Springorums Roman ist Richard Winters, ein Pfarrer-Sohn, der unfreiwillig Lehrling des berüchtigten Henkers William Calcraft wird. Richard ist an der Schwelle des Erwachsenwerdens und in erster Linie froh, dem erdrückenden Alltag seines Heimatortes zu entkommen. Doch aus dem erträumten Abenteuer wird erst mal nichts, stattdessen lernt er die düsteren Seiten des neuen Berufs ausführlich kennen und droht an ihnen zu zerbrechen. Richard ist dabei keineswegs ein perfekter Charakter. Er belügt seinen Meister, zweifelt immer wieder am eingeschlagenen Weg und ist für manche vor allem Mädchen betreffende Dinge völlig blind. Gerade das machte ihn jedoch so herrlich authentisch und sympathisch. Ich bin ihm gerne durch sein Abenteuer gefolgt und hab ihm für all seine Prüfungen und Herausforderungen die Daumen gedrückt.

Neben Richard die wichtigste Figur des Romans ist der Henker William Calcraft. Dieser wurde durch all die Jahre im Dienst zu einem einsamen, recht mürrischen Mann, hat mich aber von Beginn an durch seinen sarkastischen Ton und seinen Humor begeistert. Er hat viele Geheimnisse und wirkt gerade dadurch faszinierend, zumal er einen wunderbaren Gegenpart zu Richard bildet.

Die anderen Nebenfiguren spielen größtenteils erst im späteren Handlungsverlauf eine wichtigere Rolle, weswegen ich da lieber nichts vorweg nehmen will. Sie waren aber alle gut ausgearbeitet, lediglich die Gegenspieler blieben mir mit einer Ausnahme zu farblos. Da hätte ich mir ein paar mehr Details gewünscht, aber auch so konnte das Figurenensemble überzeugen.


Aufmachung des Buches
„Der Ruf des Henkers“ erschien als gebundenes Buch mit Schutzumschlag und einer rundum gelungenen Aufmachung. Das Covermotiv ist eine kunstvolle Verbindung aus einem Totenschädel und einer zum Schauplatz passenden Straße samt Henker. Auf der Buchrückseite sehen wir ein ähnliches Motiv, nur dass hier Richard auf dem Podest unter einem Galgen sitzt. Im Buchinneren finden sich weitere Zeichnungen, unteranderem eine Einrahmung durch ein Backsteintor zu jedem Kapitelanfang. Die später im Roman auftretenden Tagebucheinträge wurden durch eine andere Schriftstellung hervorgehoben.


Fazit
Björn Springorum ist mit „Der Ruf des Henkers“ eine wunderbare Mischung aus historischen Elementen und Fantasy gelungen. Das Jugendbuch wird auch erwachsene Leser begeistern und hält genau das, was das wunderschöne Cover verspricht.
 

4 Sterne


Hinweise
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